"Landschaftsfresser" Neufahrn:Versiegelte Natur

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Bald werden die Anwohner im Mintrachinger Isarweg nicht mehr auf Felder schauen, sondern auf den Neubau eines Neufahrner Handwerksbetriebs. Der Gemeinderat hat den Bebauungsplan auf den Weg gebracht. (Foto: Marco Einfeldt)

Die Gemeinde lässt öfter mal Schutzgebiete bebauen. Bei betroffenen Anwohnern sorgt das für Ärger

Von Alexandra Vettori, Neufahrn

Die Gemeinde Neufahrn gehört zu den eifrigen Landschaftsschutzgebiet-Fressern im Landkreis, und das seit Jahren. Nach den 38 Hektar, die dem Landschaftsschutzgebiet (LSG) "Freisinger Moos und Echinger G'fild" für das Gewerbegebiet am Römerweg entnommen wurden, folgten kleinere Flächen an den Mintrachinger Ortsrändern, für die das LSG "Isartal" herhalten musste. Das ist auch diesmal so, bei den 1,3 Hektar, die für einen ortsansässigen Handwerksbetrieb zum Gewerbegebiet werden sollen.

Der zuständige Ausschuss des Kreistags hat auf Antrag der Gemeinde der Herausnahme aus dem Schutzgebiet schon zugestimmt, der Neufahrner Gemeinderat brachte kürzlich bei einer Gegenstimme von Grünen-Gemeinderat Selahattin Sen das Verfahren für den Bebauungsplan Nr. 134 "Gewerbegebiet Mintraching Nord-Ost, Ortsabrundung" und die dafür nötige Flächennutzungsplanänderung auf den Weg. Die endgültige Entscheidung über die Herausnahme fällt zuletzt der Kreistag.

Am Isarweg in Mintraching, neben dem das neue Kleingewerbegebiet entsteht, hat der Beschluss weiteren Ärger ausgelöst. Schon im März, als die Pläne bekannt wurden, sammelten Anwohner rund 40 Unterschriften und hängten sie einem Protestbrief an alle Mitglieder des Gemeinderats an. "Der ganze Isarweg hat unterschrieben", erzählt Doris Gehrlach, die zu den Nachbarn gehört. Natürlich findet man es zuvorderst traurig, dass künftig nicht mehr Felder an die Siedlung angrenzen, sondern ein Gewerbegebiet, es geht aber auch ums Grundsätzliche. "Es wird immer alles weiter zugepflastert und versiegelt. Und Neufahrn hat zwar einen grünen Bürgermeister, aber grün scheint es deshalb nicht zu sein", sagt sie.

Was die Bürger auch getroffen hat, war, dass niemand aus Rathaus oder Gemeinderat mit ihnen gesprochen hat. "Es gab keinerlei Resonanz", kritisiert sie. Auch nicht auf ihre Frage, wie es denn mit den Ausgleichsflächen für die neuerliche Bodenversiegelung aussehe. Die soll, das ist immerhin inzwischen bekannt, durch ökologische Verbesserungen an der Dietersheimer Brenne ausgeglichen werden.

Dafür hat sich, so erzählt Doris Gehrlach weiter, irgendwann der Inhaber des Handwerksbetriebs, der im neuen Gewerbegebiet bauen möchte, bei ihr gemeldet. Woher er ihren Namen hat, wundert sie. "Er sagte, aufgrund eines Zeitungsartikels, aber da war ich nicht namentlich aufgeführt." Jedenfalls hat sich der Mann über die Bürgerproteste beklagt und gedroht, seinen Betrieb nach Freising zu verlagern, sollte er das Areal nicht bekommen. Auf ihre Frage, warum er sich nicht auf den noch freien Flächen im bestehenden Gewerbegebiet am Römerweg niederlasse, habe er geantwortet, dort seien die Grundstücke zu groß. "Uns geht es auch gar nicht um diesen Betrieb. Uns geht es darum, dass leichtfertig immer mehr Flächen aus dem Landschaftsschutzgebiet heraus genommen werden", so Gehrlach.

Immerhin sollen die Neubauten begrünte Dächer haben oder Photovoltaikanlagen tragen, auch die Wände sollen teilweise begrünt werden. Dazu ist "hochwertiges" Grün zur Einrandung geplant, das, so die Sitzungsvorlage des Gemeinderats, "dem Gedanken des Zero-Impakt Rechnung" trägt. Der Bebauungsplanentwurf wird nun erarbeitet.

© SZ vom 25.09.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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