Gewisse Anlaufschwierigkeiten:Kontaktpflege über "nebenan.de"

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Wünscht sich mehr Aktivität auf der Plattform: Gabi Ela Bernhard. (Foto: Marco Einfeldt)

Die Internetplattform, die Menschen aus der Nachbarschaft zusammenbringen will, stößt vor allem in Eching auf Resonanz, dort gibt es schon 128 Nutzer. Beim Umsetzen von Aktivitäten aber hapert es noch ein wenig

Von Peter Buchholtz, Eching

Vor fünf Monaten hatte Gabi Ela Bernhard einen Flyer in ihrem Briefkasten: "Hallo liebe Nachbarn in Eching, ich würde mich freuen, mehr mit euch in Kontakt zu treten!", stand darauf, zusammen mit dem Verweis auf das Portal nebenan.de und einem Zugangscode. Unterschrieben war der Flyer von einer Echingerin, die wohl irgendwo in der Nachbarschaft wohnt. Auch eine gute Freundin hatte solch einen Flyer in der Post und ermutigte Gabi Ela Bernhard dazu, sich in dem Netzwerk anzumelden. "Ich hab mir davon versprochen, Anschluss in Eching zu finden, weil ich, obwohl ich hier geboren bin, nicht so viele Kontakte hab", sagt sie.

Seit Dezember 2015 ist nebenan.de online. In der Stadt Freising gibt es derzeit 67 registrierte Nutzer, in Eching 128, in Neufahrn 99 und in Moosburg 41. Das Netzwerk soll Nachbarn dabei helfen, miteinander in Kontakt zu treten. Dabei können sie Gruppen gründen und Interessensgemeinschaften bilden, Tipps austauschen oder sich anderweitig gegenseitig helfen, etwa durch das Ausführen von Hunden oder das Verleihen von Werkzeug.

Damit auch wirklich nur Bewohner ein und desselben Viertels miteinander in Kontakt treten können, reichen nicht nur Name und E-Mail-Adresse. Jeder Nutzer muss bei der Registrierung entweder das Foto eines Briefkopfes hochladen oder das Berliner Unternehmen verschickt eine Postkarte mit einem Registrierungscode an die angegebene Adresse. Erst wenn diese bestätigt ist, wird der Nutzer Teil einer digitalen Nachbarschaft wie der in Eching.

Diese, in der auch Bernhard registriert ist, trägt auf nebenan.de den Hinweis "Besonders aktiv!". Trotzdem ist die 54-Jährige, die in der IT-Branche arbeitet, nach knapp einem halben Jahr Mitgliedschaft nicht ganz glücklich mit dem Netzwerk. "Ich wäre gern aktiver", sagt sie, "nur die Resonanz ist sehr schlecht." Anfangs sei sie sehr begeistert und euphorisch gewesen, habe zwei Gruppen gegründet, eine für Brettspielfreunde, eine für Katzensitting, also die Betreuung der Vierbeiner im Urlaub. Von ihren Katzen Pina und Fibi hat sie auch ein Bild in ihrem Profil hochgeladen, unter "meine Haustiere".

Treffen mit den Brettspielern seien schon ein halbes Dutzend zustande gekommen, fünf bis sechs von ihnen träfen sich regelmäßig und spielten "Take it easy", "Qwirkle" oder auch Schafkopf. Mit der Katzengruppe konnte sie dagegen bisher nicht punkten. Fünf Mitglieder seien sie, zwei bis drei Mal habe sie versucht, ein Treffen zu initiieren. "Jemandem, den ich nur übers Internet kenne, gebe ich doch nicht für zwei Wochen meinen Wohnungsschlüssel", sagt Bernhard. "Viele melden sich an, dann kommt nichts mehr", sagt die 54-Jährige. Auch ihre Freundin habe keinen Erfolg gehabt, ein regelmäßiges Nachbarschaftstreffen auf die Beine zu stellen. Ina Brunk, Mitgründerin von nebenan.de kennt die anfänglichen Schwierigkeiten, die es vor allem hierzulande gebe: "Der Deutsche guckt immer erst gerne mal und denkt sich: Sollen die anderen mal machen."

Wichtig sei bei nebenan.de, dass es immer ein paar Leute in der Nachbarschaft gebe, die die Aktivitäten zusammen vorantreiben. Oft helfe es auch erst mal, andere Formate zu inszenieren, wo viele Leute sich trauen zu interagieren. Nach Tipps fragen etwa. "Niedrigschwellige Dinge. So kann man die Leute schnell aus der Reserve locken", sagt Brunk.

Gabi Ela Bernhard vermutet, dass es vielleicht auch ein wenig an Facebook liegt, dass nebenan.de in Eching nicht richtig Fahrt aufnimmt. Dort gebe es auch zwei Gruppen für Echinger, über die getauscht, gesucht und geholfen wird. Gegenüber Facebook möchte sich nebenan.de vor allem durch einen verbesserten Datenschutz positionieren. Daten sollen weder verkauft noch an Dritte weitergegeben werden. Nutzer könnten sich "angstfrei" in dem Netzwerk bewegen. Geld soll die Plattform eines Tages dadurch einbringen, dass der lokale Handel mit in das Netzwerk einbezogen wird. Doch das sei die "langfristige Perspektive", sagt Ina Brunk, mindestens ein Jahr, eher mehrere Jahre entfernt. Seit Mitte 2016 investiert der Münchner Verlag Burda in das Berliner Netzwerk.

In der Echinger Nachbarschaft auf nebenan.de haben sich bislang fünf Gruppen formiert. Neben denen von Gabi Ela Bernhard gibt es noch die Gruppen "Mitten in Eching", "Studenten in Eching" und "Tiersitter". Bernhard würde gerne mehr organisieren, "aber ohne die Resonanz geht es nicht". Ina Brunk gibt in solchen Fällen den Tipp weiterzumachen, nicht gleich nach den ersten Versuchen aufzuhören. Bei Fragen könne auch das Team in Berlin telefonisch kontaktiert werden. Damit grenzt sich das Netzwerk in der Tat vom doch eher gesichtslosen Facebook ab.

© SZ vom 08.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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