Kriminalität:Die Richter sind ratlos

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Zahl der Jugendschöffenfälle steigt am Amtsgericht an. Der Grund ist unbekannt

Von Alexander Kappen, Freising

Die Zahl der Strafbefehle und Strafverfahren ist 2018 im Zuständigkeitsbereich des Freisinger Amtsgerichts ebenso angestiegen wie die der Ordnungswidrigkeiten. Vor allem aber verzeichnete man einen massiven Anstieg bei den Jugendschöffenangelegenheiten, deren Zahl von 44 auf 69 angestiegen ist. "Warum das so war, wissen wir nicht genau, da sind wir selber ein bisschen ratlos", sagte Amtsgerichtsdirektor Christian Seiler am Freitag im Jahrespressegespräch. Man hoffe jedoch, "dass das ein einmaliger Ausreißer war".

Darauf lassen zumindest die Statistiken aus den Vorjahren schließen, in denen die Zahlen relativ konstant waren. Sollte sich jedoch der Trend von 2018 fortsetzen, "werden wir das Jugendgericht verstärken müssen", so der Amtsgerichtsdirektor. Bei den normalen Jugendverfahren war vergangenes Jahr übrigens kein signifikanter Anstieg zu verzeichnen. Warum die Strafsachen um 15 Prozent höher lagen als 2017, könne zwei Gründe haben, meinte Seilers Ständiger Vertreter, Manfred Kastlmeier: "Entweder die Zahl der Straftaten ist gestiegen oder die Aufklärungsquote der Polizei - womöglich ist es eine Mischung aus beidem."

An der Grenze ihrer Belastbarkeit sind die Richter im Bereich der Ordnungswidrigkeiten. Hier stieg die Zahl der Verfahren um rund 30 Prozent an. Das liege wohl mit "an der Tendenz, dass man ein einmonatiges Fahrverbot nicht mehr so leicht akzeptiert und seinen eigenen Fehler zugibt", sagte Seiler: "Stattdessen wird vor Gericht gekämpft wie in einem großen Schwurgerichtsverfahren." Man habe den Anstieg jedoch auch einer Verschärfung des Strafenkatalogs zu verdanken, sagte Kastlmeier. Statt bei 18 Punkten, wie früher, ist der Führerschein heutzutage schon mit deren acht weg. Ein guter Grund für Autofahrer also, sich da besonders reinzuknien. "Das war ein Eigentor des Gesetzgebers", so Kastlmeier.

Die Zahl der Mahnsachen ist 2018 in etwa gleich geblieben. Einen Rückgang gab es bei den Familienangelegenheiten sowie den Zivilverfahren, wo 1572 Fälle registriert wurden (2017: 1600).

Ein großes Lob sprach Seiler allen Straf- und Jugendrichtern "für ihren großen Einsatz" aus. Trotz der hohen Belastung sei Freising eines der wenigen Amtsgerichte, die beim Abarbeiten ihrer Fälle nicht in Rückstand sind. Lobende Worte vom Amtsgerichtsdirektor gab es zudem für Geschäftsstellenleiter Gerhard Gallecker. Er wechselt nach achteinhalb Jahren in Freising zum 1. April ans Landgericht Landshut. Galleckers Nachfolger wird noch gesucht und soll im Frühsommer feststehen.

© SZ vom 23.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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