Guter Rat für Moosburger Stadträte:Hetzer aus der Freundesliste streichen

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Mitarbeiter der Informationsstelle gegen Extremismus geben Tipps für Umgang mit radikalen Parolen im Netz

Von Alexander Kappen, Moosburg

In der Stadt hat man mit der Materie ja schon wenig erfreuliche Erfahrungen gemacht, schließlich ist Moosburg in diesem Jahr durch lokale Facebook-Gruppen, denen auch Kommunalpolitiker angehörten, mit rechtsextremen und rechtspopulistischen Inhalten in die Schlagzeilen geraten. Deshalb begrüßten es einige Stadträte in der Sitzung am Montag ausdrücklich, dass sich nun das Gremium des Themas annahm und Bürgermeisterin Anita Meinelt (CSU) eine Präsentation der Bayerischen Informationsstelle gegen Extremismus (BIGE) auf die Tagesordnung gestellt hatte.

Die BIGE wurde im Jahr 2009 gegründet und ist dem bayerischen Innenministerium zugeordnet. Sie "unterstützt und bündelt alle Bekämpfungsansätze gegen Extremismus und ist Ansprechpartner für Bürger, Kommunen und Schulen", wie es in ihrem Aufgabenprofil heißt. Ein Aussteigerprogramm für Extremisten, Beratungen für Vereine und ein Bürgertelefon gehören ebenfalls zum Angebot. Die BIGE-Mitarbeiter Andrea Probst und Tobias Lehnerer referierten in der Stadtratssitzung über Kommunikation und Hetze im Internet, die Grenzen der Meinungsfreiheit, rechtliche Konsequenzen und Handlungsmöglichkeiten im Umgang mit extremistischen Hetzern.

Die Menschen, so Probst, suchten zunehmend Orientierung und Rückhalt bei virtuellen Plattformen im Internet in abgeschotteten und anonymen Kommunikationen. In diesen Zeiten, in denen viele Flüchtlinge im Land sind, werden dabei im Diskurs über Migration über die Instrumentalisierung von Emotionen oft Angst, Hass auf und Verachtung für das Fremde geschürt. In der virtuellen Welt werden Wirklichkeiten geschaffen, die nicht mit der Realität kompatibel sind. So entsteht dort zuweilen der Eindruck, Menschen mit extremistischen Haltungen seien in der Mehrheit. Oft falle der Satz "Das wird man ja wohl noch sagen dürfen", so Probst, aber die Meinungsfreiheit habe klare Grenzen, wenn es in den strafrechtlichen Bereich der Volksverhetzung, Bedrohung, Beleidigung und verfassungswidrigen Kennzeichen gehe, aber auch wenn man Menschen stigmatisiere, diskriminiere und dämonisiere. Oft werden extremistische Positionen hinter Verharmlosungen und Scherzkommentaren versteckt. Aber solche "Hetze durch Rede und Bilder kann motivierend für andere wirken, sich zu radikalisieren oder Gewalttaten zu begehen", warnte die BIGE-Expertin: "Aus Worte werden Taten."

Tobias Lehnerer berichtete von zahlreichen Facebook-Seiten und Youtube-Auftritten virtueller, nicht existierender Bürgerinitiativen, die sich "unter falscher Flagge" präsentierten. Hinter solchen Seiten, die etwa "München wehrt sich" oder "Bamberg wehrt sich" heißen, steckten oft Organisationen wie die NPD. Auf diesen bundesweit rund 300 Seiten mit lokalen Aufmachungen werden Asylbewerber etwa gegen Kinder ausgespielt, mit Slogans wie "Kindergärten statt Asylheime". Aber auch plumpe Falschmeldungen, Hass-Posts und Hetze gegen Politiker und Helferkreise - teilweise unter Klarnamen - sind an der Tagesordnung. Die strafrechtliche Ahndung wurde laut BIGE-Experten inzwischen deutlich verschärft. Sie raten zur "sachlichen Gegenrede" und dazu, hetzende User zu blocken, aus den Freundeslisten zu streichen und strafrechtliche sowie jugendgefährdende Inhalte den zuständigen Stellen zu melden, die man im Internet unter ww.bayern-gegen-linkssextremismus.bayern.de und ww.bayern-gegen-rechtsextremismus.bayern.de findet.

"Auch Personen aus demokratischen Parteien, die am Ort vernetzt sind, teilen teilweise solche Sachen", bedauerte Johannes Becher (Grüne) und fragte: "Was kann man dagegen tun?" Man könne "politische Zeichen setzen", so Probst. Es gebe ein breites Feld, etwa Veranstaltungen und Ausstellungen an Schulen, Lehrerfortbildungen, Ansätze in der kommunalen Jugendarbeit oder Resolutionen: "Ein Patentrezept gibt es aber nicht." Da sind wir alle, die Politik und auch die Kommunalpolitik, gefordert", meinte Martin Pschorr (SPD). Jörg Kästl (ÖDP) rief dazu auf, "mit Kommentaren im Netz ganz sensibel umzugehen". Anita Meinelt kündigte an, "dieses ganz wichtige Thema" bei einer Bürgerversammlung auf die Tagesordnung zu setzen.

© SZ vom 19.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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