Dialog mit den Bürgern:Besser spät als nie

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Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (rechts) im Mai in einem kurzen Gespräch mit Aufgemuckt-Sprecher Hartmut Binner. (Foto: Dominik Osswald/ SZ Freising)

In insgesamt acht Gesprächsrunden will sich Ministerpräsident Horst Seehofer eine Meinung bilden, wie es mit der dritten Startbahn weiter gehen soll. Gelegenheit dazu hätte er indes auch schon früher gehabt.

Von Kerstin Vogel

Nun also Gesprächsrunden. Insgesamt acht, mit dem Chef persönlich. "Dialogprozess" nennt Horst Seehofer das - und von dem Meinungsbild, das da entsteht, will er die Entscheidung über die dritte Startbahn abhängig machen. Nun kann die mediale Präsenz des bayerischen Ministerpräsidenten in all den Jahren seit Beginn der Auseinandersetzung um den Flughafenausbau durchaus mit dem Wort allgegenwärtig beschrieben werden - andernfalls müsste man sich schon fragen, wo der Mann denn in all der Zeit gesteckt haben mag.

Mit der Flughafengesellschaft will er reden und mit der Lufthansa. Die neuen Aspekte, die in diesem Gesprächskreis zu erwarten sind, tendieren mutmaßlich gegen Null. Gleiches dürfte für die Runde mit der bayerischen Wirtschaft gelten. Die ist für den Ausbau, wie sich zuletzt im IHK-Gutachten vom April 2015 nachlesen ließ. Ein großes Engagement der großen Münchner Unternehmen für den Ausbau indes ließ sich dort nicht erkennen - und es gibt nicht wenige IHK-Betriebe im Landkreis Freising, die die Sache sowieso ganz anders sehen.

Sollte die Staatsregierung Hinweise brauchen, wie eine sehr große Zahl von Menschen im Flughafenumland über die Startbahn denkt, sei an die von 82 000 Menschen unterzeichnete Massenpetition erinnert, über die im Februar im Landtag abgestimmt wurde.

Praktischerweise ließe sich aus dem Ergebnis auch gleich ablesen, wie die Fraktionen im Landtag die Sache sehen: Bis auf die CSU will keine den Ausbau. Ach ja, und hatten nicht auch die Münchner in einem Bürgerentscheid schon dagegen gestimmt?

Dass sich die Bürgerinitiativen nun trotzdem über die Gesprächsoffensive Seehofers freuen, hat damit zu tun, dass ihnen genau diese Gespräche schon lange in Aussicht gestellt worden sind. Fast schon verzweifelt muteten da die Versuche der Organisation Plane Stupid an, sich mit einem Dutzend Aktivisten bei jeder Gelegenheit den Mitgliedern der Staatsregierung in den Weg zu stellen, um solche Gespräche zu erzwingen - und sie zeichneten zuletzt vielleicht auch ein etwas falsches Bild von der Größe des Widerstands.

Die Bürgerinitiativen haben lange auf die Gelegenheit gewartet, Seehofer ihre Argumente darzulegen, sie sind gut vorbereitet. Bleibt zu hoffen, dass es der Ministerpräsident ernst meint und sich seine Meinung nicht doch schon vorab gebildet hat. Gelegenheit dazu hätte er definitiv gehabt.

© SZ vom 05.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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