Freisinger OB-Wahlkampf:Strategisches Bündnis

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OB-Kandidaten schätzen Kirchen als Partner im Abwehrkampf und liebäugeln gleichzeitig mit deren Grundstücken in der Stadt

Kerstin Vogel

Auf dieses "Alleinstellungsmerkmal" von OB Dieter Thalhammer wird sein Nachfolger wohl verzichten müssen: Schließlich habe Thalhammer "einen Freisinger zum Papst gemacht", ließ Moderator Ernest Lang am Freitag bei der Podiumsdiskussion im Asamsaal augenzwinkernd wissen. Dafür durften die sieben Bewerber um das höchste Amt der Stadt an diesem Abend erklären, wie sie sich im Fall eines Wahlerfolges die Zusammenarbeit mit den Kirchen vorstellen. Die katholischen Pfarrgemeinden der Stadt und die evangelische Gemeinde hatten zu der Diskussion gebeten und fanden großes Interesse: Der Asamsaal war voll besetzt. Es gehört zu den Eigenheiten dieses OB-Wahlkampfes, dass sich die Kandidaten in vielen Punkten nicht wirklich voneinander abheben - und es bei Fragestellungen wie diesen auch gar nicht können. Einig war man sich deshalb, dass die bisher gute Zusammenarbeit im Bereich der Kinderbetreuung fortgesetzt werden müsse. Auch wenn es um die wachsende Zahl von Senioren geht, um neue Wohn- und Betreuungsformen, halten alle Kandidaten eine Zusammenarbeit mit den Kirchen für wichtig, nicht zuletzt, weil diesen in Freising auch viele Grundstücke gehören, welche die Stadt für das eine oder andere Projekt brauchen wird. Sebastian Habermeyer (Grüne) regte an, auf Erbpachtgrundstücken der Kirche auch Wohneigentum für junge Familien zu ermöglichen. Daneben lobte er das Engagement der Kirchen im Umweltbereich. Ob es um nachhaltige Ernährung oder umweltgerechte Landwirtschaft gehe, beide Konfessionen hätten hier schon Beschlüsse gefasst und "interessante Aspekte" herausgestellt, so Habermeyer. Tobias Eschenbacher (FSM) unterstrich den kulturpolitischen Aspekt der Kirchen. Die Kirche sei "Identitätsstifter für Freising", sagte er und nannte als Beispiel die "überregionale Strahlwirkung des Diözesanmuseums". Die Zusammenarbeit funktioniere grundsätzlich schon sehr gut, bilanzierte ÖDP-Kandidat Helmut Priller. Er würde gerne ein Projekt "Kirche findet Stadt" in Freising verwirklichen und regte außerdem an, die bevorstehende Fastenzeit anders zu interpretieren. Statt nur auf Alkohol oder Süßigkeiten zu verzichten, würde er ein "Autofasten" oder "Energiefasten" vorschlagen. CSU-Bewerber Rudi Schwaiger führte die ohnehin bereits vorhandenen "vielfachen Verflechtungen" zwischen Kirche und Politik an. Für eine Intensivierung könne er sich vorstellen, dass der künftige Oberbürgermeister an Sitzungen des Dekanatsrats oder des Kreiskatholikenrats teilnehme. SPD-Konkurrentin Eva Bönig nutzte ihre Redezeit für einen Appell: "Christ sein bedeute politisch zu sein", sagte sie und erinnerte in diesem Zusammenhang an den gemeinsamen Kampf von Kirchen und Kommunalpolitikern gegen den Bau einer dritten Startbahn am Münchner Flughafen: Hier spiele die Kirche eine wichtige Rolle, die sie bitte weiter ausüben möge, so Bönig. Daneben seien die Pfarreien ein wichtiger Eckpfeiler im sozialen Gefüge einer Stadt. Provokant gab sich Daniel Wilke, der Kandidat der Linken in Freising. Er sei es leid, ständig Vorschläge machen zu müssen, sagte er. Die Kirchengemeinden sollten nach seinem Verständnis selber Ideen für die Zusammenarbeit entwerfen und vorschlagen, sagte er: "Das ist Politik von unten." Gleichwohl richtete der junge Mann auch einen Dank an die Freisinger Kirchen. Diese hätten zuletzt bei Aufmärschen von Neonazis die Glocken läuten lassen, sagte Wilke: "Ich würde mir wünschen, dass mehr Bürger bei diesen Gelegenheiten Gesicht zeigen." Der Kirche liegt Freising am Herzen, sie hat Herz und Ohr an den Menschen", hielt Benno Zierer, Kandidat der Freien Wähler, fest - und dankte beiden Konfessionen ebenfalls für ihr Engagement gegen den Flughafenausbau. Die Ehrenamtlichen der Kirchen nannte er "den Grundpfeiler der Stadtgemeinschaft". Wo es möglich und bezahlbar sei, sollte die gute Zusammenarbeit zwischen Politik und Kirche noch ausgebaut werden, betont Zierer: "Dieses Geld ist gut angelegt." In der anschließenden Diskussion ging es um die Frage nach ausreichendem Personal für altersgerechtes Wohnen ebenso wie um Studentenwohnheime oder den Stadtbusverkehr. Und Wilhelm Albrecht, einer der Besucher im Asamsaal, war am Ende so beeindruckt von all dem "Detailwissen" der Kandidaten auf dem Podium, dass er anregte, aus den sieben Bewerbern doch einfache eine "kumulierte Bürgermeistergruppe" aufzubauen.

© SZ vom 16.01.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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