Landwirtschaft:Das Unkraut immer im Blick

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Ralf Huber ist Bio-Landwirt aus Überzeugung. Dass seine Eltern ihn zunächst dazu gedrängt haben, eine Schlosser-Lehre zu absolvieren, kommt ihm heute auf seinem Hof durchaus manchmal zugute. (Foto: Marco Einfeldt)

Seine Eltern sagten, er solle etwas Gescheites lernen, Ralf Huber sagte, er wolle Bauer werden. Heute ist er Biolandwirt auf dem Hof der Eltern und düngt seine knapp 200 Hektar Fläche mit dem Bioabfall der Stadt München

Interview Von Katharina Aurich, Freising

Seine Eltern rieten ihm, "was Gescheites " zu lernen, erinnert sich Biobauer Ralf Huber. Aber er wollte immer nur eines: Bauer sein. Trotzdem fügte er sich und erlernte den Schlosserberuf, bevor er dann doch den landwirtschaftlichen Betrieb der Eltern übernahm, denn er sagt: "I bin scho immer da" - und weg wollte er nie vom Hof. Schon als Jugendlicher hatte er Zweifel, ob die konventionelle Art der Landnutzung richtig sei und befasste sich mit Alternativen. Die Umstellung erfolgte dann unter der Regie von Seniorchef Valentin Huber. Den Ausschlag gab ein großer Babynahrungshersteller, der das Kalbfleisch der Hubers abnahm und Anfang der 90er-Jahre Bioqualität forderte.

SZ: Wie ist die Stimmung unter den Landwirten, was die Umstellung auf "Bio" betrifft?

Ralf Huber: Viele Landwirte sind bereit, aber man braucht das Know-how und die Rahmenbedingungen, also die Vermarktung und die Preise müssen stimmen. Oft ist es ja auch ein Generationenkonflikt, die Jungen wollen umstellen, aber die Alten nicht. Und man muss klar sagen, dass auch nicht jeder Bio machen kann. Ein tierhaltender Betrieb mitten im Ort tut sich zum Beispiel schwer, die Richtlinien zu erfüllen und den Kühen Auslauf oder Weidegang zu gewähren. Und man braucht für den Ökoanbau viel Wissen und muss auch ausprobieren, was für den eigenen Betrieb passt, experimentierfreudig sein und manchmal gewohnte Pfade verlassen. Aber ich bin von meiner Ortschaft Allershausen begeistert, heuer haben drei Kollegen umgestellt.

Was muss ein Biobauer können?

Ich bin davon überzeugt, dass ein guter konventioneller Landwirt, der weiß was er tut, auch ein guter Biobauer sein kann. Und man kann ja die gleiche Technik benutzen, ich pflüge und nutze beispielsweise weiterhin die Kreiselegge. Mein Ziel ist aber die pfluglose Bodenbearbeitung zumindest auf Teilflächen, um den Boden zu schonen. Das ist aber wegen des Unkrauts eine richtige Herausforderung und ich lerne von meinen Fehlern. Natürlich verwende ich keine chemischen Spritzmittel und muss das Unkraut immer im Blick haben, das ich dann mit Striegeln und Hacken entferne. Außerdem braucht man ein gutes Gefühl für den Boden und die Bodenfruchtbarkeit. Da leben ja in einer Handvoll Erde so viele Viecher drin wie es Menschen auf der Erde gibt. Man lernt nie aus, vor kurzem habe ich zum Beispiel den Kurs "Bodenpraktiker" besucht.

Welche Kulturen bauen Sie an?

Auf jedem Feld wächst ein Jahr Kleegras in der Fruchtfolge, das hält die Böden vom Unkraut frei und der Klee liefert Stickstoff. Außerdem baue ich Weizen, Roggen, Mais, Triticale, Sommergerste, Hafer, Ackerbohnen, Erbsen und heuer zum ersten Mal auch Soja an. Das hat richtig Spaß gemacht, die Sojaerträge sind gut. Außerdem jongliere ich mit den alten Weizensorten Emmer und Dinkel.

Warum haben Sie sich von der Tierhaltung, die auch Dünger für Ihre Äcker lieferte, verabschiedet?

Nachdem wir die Kälbermast auf Bio umgestellt hatten, kündigte uns unser Abnehmer nach einem Jahr den Vertrag mit unserer Erzeugergemeinschaft. Größere Mengen Biokalbfleisch zu vermarkten war Anfang der 90er-Jahre schwierig, daher stellte ich auf Schweinemast um. Meine Schwester hatte zur Hochzeit eine Sau geschenkt bekommen, so fing es an. Wir hatten schließlich 350 Tiere, das bedeutete sehr viel Arbeit und der Absatz und die Preise waren damals schwankend. Außerdem störte der Geruch im Ort und ich hätte aussiedeln und einen neuen Stall bauen müssen. Deshalb gingen die Tiere vom Hof und ich vermiete die Gebäude jetzt, man muss sie ja nutzen, um sie zu unterhalten.

Woher bekommen Sie organischen Dünger für 200 Hektar?

Wir bekommen den Kompost aus dem Grüngut und dem Bioabfall der Stadt München, das wird streng auf Rückstände kontrolliert. Außerdem beziehe ich Substrat aus Biogasanlagen, die den Ökostandards entsprechen. Dafür liefere ich im Gegenzug Kleegras für die Anlagen, damit meine Nährstoffbilanz ausgeglichen ist.

Wie kommen Sie mit den konventionell wirtschaftenden Bauern in der Nachbarschaft aus?

Ich habe zu ihnen ein sehr gutes Verhältnis, wo es möglich ist, wird zusammen gearbeitet. Jeder versucht, vom anderen zu lernen und Gutes zu übernehmen, wenn es für den eigenen Betrieb passt. Ein Problem ist natürlich, dass mein Nachbar spritzt. Ich muss aufpassen, dass nichts zu mir auf das Feld gelangt und ich die Grenzwerte einhalte. Denn das Getreide, das ich für den Bioanbau erzeuge, wird sehr streng kontrolliert. Noch schwieriger wird das durch die neue EU-Öko-Verordnung, die unsere kleinstrukturierte bayerische Landwirtschaft nicht berücksichtigt und sehr niedrige Grenzwerte vorschreibt. Wir können sie nur schwer einhalten, weil eben der spritzende Nachbar gleich nebenan und nicht Kilometer weit entfernt wirtschaftet.

Wie schätzen Sie die Perspektiven für den Bioanbau und Bioprodukte ein?

Wir leben in einer guten Zeit, die Verbraucher tun endlich, was sie sagen und greifen im Supermarktregal zu Bioprodukten. Und die Landwirte lernen, dass sie das produzieren müssen, was die Kunden wollen. Wir Ökobauern sind in aller Munde. Aber es besteht die Gefahr, dass wir wie schon die Konventionellen eine Watschn kriegen.

Warum?

Ein Problem ist, wenn die Geschäftemacher, also der Lebensmitteleinzelhandel, die Oberhand bekommt und die Preise auch für Bioprodukte diktiert und unsere Margen sinken. Deshalb bin ich auch im Bauernverband aktiv, um Einfluss zu nehmen. Aber im Moment lassen sie uns noch in Ruhe, die Preise sind stabil und der Absatz ist gut, deshalb bin ich optimistisch, dass der Ökolandbau wächst. Vom Spitzenreiter Österreich, wo 22 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche ökologisch bewirtschaftet werden, sind wir aber mit 7,5 Prozent noch weit entfernt und liegen im Moment innerhalb der EU nur im Mittelfeld.

© SZ vom 11.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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