Kampf ums wirtschaftliche Überleben:Sparen und neue Ideen entwickeln

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Niedrige Strompreise machen dem Anglberger Kraftwerk zu schaffen. Statt Kohle könnte es auch Klärschlamm verbrennen

Das Kohlekraftwerk in Anglberg bei Zolling kämpft ums wirtschaftliche Überleben. Die Strompreise sind zusammengebrochen und damit sinken die Einnahmen des Standorts weiter. Gegensteuern will Kraftwerksleiter Lothar Schreiber mit Sparen und dem Entwickeln neuer Geschäftsfelder, erläuterte er an diesem Mittwoch während des alljährlichen Pressegesprächs im Kraftwerk, dessen Schornstein vor 58 Jahren zum Wahrzeichen des Ampertals wurde. Keiner der 106 Arbeitsplätze sei im Moment gefährdet, versprach Schreiber.

Bereits im vergangenen Jahr zeichnete der Kraftwerksleiter eine eher düstere Zukunft des Standorts, denn die Turbinen laufen nur noch, wenn zu wenig regenerativ erzeugter Strom im Netz vorhanden ist. Erst dann greife man auf die Energie aus der Kohle zurück, um die Netzstabilität aufrecht zu erhalten. Diese Bereitstellung und ständige Einsatzbereitschaft ähnlich einer Feuerwehr werde nicht honoriert, kritisierte Karl-Peter Thelen, Leiter Energiepolitik des Konzerns Engie Deutschland. Das weltweit tätige französische Unternehmen, das zuvor GDF-Suez hieß, ist in Deutschland im Strom- und Gasgeschäft tätig und bietet Energiedienstleistungen an. Thelen betonte, dass von den 20 Cent, die der Verbraucher für eine Kilowattstunde Strom bezahlt, nur zehn Prozent, nämlich zwei Cent, beim Kraftwerk ankommt. Oftmals meinten Stromkunden, wenn sie ihre Rechnung sähen, mit dem Strom aus Kohle ließe sich Geld verdienen. Dies sei jedoch ein Irrtum, betonte Thelen. Aber wenn die Kernkraftwerke endgültig abgeschaltet werden, dann entstehe eine große Lücke im Stromangebot. Zwar werde im Norden Deutschlands sehr viel Strom aus Windenergie gewonnen, mangels Leitungen käme er jedoch nicht nach Bayern, wo vergleichsweise viel Strom verbraucht werde, sagte Thelen. Strom werde in Zukunft wieder verstärkt nachgefragt, "wir brauchen zusätzliche Leistung in Bayern". Daher gibt es die Idee, am Standort Zolling ein Gaskraftwerk zu installieren und Strom zu erzeugen. Allerdings müsse das Unternehmen dafür in den Standort investieren, sagte Thelen.

Ähnlich sehe es für das zweite, neue Geschäftsmodell aus, in Anglberg Klärschlamm zu trocknen und zu verbrennen, schilderte Schreiber. Bisher werden geringe Mengen nassen Klärschlamms aus den Kläranlagen der Kommunen angeliefert, deren Verbrennung lohnt sich nicht. Trockener Schlamm sei aber als Brennstoff interessant, beschrieb Schreiber ein mögliches Szenario. Ob daraus etwas wird, entscheidet sich wohl im kommenden Jahr.

Zumindest von einem Bereich am Standort Zolling gab es Positives zu berichten: Das Biomasseheizkraftwerk, in dem Altholz verbrannt wird, verzeichnet einen Erzeugungsrekord, informierte Schreiber. Außerdem wurden alle drei Azubis im vergangenen Jahr übernommen, drei neue junge Menschen lernen nun in Anglberg. Und über den Bürgerfonds erhielten zum vierten Mal heuer 19 Projekte aus den Nachbargemeinden finanzielle Unterstützung von insgesamt 30 000 Euro.

© SZ vom 14.07.2016 / Ka - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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