Geburtsgsparty im Juz:Jugendarbeit im Wandel der Zeit

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Das Neufahrner Jugendzentrum gibt es seit 40 Jahren. Anfangs wurde das Angebot misstrauisch beäugt, von der Bevölkerung wie vom Gemeinderat. Heute gehört es fest zum Ort. Am Samstag sind alle eingeladen

Von Birgit Grundner, Neufahrn

Das große Schwarz-Weiß-Foto im ersten Stock ist ein Hingucker. Es entstand in einer Zeit, in der Teenager noch Namen wie Gisela und Martin trugen, der Jugendtreff noch "Teestube" hieß und selbstorganisierte Jugendarbeit groß im Kommen war. Zugleiche markiert das Bild schon das Ende eines Abschnitts: Es war das Abschiedsgeschenk für Leiterin Dorothea Baumgarth, die alle nur "Doro" nannten. Jahre später hat sie das Bild als mittlerweile fast historisches Dokument ins heutige Kinder- und Jugendhaus "JUZ" zurückgebracht. An diesem Wochenende will sie auch selbst wieder einmal hingehen und womöglich einige der Teenager vom Foto als längst Erwachsene wiedertreffen: Die Einrichtung wird 40 Jahre alt und feiert das am Sonntag, 13. Oktober, mit einem "Tag der offenen Tür" von elf bis 14 Uhr.

Initiiert hatte den Jugend- Treffpunkt einst Stefan Bernhard, der später Neufahrns Bürgermeister werden sollte. In den 1970er Jahren war er aber noch Mitarbeiter der Erziehungsberatungsstelle. Los ging es mit der "Teestube" in einem einzigen Raum im alten Schulhaus au der Dietersheimer Straße. Bald kamen weitere hinzu, die Gemeinde übernahm die Trägerschaft. Mit dem Angebot wurde eine echte Lücke geschlossen. "Das Interesse war enorm", erinnert sich Dorothea Baumgarth. Jugendliche aus allen Schularten, Schichten und Nationalitäten kamen. Groß sei auch das Engagement gewesen. Einmal zog sogar eine kleine Demonstration zum Rathaus, um für mehr Personal im Jugendtreff zu kämpfen: "Die Jugendlichen hatten ja so viele Ideen, was man dort alles machen könnte."

Die Ansprüche an die Ausstattung des neuen Treffpunkts waren damals nicht groß: "Eigentlich war alles vom Sperrmüll", lacht Dorothea Baumgarth. Die Besucher im offenen Betrieb lümmelten sich auf alten Sesseln und Matratzen, es gab Kartoffelchips und Limo, dazu regelmäßig Kinoabende und vor allem Partys: "Die waren ganz wichtig." Bis zu 150 Besucher sind da gekommen. Viele Eltern - und auch Gemeinderäte - haben das alles freilich misstrauisch verfolgt. "Es gab schon Ängste und Vorbehalte", erinnert sich Dorothea Baumgarth. Bei einem Elternabend in der "Teestube" versuchte sie, die Bedenken zu zerstreuen. Auch Zeltlager und einige Ferienangebote wurden schon damals organisiert. "Es war wahnsinnig viel Arbeit", sagt Dorothea Baumgarth rückblickend. Von der Gemeinde fühlte sie sich nicht ausreichend unterstützt. 1980 wechselte die Sozialpädagogin zur Jugendgerichtshilfe.

Die Jugendtreff-Leitung übernahm Thomas Fögen, der die Jugendkulturarbeit etablierte - mit "Galgenbach-Open-Air" und Konzerten im JUZ, in dem Bands auch proben konnten. Über die Jahre haben sich die Bedürfnisse der Jugendlichen geändert, und das spiegelt sich auch in der Historie der Einrichtung wieder: Vor 25 Jahren, als Katrin Müller das JUZ leitete, wurde die Nachmittagsbetreuung für Fünft- bis Zehntklässler eingerichtet - nach wie vor ein wichtiges und immer völlig ausgebuchtes Angebot. Die Federführung hat bis heute Marcus Gebert, der 17 Jahre lang auch Leiter des Jugendzentrums war. In dieser Zeit wurden die offene Jugendarbeit, die Kinderfreizeitarbeit und die Nachmittagsbetreuung weiter ausgebaut.

Heute gehören fünf Sozialpädagogen, die beiden Mitarbeiterinnen der "Mobilen Jugendarbeit" (MoJa) und der Koordinator für die Ganztagsbetreuung an den Schulen zum Team. "Die Bedürfnisse haben sich total verändert", stellte die heutige Leiterin Ulrike Thalmeier fest. Die Freisingerin war durch einen Studentenjob erstmals in die Neufahrner Einrichtung gekommen und hatte bei den Sommerferienspielen geholfen. "Im Grunde bin ich dann nicht mehr weggekommen", schmunzelt sie.

Nicht mehr so gefragt wie früher ist im JUZ der klassische offene Betrieb, in dem man sich einfach nur trifft. Allerdings kommen viele ältere Jugendliche, darunter viele mit Migrationshintergrund, ins JUZ und bitten um Unterstützung bei schulischen Fragen oder Bewerbungen. Die Kinderfreizeitangebote für Acht- bis Zwölfjährige in Ferien und "unter dem Jahr" gehören weiter zu den Selbstläufern im JUZ. Die Klientel, die nicht direkt ins Haus kommt, kann das JUZ oft mit dem Spieleanhänger erreichen, mit dem das Team zum Beispiel regelmäßig auf dem Bolzplatz im Neufahrner Westen geht.

Momentan überlegt Ulrike Thalmeier mit ihrem Team, wie man die JUZ-Räume im Winter "mit verschiedenen Formen der Betreuung" noch besser nutzen könnte - für Treffen wie für Veranstaltungen. An der technischen Ausstattung fehlt es jedenfalls nicht: Von Disco bis PS4-Fußball-Turnier ist alles möglich, und die "Sperrmüll-Zeiten" sind ohnehin längst vorbei.

Beim "Tag der offenen Tür" können die Besucher die aktuellen Angebote kennenlernen und auch ausprobieren: Auf dem Programm steht zum Beispiel "Speedbasteln", und im Hof wird der Spieleanhänger aufgestellt.]

© SZ vom 12.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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