Freising:Schadensbegrenzung

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Die Arbeitsgemeinschaft Schwarzwild tagt erstmals öffentlich - sie will wissen, ob es eine "Wildschwein-Plage" gibt

Von PETER BECKER, Freising

"Vor 45 Jahren war ein Wildschwein bei uns ein exotisches Tier", sagt Walter Bott, Vorsitzender des Freisinger Jagdschutz- und Jägervereins. Mittlerweile hat sich das geändert. Die Schwarzkittel haben sich im Landkreis kräftig vermehrt. Früher sei vielleicht mal eine Sau pro Jahr geschossen worden, zitiert Bott aus der Statistik. 365 erlegte Exemplare meldet Michael Dinauer von der Unteren Jagdbehörde im Landratsamt für die Saison 2004/2005. Zehn Jahre später hat sich die Abschussquote fast verdreifacht. 1013 Wildschweine sind 2014/15 erlegt worden. Die Arbeitsgemeinschaft Schwarzwild nimmt dies zum Anlass, an diesem Mittwoch, 10. Juni, von 19 Uhr an im Gasthaus Hörhammer in Zolling über Schäden, welche die Schwarzkittel auf landwirtschaftlichen Flächen anrichten, zu diskutieren.

Die Arbeitsgemeinschaft hatte sich 2009 gegründet. Ihr gehören beispielsweise Mitarbeiter der Unteren Jagdbehörde, des Amts für Landwirtschaft und Forsten in Erding sowie Landwirte, Jäger und Vertreter der Hegegemeinschaften an. Davon gibt es acht im Landkreis, die jeweils bis zu 20 Reviere umfassen. Nachdem sich die Arbeitsgemeinschaft in den vergangenen Jahren im engeren Kreis ausgetauscht hat, sucht sie jetzt das Gespräch mit Betroffenen, um festzustellen, ob es im Landkreis überhaupt eine "Wildschwein-Plage" gibt. "Wenn keiner kommt, bin ich zufrieden", sagt Dinauer. Denn dann weiß er, dass es im Landkreis keine Probleme mit den Sauen gibt. "Werden wir dagegen überrannt, dann ist es auch gut", meint Dinauer pragmatisch. Denn dann hat die Arbeitsgemeinschaft mit ihrem Angebot ins Schwarze getroffen.

Gerhard Stock, Geschäftsführer des Bayerischen Bauernverbands auf Kreisebene, weiß von Schäden, welche Wildschweine auf landwirtschaftlichen Nutzflächen angerichtet haben. Etwa, dass sie auf Suche nach Fressbarem Wiesen durchwühlt haben. "Oder Weizenfelder, nachdem im Jahr zuvor dort Mais angebaut wurde", ergänzt Stock. Die schlauen Sauen haben nämlich ein gutes Gedächtnis und suchen dort nach übrig gebliebenen Kolben. Die Stellen, an denen die Wildschweine den Boden durchwühlt haben, stellen ein Gefahrenpotenzial für Landwirte dar, wenn diese mit ihren Traktoren über die Furchen fahren.

Bott glaubt, dass bei den Bauern der "gefühlte Schaden" meist größer ist als der tatsächliche. Kein Landwirt ist über Ernteschäden begeistert. Der Vorsitzende des Freisinger Jagdschutz- und Jägervereins und auch Dinauer von der Unteren Jagdbehörde berichten, dass es bei der Schadensregulierung ihres Wissens nach keine Probleme gibt.

Michael Dinauer weiß, dass Jäger erzürnte Bauern mit Naturalien, sprich einem Stück erlegtem Wild, entschädigen. Natürlich fließt auch Geld. "Der Jäger muss den Schaden bezahlen", versichert er. Entweder zu hundert Prozent oder aber über einen gedeckelten Betrag. In strittigen Fällen kann die Gemeinde vermitteln. Hilft alles nichts, dann können die beteiligten Parteien einen Schätzer zu Rate ziehen. Dieser ermittelt anhand einer Tabelle den Ernteausfall sowohl beim Getreide als auch beim Stroh. Dabei werden die Marktpreise vom vergangenen Jahr zugrunde gelegt. Bott appelliert beim Thema Ernteschäden an den Zusammenhalt zwischen Jägern und Bauern. Letztere sollten etwa in ihren Maisfeldern Schießschneisen einrichten. Die können etwa aus Klee bestehen. Jäger können sich dort auf die Lauer legen und so die eine oder andere Sau erlegen, die sich sonst tief im Maisfeld verborgen hätte.

Die meisten Wildschweine gibt es in den beiden Hegegemeinschaften Hohenkammer und Kirchdorf. Darauf lassen laut Dinauer die Strecken der erlegten Tiere schließen. Angst, einem Wildschwein über den Weg zu laufen, braucht - bis auf Autofahrer - dennoch niemand haben. Die Tiere sind sehr scheu und ziehen sich vor dem Menschen zurück. Selbst eine Bache, die ihre Frischlinge schützen wolle, begnüge sich mit Scheinattacken, versichert Walter Bott.

© SZ vom 10.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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