Hoffnung, aber auch Zweifel:Schwierige Rettungsaktion

Lesezeit: 3 min

Freisings OB Tobias Eschenbacher hat dem "Abseits"-Verein ein zinsloses Darlehen über mindestens eine Million Euro in Aussicht gestellt. Nicht nur die Kommunalaufsicht im Landratsamt ist skeptisch.

Von Kerstin Vogel, Freising

Es wäre wohl der Rettungsanker für die Pläne der "Freunde des Abseits", die Kultkneipe "Abseits" als Kleinkunstbühne mit Flair wieder zu eröffnen: ein zinsloses Darlehen der Stadt über mindestens eine Million Euro - so, wie es Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher jetzt überraschend in Aussicht gestellt hat. Doch ob sich eine derartige Unterstützung des Abseitsvereins umsetzen lässt, ist offen. Nicht zuletzt wird die Kommunalaufsicht ein Wörtchen mitzureden haben.

Grünen-Stadtrat Sebastian Habermeyer habe ihn gefragt, ob die Stadt nicht zur Rettung der Kulturstätte beitragen könne, hatte Eschenbacher erklärt. Tatsächlich ist Habermeyer ein Verfechter dieser Idee. Mit dem "Abseits" sei die letzte Kleinkunstbühne in Freising geschlossen worden. Die Stadt habe jedoch auch den Auftrag, sich um solche Einrichtungen zu kümmern, "nicht nur um Prestigeprojekte". Habermeyer: "Es muss auch für die etwas geben, die nicht ins Asamtheater wollen, sondern auf Kleinkunst stehen." Zudem werde dem Verein das Geld nicht geschenkt, es müsse zurückgezahlt werden.

"Wenn das Konstrukt zwischen Stadt und Verein passt und das Konzept stimmt", könnte sich auch FSM-Fraktionssprecher Reinhard Fiedler vorstellen, so einem Kredit zuzustimmen. Bis jetzt gebe es aber noch keinen konkreten Vorschlag dazu. Die Freisinger Mitte werde sich nach der Sommerpause damit befassen.

Die Freien Wähler werden sich in ihrer nächsten Fraktionssitzung ebenfalls mit dem Thema auseinandersetzen. Stadtrat Benno Zierer kann sich jedoch nicht vorstellen, dass seine Wählergruppierung zustimmt. "Das können wir uns nicht leisten", sagte er: "Wenn wir mal unsere Hausaufgaben im sportlichen Bereich gemacht haben, beim Sportclub oder beim SEF und dann noch Geld übrig ist, dann können wir vielleicht darüber reden." Doch selbst, wenn es nicht an den Finanzen scheitern sollte, hat Zierer Zweifel, ob eine derart hohe städtische Förderung für das "Abseits" gerechtfertigt wäre. "Die Stadt ist nicht für alles zuständig", findet er.

Wenn man sich das marode Sportheim des Sportclubs in der Luitpoldanlage anschaue, dann müsse hier vor allem mit Blick auf die Jugendarbeit, die dieser Verein zusammen mit der SG Eichenfeld leiste, viel eher geholfen werden, findet Zierer - und kritisiert offen die Hilfszusage des Oberbürgermeisters an den Abseitsverein: "Es ist gefährlich, etwas zuzusagen, was man dann nicht halten kann."

Auch Peter Geiger (CSU) findet die mögliche Kreditvergabe "eher schwierig". Man müsse den Abseitsverein wie jeden anderen Verein in der Stadt behandeln, sagte er in Anspielung auf die geltenden Förderrichtlinien (). Da gebe es noch Diskussionsbedarf, findet Geiger, eine Einschätzung, die von SPD-Kollegin Heidi Kammler geteilt wird. Darüber müsse man im Finanzausschuss noch sehr ernsthaft diskutieren, sagt sie. Natürlich müsse die Stadt die Kultur fördern, "aber wir bekommen mit dem Asamkomplex doch einen riesigen Kulturtempel". Ob das Abseits als Kleinkunstbühne kostendeckend betrieben werden könne, daran habe sie leise Zweifel, so die SPD-Politikerin weiter. Und auch sie pocht auf Gleichbehandlung: Schließlich gebe es auch Sportvereine, die ein Sportheim finanzieren müssten: "Da gibt es keine Darlehen für die dazugehörigen Gaststätten."

Von einer Wettbewerbsverzerrung spricht der Kreisvorsitzende der FDP, Martin Alberti, in einer Mitteilung zu dem Thema. Denn die "Stadt würde mit Steuergeld eine Kneipe und Spielstätte fördern, die im Wettbewerb zu anderen Bars und Kneipen steht, die keine finanzielle Unterstützung erhalten", so Alberti - ein Argument, das man auch bei der Kommunalaufsicht auf dem Schirm hat. Zwar will Wolfgang Doriat den Plänen der Stadt keinesfalls vorgreifen. "Die müssen sich jetzt erst einmal klar werden, was genau sie machen wollen, was möglich ist und möglicherweise auch entsprechende Gutachten vorlegen", sagt er. "Dann prüfen wir das."

Grundsätzlich könne eine Stadt natürlich eine Spielstätte für Kultur fördern, so Doriat. Dass hier aber möglicherweise eine Kneipe, "die im wirtschaftlichen Leben steht", unterstützt würde, sieht auch er skeptisch. Generell müsse die Stadt außerdem natürlich nachweisen, dass sie sich einen derartigen Kredit auch leisten kann.

Es gehe doch um Geld für den Erhalt des Gebäudes, hält Habermeyer den Kritikern entgegen. Von Zuschüssen für den Betrieb der Kneipe könne keine Rede sein. Eine solche Spielstätte funktioniere nur mit Kneipe: "Die muss sich selber tragen und das Geld für die Rückzahlung des Kredites erwirtschaften." Natürlich müsse sich die Stadt grundbuchrechtlich dafür absichern, dass sich der Verein auflöse und das Darlehen nicht zurückzahle, so Habermeyer: "Aber dann hätte man doch einen Gegenwert - ein Gebäude ganz in der Nähe der Musikschule, mit dem man etwas anfangen kann."

© SZ vom 13.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: