Kirchbergers Woche:Paradiesische Zustände

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Ilse Aigner weiß genau, wo es in Bayern am schönsten ist

Von Johann Kirchberger

Der CSU-Ortsverband Hallbergmoos-Goldach hat neulich sein 50-jähriges Bestehen gefeiert. In Facebook wurden jetzt 45 Fotos dazu veröffentlicht und ein bemerkenswertes Zitat: "Wenn Bayern der Vorort zum Paradies ist, dann ist Hallbergmoos das Paradies". Wirtschaftsministerin Ilse Aigner hat das so gesagt, ja wirklich, das hat sie getan. Ob sie insgeheim bereits plant, demnächst ihre Aufnahme ins Paradies zu beantragen, ist nicht bekannt. Könnte aber sein. Aber, mal ganz ehrlich, so schön es in Hallbergmoos auch sein mag, irgendwie haben wir uns das Paradies bisher immer etwas anders vorgestellt.

Im Garten Eden soll es bekanntlich ja viele Apfelbäume gegeben haben, und Schlangen. Aber das ist wieder eine ganz andere Geschichte. TU-Präsident Herrmann und Weihbischof Haßlberger haben jetzt ein Apfelbäumchen gepflanzt. Aber nicht in Hallbergmoos, sondern in Weihenstephan. Ein Korbiniansapfelbäumchen zu Ehren des Apfelpfarrers Korbinian Aigner, der diese Sorte einst im KZ Dachau gezüchtet hat. Bei dieser Gelegenheit war zu erfahren, dass dieses Bäumchen ganz schwer zu finden war. In ganz Bayern sei keines aufzutreiben gewesen. Angeblich nicht einmal in Hallbergmoos, obwohl es dort ein Obstzentrum gibt.

Nicht ganz so dick aufgetragen hat bei der CSU-Jubiläumsfeier Landrat Hauner. Immerhin aber hat er Hallbergmoos als Perle unter seinen 24 Landkreisgemeinden bezeichnet. Finanzpolitisch gesehen, stimmt das ohne Zweifel. Dem Landkreis selbst geht es nicht ganz so gut wie seiner Perle. So hat er jetzt überall die Papiercontainer abbauen müssen, weil damit im Jahr 100000 Euro Defizit gemacht wurden. Merkwürdig, in anderen Landkreisen wirft das Geschäft mit dem Altpapier Gewinne ab. Vielleicht sollte der Kreistag einmal einen Untersuchungsausschuss ins Leben rufen, um nach den Ursachen zu forschen.

Ursachenforschung könnte man auch betreiben, um herauszufinden, warum Ministerpräsident Horst Seehofer plötzlich wieder für den Bau einer 3. Startbahn ist. So treuherzig hat er vor knapp einem Jahr in Attaching versichert, dass er an der Notwendigkeit des Flughafenausbaus zweifle, dass ihm die Menschen tatsächlich geglaubt und neue Hoffnung geschöpft haben. Aber offenbar hat er sich gegen die Betonfraktion im Landtag nicht durchsetzen können. Erst hat er seine Entscheidung von Monat zu Monat hinausgeschoben und jetzt nimmt er eine minimale Steigerung der Flugbewegungen zum Anlass, für den Startbahn-Bau einzutreten. Dabei hat Seehofer immer erklärt, eine Koalition mit den Bürgern zu bilden. Tut er aber nicht, er führt eine Koalition mit der Wirtschaft, der Wachstum wichtiger ist als die Natur. Nicht die Bürger nämlich fordern seit Jahr und Tag den Bau der Startbahn, sondern die Flughafen GmbH, Wirtschaftsverbände und eine Reihe großer Firmen. Sie wollen Geschäfte machen, auf dem Rücken der Bürger, ohne Rücksicht auf Verluste. Wenigstens will Seehofer vor einer Entscheidung noch einmal die Münchner abstimmen lassen. Ob da Oberbürgermeister Reiter und sein Stadtrat mitmachen, wird sich zeigen. Wie es auch kommen mag, dem Namen Drehhofer, den ihm die Opposition im Landtag verliehen hat, hat Bayerns Ministerpräsident wieder einmal alle Ehre gemacht.

© SZ vom 01.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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