Freisinger Festkultur:"Die Unsicherheit ist viel zu groß"

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Anton Frankl ist Festreferent des Freisinger Stadtrats. Derzeit ist er wegen der Pandemie mehr mit Absagen von Festen beschäftigt. (Foto: Sophie Linckersdorff)

Festreferent Anton Frankl überlegt, ob das Freisinger Volksfest trotz Corona in abgespeckter Form stattfinden kann. Eine kurzfristige Absage wäre dann aber "eine Katastrophe". Das Lerchenfelder Stadtteilfest muss wieder ausfallen

Interview Von Johann Kirchberger, Freising

Feste planen und organisieren, das ist die Aufgabe eines Festreferenten im Stadtrat. Weil das Corona-Virus derzeit aber keine großen Veranstaltungen erlaubt, ist Freisings Festreferent Anton Frankl eigentlich arbeitslos, aber nur fast. Beschäftigt sind er und seine Mitstreiter mit der Absage von Festen und mit Überlegungen, in welcher Form das eine oder andere doch noch möglich ist. Und er muss überlegen, wann und wie ein Neustart aussehen kann. Denn ganz wird das Virus nicht mehr weggehen, da ist er sich sicher, "wir werden lernen müssen, mit Corona zu leben".

SZ: Wie steht es denn um das Freisinger Volksfest 2021? Besteht noch Hoffnung, es abhalten zu können?

Anton Frankl: Wir überlegen, ob wir es in irgendeiner abgespeckten Version abhalten können. Aber das ist schwierig. Wir haben zwar momentan gute Inzidenzzahlen, aber das kann sich schnell wieder ändern und eine kurzzeitige Absage wäre eine Katastrophe. Die Organisation erfordert ja einen großen Aufwand und kostet Geld. Im Festzelt nur jeden zweiten Tisch mit vier Leuten zu besetzen, nur Geimpfte, Genesene und Getestete einzulassen, das geht doch nicht. Das wäre dann nicht mehr unser Volksfest. Das ist nicht gemütlich. Es wurde auch schon überlegt, im Zelt alle Seitenplanen wegzulassen, aber das geht nicht aus statischen Gründen, sagt der Wirt. Und nur einen Biergarten aufzubauen, macht uns zu wetterabhängig. Irgendwas vom Volksfest zu retten, das ist ganz schwierig. Eine endgültige Entscheidung steht allerdings noch aus.

Wie sieht es denn mit dem Lerchenfelder Stadtteilfest aus? Muss das auch ausfallen?

Ja, es geht nicht anders. In vier Wochen wäre es eigentlich so weit. Aber auch hier ist die Unsicherheit viel zu groß. Da ist zwar alles im Freien, aber wie viele Leute dürfen sich dann treffen, wie viele dürfen an einem Tisch sitzen? Das ist alles offen. Dabei ist der Aufwand groß, jeder der zehn Vereine muss sein Personal zusammenholen, wir brauchen eine Musik, Versicherungen müssen abgeschlossen werden. Die Standbetreiber brauchen ja auch Sicherheit, die müssen Ware einkaufen. Es reicht uns schon das Wetterrisiko, Regen hat unser Fest ja schon in der Vergangenheit ein paar Mal ausfallen lassen. Im Vorjahr hatten wir bestes Wetter, das wäre ein Riesenfest geworden.

Welche Bedeutung hat das Stadtteilfest denn für die Lerchenfelder?

Eine große, die Vereine stemmen das ja ganz allein und machen alle gerne mit. Reich wird dabei keiner, aber da helfen alle zusammen, um etwas für die Bevölkerung auf die Beine zu stellen. Das haben wir in der Vergangenheit immer recht gut hingebracht. Deshalb ist das Stadtteilfest in Lerchenfeld ja auch das einzige, das es noch gibt.

Von einigen Lerchenfeldern wird beklagt, dass es immer das gleiche Fest ist. Hat man schon mal über Neuerungen nachgedacht?

Natürlich überlegen wir immer wieder, was wir noch zusätzlich machen können, aber unsere Möglichkeiten sind begrenzt. Vor einigen Jahren haben wir eine Bar im Innenhof der Kirche eingerichtet, wo sich die Leute nach Festende noch treffen können. Das wird ganz gut angenommen und hilft, dass die Tische und Bänke auf dem eigentlichen Festplatz schneller frei gemacht werden. Es muss ja alles wieder aufgeräumt werden.

Es fällt auf, dass sich die Feuerwehrjugend besonders aktiv bei der Abwicklung der Aufgaben beteiligt. Warum ist das so?

Warum weiß ich nicht. Aber ich bin total glücklich, dass sich unsere jungen Leute so engagieren und die traditionellen Werte wieder gelebt werden. Auch beim Maibaumaufstellen, so lange man das noch durfte, sind unsere Burschen und Mädels mit Feuereifer dabei.

Was stört Sie in diesen Corona-Zeiten am meisten?

Dass man sich nicht mehr sieht. Nur in kleinen Gruppen zu üben, das kann die sonst übliche Kameradschaft nicht ersetzen. Aber das ist ja in den Sportvereinen nicht anders. Gleiches gilt für die Schulen, wenn die nicht regelmäßig geöffnet sind, dann ist das grausam für die Kinder. Alles was schön ist, was das Leben ausmacht, fällt derzeit aus. Es ist furchtbar.

Wie kann man zu einem regulären Betrieb zurückkehren?

Alle verantwortlichen Leute müssen zusammenhalten. Wir müssen uns jetzt schon überlegen, wie wir den Motor wieder zum Laufen bringen. Wie sehr sich die Gesellschaft durch Corona verändert, weiß ich nicht, aber es wird sich was ändern. Ich glaube nicht, dass alles wieder so wird wie früher, es wird irgendwie anders sein.

Wie steht es um die Städtepartnerschaften?

Auch da ist es schwierig, weil unsere Partnerstädte ja auch alles absagen. Mit Arpajon sollte heuer eigentlich das 30-jährige Bestehen der Partnerschaft gefeiert werden, geht nicht. Jetzt hoffe ich darauf, dass wenigstens beim Korbiniansfest im Herbst die Infektionszahlen so niedrig sind, dass unsere Partner anreisen können. Das Bedürfnis ist auf allen Seiten da, sich wieder einmal zu treffen, aber alle haben die gleichen Probleme. Der Austausch von Schulklassen entfällt seit fast zwei Jahren völlig, dabei wäre gerade der enorm wichtig. Das gemeinsame Europa, von dem immer die Rede ist, das wird nicht allein durch die große Politik geschaffen, das entsteht in erster Linie durch die Kontakte zwischen den Menschen.

© SZ vom 31.05.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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