Hitzige Diskussion:Nicht nachhaltig, aber bewährt

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Die Gemeinde Hallbergmoos lässt ihren Klärschlamm weiterhin auf Lastwagen in den Osten Deutschlands transportieren. Mit einer kostspieligen Umrüstung der Kläranlage will man erst einmal warten

Von Alexandra Vettori, Hallbergmoos

Gegen Klimaschutz und Nachhaltigkeit, dafür aber auf Nummer sicher gehen - für diese Linie hat sich kürzlich der Hallbergmooser Gemeinderat entschieden. Er lässt den Klärschlamm lieber weiter auf Lastwagen zur Verwertung nach Ostdeutschland fahren, statt ihn in der eigenen Kläranlage thermisch zu Strom zu verarbeiten. Eine hitzige Diskussion im Gemeinderat ging dem Beschluss voraus.

Seit Jahren schon will Hallbergmoos seine Kläranlage erweitern, umso mehr, da eine Sanierung ohnehin nötig ist. Außerdem möchte die Gemeinde weiter wachsen, da reicht die jetzige Kapazität von 12 500 Einwohnerwerten nicht mehr lange aus. Eine Wirtschaftlichkeitsberechnung verschiedener Ausbauvarianten hat das Rathaus schon anstellen lassen, doch genau jetzt tritt eine neue Klärschlammverordnung in Bayern in Kraft. Danach darf im Freistaat Klärschlamm künftig schon nach 16 statt 25 Tagen weiter verarbeitet werden. Das bedeutet, die Becken müssen auch bei steigender Abwassermenge nicht größer werden, die Dringlichkeit der Erweiterung besteht also nicht mehr. Zwei Möglichkeiten standen daher jetzt für die Kläranlage im Raum: Zum einen eine Teilstabilisierung ohne die früher mal vorgesehene solare Schlammtrocknung, die nur bei einer Erweiterung baulich in Frage kommt. Die Nachteile dieser Lösung sind weiter hohe Energiekosten und hohe Kosten bei der Klärschlammentsorgung, weil dieser wegen der kürzeren Lagerzeit künftig noch feuchter ist. "Im Prinzip fährt man relativ viel Wasser durch die Gegend", erklärte ein Mitarbeiter der Ingenieurplanungsgruppe "Dünser, Aigner, Kollegen", das die Wirtschaftlichkeitsberechnung angestellt hat. Variante zwei ist eine Faulung, die Energie erzeugen würde. Durch eine Co-Vergärung, wofür Altfett und Speisereste verwendet werden, habe die Kläranlage damit zur Stromproduktion auch noch Einnahmen. Allerdings kostet diese Lösung über sechs Millionen Euro, weil viel neue Technik nötig ist. Freilich steht das Geld massiv sinkenden Energiekosten gegenüber, das Klärwerk Grüneck, die nach diesem Prinzip vorgeht, arbeitet energieautark. Außerdem fielen die Klärschlammfahrten aus.

"Alles andere als Variante zwei ist Unsinn", schlussfolgerte Grünen-Gemeinderat Robert Wäger nach dem Vortrag. Die Gemeinde habe einen Energie-Autarkie-Beschluss "und bei fast jeder Sitzung jammern wir über den Verkehr. Hier könnten wir jetzt Lastwagenfahrten sparen". Auch finanziell sei die Lösung nachhaltig. Stefan Kronner (SPD) sah die Sache differenzierter: Variante zwei sie zwar ökologisch das Sinnvollste, aber wenn man sich jetzt auf die Instandhaltung beschränke, verbaue man es sich nicht, mit Stufe zwei nachzurüsten, sobald alle Zweifel am Funktionieren der Technik ausgeräumt seien.

Der Vertreter des Ingenieurbüros betonte, im Klärwerk Grüneck laufe das System der Co-Vergärung problemlos. Anfängliche Schwierigkeiten habe nur eine falsche Pumpe verursacht. Allerdings gebe es derzeit interessante neue technische Entwicklungen, etwa Monoverbrennungsanlagen, in denen der nichtstabilisierte Klärschlamm verbrannt und so Strom erzeugt werde.

© SZ vom 04.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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