Aus dem Freisinger Stadtarchiv:Vagabundierendes Gesindel muss draußen bleiben

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Diese Aufnahme aus dem Jahr 1895 zeigt das Ziegeltor von außen. Zu diesem Zeitpunkt wurden die Stadttore schon seit Jahrzehnten nicht mehr bewacht oder geschlossen. Das Ziegeltor ließ der Stadtrat 1898 als letztes der Freisinger Stadttore abreißen. (Foto: Stadtarchiv)

Der Freisinger Stadtrat erließ 1677 Instruktionen, wie die Torwächter ihren Dienst zu versehen hatten. Bettlern und herum ziehenden Handwerksgesellen wurde der Zutritt verwehrt.

Von Florian Notter, Freising

Das historische Freising war - wie die meisten mittelalterlichen Städte - ein umgrenzter, nach außen abgeschotteter Raum. Eine Wehrmauer im Norden mit vorgelagertem Graben und im Osten sowie Süden einzelne Moosacharme markierten mehr oder weniger klar die Stadtgrenze. Bis ins frühe 19. Jahrhundert besaß diese Grenze rechtliche Relevanz - sie machte den Unterschied zwischen "drinnen" und "draußen". Wer innerhalb der Stadt wohnte - sei es mit Bürgerstatus oder lediglich als "Inwohner" -, der konnte sich einigermaßen sicher fühlen und verfügte zudem über deutlich mehr Rechte und Freiheiten als ein Landbewohner.

Um den privilegierten und dadurch auch besonders begehrten Stadtraum zu schützen, wurde der Zugang zur Stadt reglementiert und durchgehend kontrolliert. Diese Kontrolle erfolgte an den fünf Stadttoren: am Veitstor (Ende der Oberen Hauptstraße), am Ziegeltor (Ende der Ziegelgasse), am Murntor (Ende der General-von-Nagel-Straße), am Isartor (Ende der Heiliggeistgasse) sowie am Münchner Tor (Ende der Bahnhofstraße). An jedem dieser Tore beschäftigte die Stadt einen Torwächter, der die zu Fuß oder per Wagen passierenden Personen einschließlich der mitgeführten Güter überwachte. Um den Torwächtern eine einheitliche Norm an die Hand zu geben, wie sie ihren Dienst zu verrichten hatten, erließ der Stadtrat im Januar 1677 einen entsprechenden Instruktionstext, wohl in Zusammenarbeit mit dem fürstbischöflichen Hofrat. Dieser Instruktion dürfte ein älterer Text vorausgegangen sein, der sich aber nicht erhalten hat.

Geregelt wurde, wann die Tore zu den verschiedenen Jahreszeiten zu öffnen und zu schließen waren

Geregelt wurde in der Torwächter-Instruktion unter anderem die Zeit der Torbewachung beziehungsweise der Torsperre. Demnach waren die Stadttore im Sommer von 4.30 Uhr bis 22 Uhr geöffnet. Über die morgendliche Öffnung in den Wintermonaten ist nichts angegeben, vermutlich fand sie etwas später statt als im Sommer; die Abendsperre wurde im Winter bereits um 21 Uhr vorgenommen. Für die damaligen Freisingerinnen und Freisinger hieß das also, dass sie in der Nacht die Stadt weder verlassen noch betreten konnten. Wer von außerhalb nicht rechtzeitig das Tor erreichte, musste sich vor der Stadt einen Schlafplatz suchen.

Dieser Ausschnitt zeigte die erste Seite der Instruktion für Torwächter, die der Stadtrat 1677 (Konzept) erließ. (Foto: Stadtarchiv)

Besonders breiten Raum nahmen in der Instruktion diejenigen Vorschriften ein, die sich mit den Personen und sozialen Gruppen befassten, denen der Zutritt in die Stadt verwehrt bleiben sollte. In erster Linie betraf das Bettler, ferner auch "vagierente Handwerchs Gesöllen" und "anders herrnloßes Gsündl, welche nit umb Dienste oder Arbeit willen herein begehrn", weil sie von den Einwohnern Almosen erbetteln würden. Sofern eintretende Personen, wie etwa Handwerker, Passbriefe bei sich hatten, gestaltete sich der Zugang in der Regel leichter - außer die betreffende Person kam "von inficiert, unnd andern verdechtigen Orthen", sprich: aus Städten, die gerade von einer Seuche heimgesucht wurden. Die Herkunft konnte der Torwächter anhand des Passbriefs erkennen.

Wenn ein Torwächter seine Pflichten nicht korrekt erfüllte, kam er an den Pranger

Wert gelegt wurde schließlich auch darauf, dass die Freisinger Torwächter ein angemessenes Bild von sich abgaben. Sie sollten sich nicht "niderlegen, oder schlaffen, oder vergebens wie die Martersaulen dastehen". Wenn der Fürstbischof oder höhere Hofbeamte das Tor passierten, hatte jeder Wächter seine Hellebarde oder eine andere Waffe zu präsentieren. Bei Nichtbeachtung der einzelnen Vorschriften drohte einem Torwächter die "Spot unnd Schandt Straff", also die Ankettung und Zurschaustellung am Pranger auf dem Marienplatz.

QUELLEN : StadtAFS, A I, Nr. 1 ("Annotationes", 1753), fol. 407r-411r.+Der Autor ist Leiter des Freisinger Stadtarchivs.

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