Geplante Ortsbuslinie:"Ein Bus ist für manche nur ein großes Fahrzeug"

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Neufahrns Bürgermeister Franz Heilmeier wundert sich über die Protestwelle, welche die geplante Ortsbuslinie auslöst

Interview von Alexandra Vettori, Neufahrn

Durch welche Straßen sie auch führen soll - die geplante Neufahrner Ortsbuslinie stößt auf Protest. Die SZ fragte Bürgermeister Franz Heilmeier (Grüne) nach den Gründen für die überraschend negativen Reaktionen.

SZ: Liegt es an der Informationspolitik der Gemeinde? Schließlich erfuhr die breite Öffentlichkeit erst von den Busplänen, als Teilnehmer einer Radtour der Agenda-Gruppe davon berichteten.

Heilmeier: Es handelte sich nicht um eine "Radtour der Agenda-Gruppe", sondern um eine Information zur Buslinie durch Umweltreferenten und Bürgermeister. Da die Agenda 21 wenig bekannt zu sein scheint: Sie ist nicht nur eine "Gruppe", sondern ein durch einen Gemeinderatsbeschluss eingerichtetes offizielles Gremium speziell für die Bürgerbeteiligung, mit Antragsrecht im Planungsausschuss. Für die Bürgerbeteiligung wurde bereits im Januar zur Agenda 21-Vollversammlung eingeladen, wo ein MVV-Vertreter und Verkehrsreferent Florian Pflügler die Planungen für die Linie 692 vorstellten.

Eine Reihe von Anregungen wurde in die weitere Planung eingearbeitet. Die Buspläne sind auch regelmäßiges Thema beim Agenda 21-Arbeitskreis Verkehr, der zu seinen Treffen öffentlich einlädt. Daneben erfolgte bereits im Januar die Vorstellung, in Sitzungen des Gemeinderates im Mai und Juni, es gab die Radtour im August und eine viele Gespräche mit Beteiligten.

Die Bürgerinitiativen kritisieren immer wieder, dass es keine Bedarfsanalyse oder wenigstens eine Bürgerbefragung gab. Ist dem so?

Zu einer Bürgerbefragung: Nutzungsprognosen einer Buslinie orientieren sich am Einzugsgebiet, ich kenne bisher keine Anwohnerbefragung zu einer Buslinie. Die Strukturanalyse innerhalb eines Siedlungsgebietes für das potenzielle Verkehrsaufkommen für den ÖPNV erfolgt über die Bebauungsdichte und damit Einwohnerdichte. Das ist in der Linienwegsplanung berücksichtigt. Die Pendleranzahl, zum Beispiel zur S-8-Haltestelle oder zum Gewerbegebiet Römerweg, stehen nur für den gesamten Ort Neufahrn zur Verfügung und wurden für die interkommunalen Verkehrsbeziehungen durch das Planungsbüro MVV-Consult ermittelt und sind wesentliche Grundlage für die Linienwegsplanung zwischen den Gemeinden. Nicht erwartet habe ich, dass ein Buslinienangebot im 40-Minuten-Takt solche Initiativen nach dem Motto "nicht vor meiner Haustüre" auslöst. Stimmen für dieses erweiterte Buslinienangebot gibt es genauso, aber diese machen, wie so oft, weniger mobil.

Zur Wirtschaftlichkeit: Eine Weiterentwicklung des öffentlichen Personennahverkehrs kostet Geld, daher ist es gut, dass hier der Landkreis und Hallbergmoos mit im Boot sind, zunehmender ungebremster Straßenverkehr kostet aber auch. Ein Bus ist für manche anscheinend nicht mehr als ein zusätzliches großes Fahrzeug auf der Straße. Tatsächlich aber ist es ein Ansatz, um dem Mobilitätsinteresse gerade auch der mehr werdenden älteren Mitbürger und dem zunehmenden Straßenverkehr zu begegnen. Veränderungen gerade im Verkehrsbereich sind immer mit Widerstand und Debatten verbunden, auch wenn die bisherige Entwicklung gerade in Ballungsräumen beklagt wird.

Eigentlich war ja anfangs eine Buslinie zum Kino im Gespräch. Ist es sinnvoll, sie auch als Ortsbuslinie verkehren zu lassen?

Die Beziehung S-Bahnhof Neufahrn zum Kino wird auf dem kürzesten Weg gefahren und ist damit für Fahrgäste, die mit der S-Bahn kommen, die schnellste Variante. Für Neufahrner würden getrennte Linien nichts bringen. Es wäre viel zu aufwendig, erst zum Bahnhof kommen zu müssen, um dort in den Bus zum Kino einzusteigen. Auf unserer Ortsrunde gibt es viele Zustiegsmöglichkeiten, und nach dem Halt am S-Bahnhof geht die Fahrt direkt weiter zum Kino und zur S8. Die umsteigefreien Direktverbindungen aus dem gesamten Wohnbereich Neufahrns sind das besondere Qualitätsmerkmal. Daher: Ja, es ist sinnvoll.

Wie sieht es mit den Fahrzeiten aus?

Montag bis Freitag beginnt der Betrieb gegen 6 Uhr, sam-, sonn- und feiertags gegen 13 Uhr; die letzte Fahrt geht ab S-Bahnhof Neufahrn zum Kino um 0.20 Uhr, Ankunft beim Kino 0.29 Uhr. Die letzte Fahrt nach Neufahrn beginnt am Kino um 0.29 Uhr, Ankunft am S-Bahnhof um 0.38 Uhr.

Wie geht es weiter?

In der Gemeinderatssitzung am 21. November wird das Thema behandelt und dann eine Entscheidung für eine dort mehrheitlich unterstützte Linienführung getroffen.

© SZ vom 16.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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