Kochen für Mensen und Speisesäle:Der Markt, der keiner ist

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Klaus Thermer weiß, wie man für viele hungrige Kinder gleichzeitig kocht. Große Töpfe sind dabei nicht ganz unwichtig. (Foto: Einfeldt)

Weil immer mehr Kinder außer Haus betreut werden, hat sich für ihre Verpflegung ein neues Geschäftsfeld ergeben. Der Caterer Klaus Thermer beliefert Kindergärten und Schulen - doch der logistische Aufwand ist groß

Von Alexandra Vettori, Kranzberg

Immer mehr Kinder bleiben immer länger in Betreuungseinrichtungen, vom Kleinkindalter bis zum Gymnasiasten. Wo früher Mama für sie am Herd stand, brauchen sie jetzt Mensen, Speisesäle - und das bedeutet: Viele Mahlzeiten müssen gleichzeitig fertig werden. Das neue Geschäftsfeld, das daraus resultiert, teilen Großküchen und Caterer unter sich auf. Doch es ist schwieriges Terrain.

Einer, der den Spagat gut hinbekommen hat, ist Klaus Thermer. Er ist Küchenchef im Kranzberger Kinderhaus Kleeblattl und gleichzeitig Geschäftsführer des Thermer Partyservices. Im Kinderhaus kocht er täglich bis zu 250 Mahlzeiten, soweit möglich aus biologischem und/oder regionalem Anbau. Mehr Aufträge mag er derzeit nicht annehmen, auch wenn die Küche selbst noch Kapazitäten hätte. Vor allem nicht von Schulen, obwohl gerade dort der Bedarf groß ist. "Wir haben Anfragen ohne Ende", sagt Thermer und fügt hinzu: "Aber es ist ein Markt, der nicht wirklich ein Markt ist."

Warum nicht, ist schnell erklärt: 14 bis 16 Wochen Ferien, also totaler Geschäftsausfall, dazu schwankende Zahlen an Essensteilnehmern, und die beständige Forderung, dass es kostengünstig sein solle, dabei aber natürlich von höchster Qualität - es geht schließlich um Kinder. Und dann ist da noch der logistische Aufwand: Alle Mahlzeiten müssen mittags möglichst gleichzeitig ausgeliefert und aufgetischt werden. Seit Jahren betreibt der Küchenmeister, der in Kranzberg aufgewachsen ist und in München gelernt hat, einen Partyservice, die jüngste Küche stand in Zolling. Zur Schulverpflegung ist er gekommen, als seine Tochter die Freisinger Montessorischule besuchte. "Da haben sie einen Caterer gesucht, ich hab' gesagt, ich mach's, dann kam der Kindergarten dazu, dann die Grundschule", sagt Thermer.

Von September an beliefert er das neue Montessori-Schulzentrum in Freising-Lerchenfeld. In verschiedenen Garstufen kommt das Essen dort hin und wird in der kleinen Küche weiter verarbeitet. Es gibt zwei Menüs, zwischen denen die Schüler vorab im Onlinebestellsystem wählen können, dazu täglich ein Salatbuffet, Obst und Joghurt. Zusätzlich beliefert Thermer den Kranzberger Kindergarten Pantaleon und den Grundschulhort. Die Mahlzeiten holt der Hausmeister der Gemeinde in Wärmeboxen ab. Und dann kommen seine "eigenen" Kinder aus dem Kleeblattl dazu, 30 aus der Krippe, 50 aus dem Kindergarten.

Der betriebswirtschaftliche Vorteil von Kindergarten- gegenüber Schulkindern besteht darin, dass diese nicht so oft Ferien haben. Für den Koch bedeuten die unterschiedlichen Altersstufen seiner Kunden trotzdem eine besondere Herausforderung: Während die Kleinen möglichst nichts Blähendes oder schwer zu Kauendes bekommen sollen, haben die Kinder im Grundschulhort andere Bedürfnisse: "Das sind Buben, die wollen was Handfestes", weiß Thermer. Seine Lösung ist ein roulierender Sechs-Wochen-Speiseplan, der alles abdeckt; Vollkornpasta, Milchreis, Fleischbällchen, und zwei Komponenten: Suppe - Süßes, Hauptgericht - Obst, auch mal Kuchen. Mit fünf Leuten arbeitet der Küchenchef, drei Festen, einem Spüler und einer Ausgabe-Kraft.

Noch geht es relativ entspannt zu in der Küche, es ist kurz vor elf Uhr vormittags. In den großen Töpfen köcheln dort Rahmsauce und Nudeln, hier Fleischbällchen. Edelstahl ist das vorherrschende Material in der modernen Küche, die Thermer mit Inbetriebnahme des Kinderhauses Kleeblattl vor zwei Jahren bezog. Hier gibt es den Kombi-Dämpfer, den Multibräter und das Vario Cooking Center, das 20 000 Euro kostet, wie ein großes Edelstahlwaschbecken aussieht, tatsächlich aber in der Lage ist, die verschiedensten Gerichte zu kochen, zu braten und zu frittieren, vom Milchreis bis zu Pommes.

Der Einzug in das Kleeblattl war für den Partyservice Thermer die ideale Ergänzung. Die Gemeinde erlaubte die gleichzeitige Nutzung der Küche für den Partyservice, das schlägt sich in der Pacht nieder. Auch zeitlich kommen sich Kinderverpflegung und Catering nicht in die Quere, während erstere wochentags tagsüber stattfindet, ist der Partyservice laut Thermer "stark hochzeitslastig", also an den Wochenenden gefragt. Dass er sich stets bemüht, Regionales oder Bio auf die Teller zu bringen, erklärt er mit seinem grünen Daumen. Auch der Betrieb hat ein Bio-Zertifikat. Trotzdem steht auf der Speisekarte nicht "Bio", das würde nur noch mehr Aufwand bedeuten, sagt der Küchenchef.

Außerdem ist da noch der Preis, um den es, nur so viel sagt er, meistens harte Kämpfe gibt. Derzeit liegt er für ein Mittagessen in der Kinderkrippe bei 2,80 Euro netto, im Kindergarten bei 3,30 und im Montessorizentrum bei vier Euro, weil dort mehr Aufwand geleistet und das Essen außerdem noch geliefert wird. All die Preise sind eine Mischkalkulation, "unter 3,50 oder vier Euro geht es eigentlich gar nicht", sagt Thermer. Schließlich müsse er nicht nur den Einkaufspreis der Waren anrechnen, sondern auch Personal- oder Energiekosten. Allein der Strom in der Küche belaufe sich auf 800 Euro im Monat, betont er.

Dann muss er ran, der Gemüselieferant ist da. Außerdem muss die erste Fuhre Mahlzeiten gerichtet werden, die Krippenkinder sind die ersten. Um 13.45 Uhr sind die letzten Gerichte zur Auslieferung vorzubereiten, sie gehen an den Kranzberger Hort. Danach gilt es Hunderte Schälchen zu spülen, dann kehrt langsam wieder Ruhe ein. Gegen 15 Uhr, sagt Thermer und lacht, "wenn man Gas gibt".

© SZ vom 05.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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