Johann Halbinger mahnt zur Sparsamkeit:"Brauch ich das?"

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Sehr kostspielig wird wohl die Sanierung der Brücke am Kurt-Kittel-Ring in Neufahrn werden. Sie kann jedoch nicht weiter aufgeschoben werden, wie es am Montag im Gemeinderat hieß. (Foto: Marco Einfeldt)

Wegen der finanziellen Folgen der Corona-Pandemie ruft der Neufahrner Kämmerer die Gemeinderäte dazu auf, jede Investition zu hinterfragen. Der Schuldenstand wird sich heuer auf mehr als 15 Millionen Euro verdoppeln

Von Birgit Grundner, Neufahrn

An den finanziellen Folgen der Pandemie wird die Gemeinde wohl noch länger zu knabbern haben: Bis sie das "Vor-Corona-Niveau" wieder erreichen wird, werden nach Einschätzung von Kämmerer Johann Halbinger "fünf, acht oder auch zehn Jahre" vergehen. Einstweilen ruft er zu absoluter Sparsamkeit auf und appelliert an die Gemeinderäte, jede Investition vor der Genehmigung mehrfach zu hinterfragen. Den Fragenkatalog gab er bereits vor: "Brauch ich das?" - "Ist es wirklich eine Pflichtaufgabe?" - "Können wir uns nicht nur den Bau, sondern auch den Unterhalt leisten?" - "Gibt es dafür Fördermittel?" Um den Ernst der Lage zu unterstreichen, wies Halbinger auch auf den "Worst Case" hin: "Das Schlimmste" wäre es für ihn, wenn die Gemeinde unter die Zwangsverwaltung des Landratsamtes gestellt würde, wenn sich die finanzielle Lage entsprechend verschlechtern sollte, so der Kämmerer.

Ein wenig hat er freilich auch die Hoffnung im Hinterkopf, dass die Realität wie so oft am Ende besser als die Planung aussieht. Große Sprünge erlaubt sich der Gemeinderat heuer und in den folgenden Jahren sowieso nicht. Im Investitionsprogramm stehen 2021 zwar zum Beispiel noch die Sanierungsarbeiten an der Mittelschule und am alten Mesnerhaus sowie die Verdoppelung der Jahnhalle. Auch ist Geld für die Planungen einer dritten Grundschule und einer kostspieligen Sanierung der Brücke am Kurt-Kittel-Ring, an der mittlerweile kein Weg mehr vorbeiführt, einkalkuliert. Vorhaben wie die Hort-Erweiterung und die altersgerechten Wohnungen an der Bahnhofstraße sind aber mindestens bis 2024 auf Eis gelegt. Damit hat sich das Plenum an die Empfehlungen des Finanzausschusses gehalten.

Klar ist aber auch, dass die Gemeinde neben den geplanten Erlösen durch Grundstücksgeschäfte in Baugebieten "nicht unerhebliche" Kredite brauchen wird, um ihre 50 Millionen Euro teuren Pläne der nächsten vier Jahre verwirklichen zu können. Halbinger geht davon aus, dass sich der Schuldenstand allein heuer auf mehr als 15 Millionen Euro verdoppeln wird. Die vorhandenen Rücklagen werden größtenteils gebraucht, um laufende Ausgaben zu decken. Von den eigentlich vorgeschriebenen Zuführungen aus dem Verwaltungs- in den Vermögenshaushalt, über den Investitionen finanziert werden, kann in den nächsten Jahren ohnehin keine Rede sein.

Der aktuelle Haushaltsplan enthält auch noch viele Fragezeichen, wie der Kämmerer warnt: Zwar hat er nach der zuletzt auf 14,7 Millionen Euro zurückgegangenen Einkommensteuerbeteiligung wieder 15,2 Millionen Euro einkalkuliert. Allerdings seien "Veränderungen nach unten realistisch", weil viele Bürger noch in Kurzarbeit seien. Bei der Gewerbesteuer orientiert sich er sich mit 5,7 Millionen Euro an den Einnahmen des Corona-Jahres 2020. Zugleich rechnet er aber wegen der aktuellen wirtschaftlichen Lage vieler Betriebe mit Anträgen auf Stundungen und reduzierte Vorauszahlungen.

Größte Posten bei den Ausgaben sind die Kreisumlage (11,6 Millionen Euro) und das Personal (10,1 Millionen Euro). 7,7 Millionen Euro gehen allein an Kitas.

"Noch ist es ein solider Haushalt", resümierte Christian Meidinger (Grüne). Von "Sorge", aber auch "Hoffnung", sprach Manfred Holzer (Freie Wähler). Besser wäre die Lage nach Ansicht von Beate Frommhold-Buhl (SPD), wenn der Gemeinderat in den vergangenen Jahren mutiger gewesen wäre und nicht so viele Projekte - etwa die Brückensanierung und die Turnhallenerweiterung - geschoben hätte: Das habe zum "Investitionsstau" geführt und "fällt uns jetzt auf die Füße". Burghard Rübenthal (CSU) warb vorsorglich um Verständnis bei den Bürgern, die nun noch länger auf Projekte warten müssen - etwa in Hetzenhausen, wo der Straßenausbau ansteht. Letztlich wurden Haushaltsplan und Investitionsprogramm dann einstimmig beschlossen.

© SZ vom 24.02.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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