Jubiläum:"Wir wollen keine Heldenverehrung"

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Mit einem großen Festzug hat der Kriegerverein am Wochenende sein 50-jähriges Bestehen gefeiert. Das konnte nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Verein im Landkreis mit einem massiven Mitgliederverlust zu kämpfen hat. (Foto: Marco Einfeldt)

Der Krieger- und Soldatenverband im Landkreis feiert 50-jähriges Bestehen. Otto Radlmeier hält ihn als Mahner vor Kriegsgefahren immer noch für zeitgemäß.

Interview von Clara Lipkowski, Freising

50 Jahre besteht der Kreiskrieger- und Soldatenverband (KKSV) nun bereits, entsprechend groß ist am Sonntag in der Innenstadt mit Festzug und Gottesdienst gefeiert worden. Darüber hinweg täuschen konnte aber nicht, dass die Kriegervereine im Landkreis mit massiven Mitgliederverlusten zu kämpfen haben. Dieses Problem sprach auch der zweite Vorsitzende und Oberst a. D., Otto Radlmeier, 64, auf dem Fest offensiv an. Er fordert, dass die Kriegervereine auch mit aktuellen Themen auftreten müssen.

SZ: Herr Radlmeier, bei Ihrer 50-Jahr-Feier sprachen der Landrat, der Oberbürgermeister, zahlreiche Gäste waren gekommen. Ein voller Erfolg?

Otto Radlmeier: Ja, wir sind sehr zufrieden. Wir haben uns ein gutes Jahr auf diesen Tag vorbereitet und hatten bei tollem Wetter eine grandiose Resonanz.

Zuletzt klagten fast sämtliche Kriegervereine im Landkreis über schwindende Mitgliederzahlen, einige benannten sich um oder lösten sich gar auf.

Es ist treffend, dass wir deswegen mit Sorge in die Zukunft blicken. Eben darum war es so wichtig, mit unserem Festtag unsere Stärke zu demonstrieren.

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Weil die alten Mitglieder sterben und der Nachwuchs fehlt, blicken viele Krieger- und Soldatenvereine mit Sorge in die Zukunft. Manche schließen sich zusammen, andere setzen auf eine Umbenennung.

Von Simon Bauer

Was unternehmen Sie, um neue Mitglieder zu bekommen?

Wir versuchen, jüngere Bürger anzusprechen und zwar beider Geschlechter. Früher waren in erster Linie männliche Wehrdienstleistende unsere natürliche Jugendabteilung. Das ist nicht mehr so. Wir nehmen heute auch Frauen auf und Ungediente - und haben auch einige. Uns ist außerdem wichtig, mit sicherheitspolitischen Vorträgen aufzuklären. Wir sehen, die Welt ist unsicherer denn je. Das sieht man auch daran, dass die Kanzlerin beim Stichwort Naher Osten die Frage stellt, ob es Krieg geben und dieser sich auf die ganze Region ausweiten könnte und wir involviert werden könnten. Wenn wir solche Themen behandeln, die viele Leute beunruhigen, aber auch innenpolitische Fragen wie: Bundeswehreinsätze im Innern oder zur Flüchtlingshilfe, wenn wir das zentral in Freising und dezentral in den Orten ansprechen können, denke ich, gewinnen wir Jüngere dazu.

Ist eine Umbenennung des KKSV denkbar, um moderner aufzutreten?

Der Hallbergmooser Kriegerverein hat sich aus diesem Grund in Heimat- und Traditionsverein umbenannt. Und ja, der "Krieger" war ein propagandistischer Begriff. Wir legen aber Wert darauf, dass wir diesen Namen nicht als Verherrlichung tragen, sondern als Mahnung an das "Nie wieder". Ich denke, das Feld der Traditionen wird von anderen Vereinen besetzt, von Geschichtsvereinen zum Beispiel oder eben Traditionsvereinen, wir erinnern bewusst auch an gefallene Soldaten, deswegen halte ich das nicht für sinnvoll. Was wir aber diskutieren, ist, uns mehr anderen zu öffnen, die ihr Leben einsetzen: Polizisten, Feuerwehrleuten, Rettungssanitätern. Immer öfter hört man, dass sie im Dienst angegriffen werden und leider auch zu Tode kommen. In meiner Gemeinde in Massenhausen legen die Feuerwehrleute bei Festakten auch immer einen Kranz am Kriegerdenkmal nieder, um getöteter Kollegen zu gedenken. Wir könnten uns vorstellen, an den Kriegerdenkmälern dauerhaft Erinnerungsstätten für sie zu schaffen.

Die AfD tritt als geschichtsrevisionistische Partei auf, fordert unter anderem eine "erinnerungspolitische Wende um 180 Grad". Sprich, man solle die positiven Seiten der deutschen Geschichte betonen. Müssen die Kriegervereine deswegen verstärkt Aufklärungsarbeit leisten?

Absolut. Und wir distanzieren uns ganz deutlich von dieser Haltung. Wir erinnern daran, dass Soldaten ihr Leib und Leben im Krieg gelassen haben, aber für ein verbrecherisches Regime. Heldenverehrung wollen wir auf keinen Fall.

© SZ vom 29.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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