Wenn Weihnachten kein Feiertag ist:"Das sind wir nicht anders gewöhnt"

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Während die meisten Familien an den Weihnachtstagen zuhause feiern, müssen Rettungskräfte sowie Beschäftigte in Gastronomie und Hotellerie häufig arbeiten. Die wenigsten hadern damit.

Von Tobias Meindl, Francesca Polistina und Nadja Tausche

Viele sitzen vor dem Christbaum, packen Geschenke aus und freuen sich über die Familie, die endlich mal wieder zusammengekommen ist. Aber diese Rituale sind an Heiligabend und den Weihnachtsfeiertagen längst nicht für alle Realität. Manche sitzen oder stehen am Arbeitsplatz, kümmern sich um Patienten, um Kunden, sorgen für regulären Betrieb auf Straßen und Schienen. Weihnachten verbringen sie mit den Kollegen oder mit Unbekannten, manchmal auch alleine. In vielen Berufen sind Menschen daran gewöhnt, die Feiertage opfern zu müssen. Wie feiern sie Weihnachten? Und wie gehen sie und ihre Familien damit um?

Der Rezeptionist

In der Tourismusbranche trifft es jeden mal mit dem Feiertagsdienst, so auch Rezeptionist Henry Ramsperger. (Foto: Marco Einfeldt)

Wer in der Tourismusbranche arbeitet, der weiß: Früher oder später muss man mit dem Dienst an Feiertagen rechnen - insbesondere wenn man in der Nähe von Deutschlands zweitgrößtem Flughafen arbeitet. Im Soller Business Hotel in Hallbergmoos empfängt an Heiligabend Rezeptionist Henry Ramsperger die Gäste. Die Spätschicht fängt normalerweise um 14.30 Uhr an, "aber ich habe vereinbart, dass ich ein bisschen später komme, weil ich mit meiner Familie zur Mittagszeit feiere", erzählt der 26-Jährige. "Oma und Opa wollen nicht lange feiern, deshalb haben wir uns zu Mittag verabredet und gehen in die Stadt essen." Danach wird es für Ramsperger ein normaler Arbeitstag: Er wird sich um die Kunden und ihre Anliegen kümmern, ein ruhiger Heiligabend mit wenig Betrieb steht bevor. Zumal er der einzige Mitarbeiter im Hotel ist, da das Restaurant geschlossen hat. Ob er nach dem Ende der Schicht um 23 Uhr noch mit Freunden ausgeht? "Nein, denn am Tag danach arbeite ich schon wieder." Am 26. Dezember ist aber eine Feier mit der ganzen Familie angesagt.

Die Paketzustellerin

Für sie ist die Weihnachtszeit Hochsaison: Paketzustellerin Kathi Mais. (Foto: Marco Einfeldt)

Für Kathi Mais, Zustellerin bei der Deutschen Post in Freising, ist der 24. Dezember recht hektisch: Die letzten Pakete sollen ihre Empfänger erreichen, und zwar unbedingt vor Weihnachten. "Bei uns geht's schon Anfang Dezember los", erzählt die 30-Jährige. Die Arbeit sei in der Adventszeit zum Teil "grenzwertig", trotzdem bereite ihr das Freude. "Es ist ein sehr schönes Gefühl zu wissen, dass viele Pakete unter dem Weihnachtsbaum liegen werden und dass viele Kinder damit glücklich sein werden", sagt die Post-Mitarbeiterin. Auch die Überraschung, mit der die Pakete empfangen werden, sei eine Belohnung für den stressigen Arbeitstag. Ihre Schicht endet gegen 14 Uhr, danach wird mit den Kollegen bei Kaffee und Plätzchen gefeiert - "um sich frohe Weihnachten zu wünschen und sich über die intensiven Arbeitswochen auszutauschen". Dann ist Gott sei Dank Ruhe angesagt, zumindest für ein paar Tage. Denn "im Januar geht's schon wieder los": Gutscheine werden eingelöst, Waren reklamiert, das Geld von Weihnachten direkt in Bestellungen investiert.

Der Koch

"Aus wirtschaftlicher Sicht wäre es schade, an Weihnachten nicht zu öffnen", sagt Florian Vogel, Küchenchef im michelinsterngekrönten Restaurant Camers in Hohenkammer. Eigentlich bleibt das Schlossrestaurant in der Zeit um Weihnachten fünf Wochen lang geschlossen, am ersten und zweiten Weihnachtsfeiertag macht man für die Mittagszeit aber eine Ausnahme. Das Menü habe er dabei passend zum Anlass kreiert, so Vogel: Im Hauptgang lockt gratinierter Wildhasenrücken mit Rotkohl, Rosenkohl und eingelegter Ananas, dazu Szechuan-Pfeffer. In das Vier-Gänge-Menü eingearbeitet hat die Küche auch einige ungewöhnliche Zutaten, schwarze Walnüsse etwa oder im Dessert ein Portwein-Buttereis. Würde er zum Beispiel etwas Asiatisches anbieten, das wäre in Bayern schon schwierig, glaubt der Koch.

Dass er über die Weihnachtsfeiertage arbeiten muss, das mache ihm persönlich nichts aus, sagt Vogel. Seine Familie reise schon einige Tage früher an, da sei man flexibel: "Die familiäre Zeit muss ja nicht zwingend an den Feiertagen geschehen." Und im Schlossrestaurant, fügt er hinzu, "da sind wir es auch alle nicht anders gewöhnt".

Die Rettungsassistentin

"Man kann sich ein schöneres Weihnachten vorstellen als bei der Arbeit", sagt Rettungsassistentin Luisa Kaufmann. (Foto: Privat)

Wenn jemand an Heiligabend einen Rettungswagen benötigen sollte, dann könnte er von Luisa Kaufmann betreut werden. Die Rettungsassistentin hat von 19 Uhr an Dienst: Sie wartet in der Zentrale des Freisinger Roten Kreuzes und hofft auf einen ruhigen Abend. "Wir erwarten ein bisschen weniger als sonst, aber ganz sicher kann man das nie voraussagen", sagt die 28-Jährige, die als Rettungsassistentin für die Notfallversorgung im Rettungswagen verantwortlich ist. Insgesamt zu fünft sind sie in der Zentrale an Heiligabend, gemeinsam wollen sie zu Abend essen - Pizza aus selbstgemachtem Teig vielleicht. Es ist nicht das erste Mal, dass Kaufmann an Heiligabend arbeitet. "Klar, man kann sich ein schöneres Weihnachten vorstellen als bei der Arbeit, aber ich finde es wichtig, dass Kollegen, die Kinder haben, zuhause feiern können", sagt sie. Mit ihrer Familie hat sie sich bei Kaffee und Plätzchen vor Schichtbeginn verabredet.

Die Feuerwehr

Mitarbeiter der Feuerwehr haben rund um die Uhr und 365 Tage im Jahr Dienst. "Es ist ein Tag wie jeder andere, was den Einsatz betrifft. Wenn die Feuerwehr benötigt wird, sind wir da", sagt Florian Wöhrl, Pressesprecher der Freisinger Feuerwehr, über den Weihnachtstag. Im Landkreis Freising können alle Helfer den Tag zu Hause bei ihren Familien verbringen und müssen nicht in der Feuerwache sitzen. Wenn sich jedoch der sogenannte Funkmeldeempfänger meldet, den jeder der Einsatzkräfte bei sich trägt, zählt jede Sekunde und alle von der Leitstelle alarmierten Kräfte sind dann verpflichtet, umgehend zum Einsatz auszurücken.

© SZ vom 24.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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