Freisings Etat:Mit dem Latein am Ende

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Die Stadt will externe Gutachter einschalten, um sich bei der Konsolidierung des Haushalts beraten zu lassen. Eine Lösung zu finden, wie die Verschuldung verringert werden kann, wird nicht leicht sein - die teuren Großprojekte sind alle schon am Laufen

Von Kerstin Vogel, Freising

Dass bereits begonnene Groß-Projekte, dazu gehört auch der Bau der Westtangente, nicht einfach gestoppt werden können, liegt auf der Hand. (Foto: Marco Einfeldt)

Die Stadt Freising will sich zur Konsolidierung ihrer in Schieflage geratenen Finanzen externen Rat holen. Einem einstimmigen Beschluss des Finanzausschusses vom Montag folgend, soll die Verwaltung dazu ein Gutachten vom Bayerischen Kommunalen Prüfungsverband (BKPV) anfordern. Gleichzeitig wird dem Stadtrat einmütig quer durch die Fraktionen empfohlen, dem Entwurf für den Haushalt 2021 zuzustimmen.

Mit dem Auftrag an den BKPV kommt die Stadt Freising möglicherweise der Rechtsaufsicht im Landratsamt zuvor, die den Freisinger Haushalt ebenfalls prüfen muss und ihn schon in besseren Jahren oft kritisch beurteilt hat. Auch die Rechtsaufsicht könnte den Prüfungsverband zusätzlich einschalten.

Tatsächlich hegt zumindest die Freisinger CSU große Zweifel daran, dass der Etatentwurf für das kommende Jahr in seiner aktuellen Form genehmigungsfähig ist, wie Stadtrat Jürgen Mieskes am Montag im Finanzausschuss noch einmal betonte. Sein Vorschlag allerdings, die bislang weitgehend ergebnislos gebliebenen Sparabsichten auf die gut 40 Millionen Euro an Personalkosten zu richten und beispielsweise zu prüfen, ob frei werdende Stellen in der Stadtverwaltung für sechs oder zwölf Monate unbesetzt bleiben könnten, wurde von Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher quasi im selben Atemzug abgeblockt. Schließlich sei der Stellenplan Ausfluss der politischen Entscheidungen im Stadtrat, argumentierte er. Die Verwaltung setze beschlossene Projekte um: "Wenn die Stadträte sagen, wir bauen nichts mehr, dann kann man auch Stellen unbesetzt lassen."

Das aber ist genau das Problem, das die Stadt mit ihren Finanzen gerade hat. Weich gebettet auf den enormen Einnahmen aus Gewerbe- und Einkommensteuer der vergangenen Jahre, nahmen die Stadträtinnen und Stadträte ein millionenschweres Projekt nach dem anderen in Angriff. Ob Asamsanierung, Umsetzung der Innenstadtkonzeption, Bau der Westtangente oder der neuen Schulen im Steinpark: Finanziell schien nichts wirklich ein großes Problem zu sein, zumal auch staatliche Zuschüsse allenthalben sprudelten. Dass nun, wo die Corona-Pandemie auch in Freising enorme Einbrüche bei den Steuereinnahmen verursacht, bereits begonnene Projekte nicht einfach gestoppt werden können, liegt auf der Hand. Was Verpflichtungsermächtigungen sind, hat jeder Freisinger Stadtrat in den vergangenen Jahren gelernt, das sind die Summen, die in der Finanzplanung für die kommenden Jahre für die verschiedenen Projekte unausweichlich gebunden sind. Aktuell sind das noch 81 Millionen Euro, ein "wir bauen nicht mehr" im Sinne eines Baustopps ist da sicher keine Option.

Der Freisinger Verwaltungshaushalt für 2021 ist unterdessen immer noch knapp 129 Millionen Euro schwer, und weil er in sich nicht ausgeglichen werden kann, müssen mittlerweile knapp 9,7 Millionen Euro aus dem Vermögenshaushalt überführt werden. Um die 133,8 Millionen im Vermögenshaushalt für das kommende Jahr wiederum auszugleichen, muss die Stadt ihre allgemeinen Rücklagen in Höhe von 32 Millionen Euro komplett abräumen und zusätzlich fast 39 Millionen Euro an Krediten aufnehmen - der Vollständigkeit halber: plus zehn Millionen für die Eigenbetriebe Stadtwerke und Stadtentwässerung. Der Schuldenberg wird dann bis Ende 2024 auf 262 Millionen Euro anwachsen.

Angesichts dieser enormen, verpflichtenden Summen ist es kein Wunder, dass man bei den Sparbemühungen im Stadtrat nicht recht weiterkommt. Der auch bereits seit Jahren fast reflexhafte Verweis auf die freiwilligen Leistungen, die dann eben zu kürzen seien, erscheint den meisten Stadträten als wenig zielführend, summieren sich die Ausgaben im Haushalt dafür doch auf nicht einmal drei Millionen Euro. Selbst wenn man hier die Hälfte irgendwie streichen würde, was kaum im Interesse der Bürgerinnen und Bürger liegen dürfte, wäre bezogen auf den Gesamthaushalt am Ende kaum etwas erreicht.

Finanzreferentin Monika Schwind (FSM) rettete sich angesichts dieser Problematik am Montag in die Forderung, dann doch bitte anzustreben, "dass die Gewerbesteuer wieder steigt". Man müsse versuchen, neue Gewerbegebiete auszuweisen, um einheimischen Firmen und Handwerkern Platz bieten zu können und passende neue Firmen anzusiedeln, sagte sie. Stadtratskollege Ulrich Vogl (ÖDP) wiederum richtete sein Augenmerk auf die Einkommensteuerzahler, die man in der Stadt halten müsse. "Die dürfen uns nicht verloren gehen, weil sie keine Wohnung oder keinen bezahlbaren Baugrund in Freising finden", appellierte er.

Die aktuellen Sorgen allerdings lassen sich mit beiden Rezepten nicht lösen - und so bleibt dem Stadtrat derzeit vor allem das Prinzip Hoffnung und ein gewisser Fatalismus, wie ihn Oberbürgermeister Eschenbacher zum Ausdruck brachte: "Die Genehmigungsfähigkeit dieses Haushalts werden wir erst feststellen, wenn er genehmigt ist."

Oder wenn dem Kommunalen Prüfungsverband vielleicht etwas einfällt.

© SZ vom 25.11.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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