Kultur in Zeiten  der Pandemie:Losgelöst von Zeit und Raum

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Hier sieht man Eike Berg, den Leiter des europäischen Künstlerhauses Oberbayern, bei einem Videointerview mit dem Freisinger Künstler Alexis Dworsky für die Reihe "Outoput". (Foto: Schafhof)

Das Künstlerhaus des Bezirks im Freisinger Schafhof organisiert online Interviews, Gespräche und Veranstaltungen und senkt damit auch die Barrieren für den Zugang zur Kultur.

Von Peter Becker, Freising

Neue Wege geht das Europäische Künstlerhaus Oberbayern in Zeiten der Corona-Pandemie. Weil es im Lockdown nicht möglich ist, dort die Kunstausstellungen zu besuchen, zeigt das Künstlerhaus nach Angaben der Pressestelle des Bezirks Oberbayern am Donnerstag, 21. Januar, unter dem Motto "KUNST#TAG 075" ein Künstlergespräch mit Bernd Zimmer und Björn Vedder. Zu sehen sind dann über die Internetseite des Schafhofs 360-Grad-Bilder sowie Videos mit den Vernissagen der beiden.

Das Angebot sei "losgelöst von Zeit und Raum", heißt es in der Pressemitteilung. Das Gespräch werde als Livestream im Internet angeboten und könne danach über eine Videoplattform kostenlos abgerufen werden. Das Angebot gehört zur Reihe "OUTPUT", in welcher das Künstlerhaus Interviews, Gespräche und Veranstaltungen zu Kunstthemen zeigt. Für Eike Berg, den Leiter des Schafhofs, ist das zu einem wichtigen Standbein geworden: "Diese Art der Kunstpräsentation hatte ich mir schon seit Jahren gewünscht, bisher scheiterte die Umsetzung an den Ressourcen."

"Die Kunst muss jetzt zu den Menschen kommen"

Berg setzt während der Pandemie auf einen neuen Schwerpunkt. "Wenn die Menschen nicht mehr zu der Kunst kommen können, muss die Kunst zu den Menschen kommen!", sagt er pragmatisch. Zug um Zug hat der Bezirk Onlineangebote aus dem Künstlerhaus ausgebaut. Er bietet nicht nur "Kunstdialoge", Vernissagen und Vorstellungen von Kunsthandwerkerinnen und Kunsthandwerkern an, sondern auch ein "Artist in Residence"-Programm. Dieses dient dem Austausch: Im Wechsel können oberbayerische Kunstschaffende für einen begrenzten Zeitraum bei europäischen Partnern leben und arbeiten, die dann wiederum im Gegenzug nach Freising kommen.

Schon während des ersten Lockdowns im Frühjahr hatte sich so ein reger Austausch entwickelt. Kunstschaffende aus Oberbayern teilten in Online-Interviews ihre Erfahrungen im europäischen Ausland mit dem heimischen Publikum. "Die Videoangebote sind mehr als nur eine Möglichkeit, einen Einblick in das künstlerische Arbeiten zu geben, sie sind auch ein wertvolles Zeitdokument", so Eike Berg.

Ein wertvoller Beitrag zur Inklusion

Der Leiter des Künstlerhauses findet, dass Onlineangebote ein wertvoller Beitrag zur Inklusion seien. "Es ist nun nicht mehr erforderlich, persönlich vor Ort zu sein. Damit kann jeder bei einer Vernissage virtuell dabei sein, ohne körperlich anwesend zu sein. Das bedeutet weniger Barrieren für den Kunstgenuss." Seiner Meinung nach sollte das Onlineangebot auch nach dem Abklingen der Pandemie ausgebaut werden.

Ziel sei es einen virtuellen Ausstellungsbesuch zu ermöglichen. Bereits jetzt gebe es entsprechende Angebote. Internetnutzer könnten mit Hilfe von 360-Grad-Bildern den Blick über die Ausstellung schweifen lassen und dabei selbst die Perspektive dazu auswählen. Berg zufolge wird daran gearbeitet, den Besuchern einen virtuellen Rundgang in 3-D-Technik zu ermöglichen.

Reale und virtuelle Welt rücken zusammen

Die Steuerung ist wie bei einem Videospiel per Maus oder Joystick möglich. Zusätzliche Informationen zu den Werken und Künstlern können abgerufen werden. Dem Betrachter bietet sich dann ein faszinierendes Bild, wie es seitens des Künstlerhauses heißt. Die Ausgabe könne auf dem Bildschirm oder einer Virtual-Reality-Brille geschehen, so dass reale und virtuelle Welt enger zusammenrücken. Es sei aber noch viel Arbeit zu leisten", stellt Eike Berg klar. "Das fängt bei Fragen des Kopierschutzes bei den gezeigten Werken an und reicht bis hin zur Programmierung der Ansicht des Gebäudes sowie der Ausstellungswände."

Berg hat viel positive Resonanz auf das Online-Angebot bekommen, auch über die wachsenden Zugriffszahlen auf das Angebot. An den Kunstdiskussionen nähmen mehr Menschen teil, als überhaupt im Schafhof Platz haben, heißt es in der Pressemitteilung. Berg lobt in diesem Zusammenhang Julian Kistler und Lucia Günther, die ihren Freiwilligendienst im Künstlerhaus abgeleistet haben. Sie halfen bei den Livestreams und der Ausführung des 3D-Ausstellungsprojekts. "Die Umsetzung meiner Konzepte wäre ohne die beiden nur sehr begrenzt möglich gewesen", sagt Berg.

© SZ vom 04.01.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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