Kritik  in der letzten Sitzung des Jahres:Nicht immer der richtige Ton

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Anette Martin vermisst im Echinger Gemeinderat gegenseitigen Respekt, viele Kollegen empfinden dies ebenso

Von Klaus Bachhuber, Eching

Der Abschied in die Weihnachtszeit setzt sich auch im Echinger Gemeinderat üblicherweise zusammen aus gegenseitigem Schulterklopfen, allseitiger Danksagung und stillschweigender Absolution kleinerer Widrigkeiten. Das erste komplette Kalenderjahr seit der Konstituierung des neu gewählten Gemeinderats im Mai 2014 wollte aber mindestens Anette Martin nicht mit der obligaten Harmonietünche abschließen. Schon während des Jahres hatte sich die Sprecherin der SPD gelegentlich um Vermittlung und mahnende Zwischentöne bemüht; in der Schlusssitzung des Gemeinderates nun appellierte sie an das Gremium, "dass wir alle unser Agieren hier im Rat mal überdenken".

Es habe sich "die Atmosphäre im Rat doch verändert", konstatierte Martin, "und nicht unbedingt zum Besseren". Als Ursache dafür sah sie, "dass wir alle uns nicht mehr mit dem nötigen Respekt begegnen". So würden "gezielte verbale Attacken die Atmosphäre vergiften, die nicht der Entscheidungsfindung dienen". Auch mangle es an dem demokratischen Mindestkonsens, dass Mehrheitsmeinungen anerkannt werden, aber die Mehrheit auch andere Meinungen respektiert.

Otmar Dallinger (FWG) stieg auf die Mahnungen sofort ein. "Der Umgangston hat eher gelitten", beklagte auch er. Ihn habe auch gestört, dass der Zeitaufwand für die Sitzungen deutlich gestiegen sei. Er gab den Weihnachtswunsch mit, "dass wir vielleicht wirklich etwas näher zueinander finden". Bürgermeister Josef Riemensberger (CSU) griff in seiner Weihnachtsansprache nur diesen Aspekt auf und äußerte die Hoffnung, dass der Zeitaufwand vielleicht weniger werde.

Er habe sich die Appelle "gleich hinter die Ohren geschrieben", sagte CSU-Sprecher Georg Bartl, wollte aber die Einschätzung nicht überbewertet sehen. "Wir sind alle nicht aus Seidenpapier", eine gewisse Spannung muss schon da sein." Angesichts von Berichten aus anderen Gremien im Landkreis "sind wir noch ganz handsam", fand Bartl. Gleichwohl gelobte er, nächstes Jahr so weiter zu streiten, "wie Frau Martin das vorgeschlagen hat". Bertram Böhm (Echinger Mitte) riet ebenfalls, nicht immer gleich alles persönlich zu nehmen.

Irena Hirschmann von den "Bürgern für Eching" konnte aus den Analysen der drei großen Gruppierungen "vieles nachvollziehen, einiges bestätigen". Auch sie nannte die Zusammenarbeit "entwicklungsfähig". Siglinde Lebich (Grüne) holte noch weiter aus und zeigte sich "heilfroh, dass wir nicht im Parlament in Kiew sind", wo bekanntlich gelegentlich handgreiflich um Überzeugungen gerungen wird. Ihr würde es gefallen, wenn die Gemeinderäte nach der Sitzung parteiübergreifend mal ein Bier zusammen trinken würden. Bei der anschließenden Weihnachtsfeier saßen die Gruppierungen dann aber strikt getrennt separat an Tischen.

© SZ vom 17.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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