Prozess:Konto von dementem Ehepaar geplündert

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Schöffengericht verurteilt den Angeklagten, der 18 500 Euro ergaunerte, zu zwei Jahren und sechs Monaten Gefängnis

Von Peter Becker, Freising/Moosburg

Um 18 500 Euro hat ein Moosburger im vergangenen Jahr ein dementes Ehepaar erleichtert. Selbst finanziell klamm, erschloss er sich mittels Abhebungen von deren Konto eine profitable Geldquelle. Die Beträge zwischen 500 und 1000 Euro pro Vorgang nutzte der Mann unter anderem, um seine Miete zu zahlen. Dieser Ansicht ist jedenfalls das Schöffengericht unter dem Vorsitzenden Richter Manfred Kastlmeier. Es verurteilte den Beschuldigten am Freisinger Amtsgericht wegen gewerbsmäßigen Computerbetrugs zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten. Außerdem muss er das Geld zurückzahlen.

Wie der Angeklagte in den Besitz einer EC-Karte des Ehepaars samt Geheimzahl gekommen ist, das ist bis heute nicht geklärt. Fest steht nur, dass der Beschuldigte binnen weniger Monate im vergangenen Jahr von verschiedenen Bankfiliale in der näheren Umgebung Geld abgehoben hat. Solange, bis das Konto leer geplündert war. Der Moosburger beharrt darauf, dass er von dem Ehepaar den Auftrag gehabt hätte, das Guthaben aufzulösen. Ein Grund dafür soll gewesen sein, dass insbesondere die Frau ihrem Betreuer nicht über den Weg traute. Das Geld will der Moosburger dem Ehepaar ausgehändigt haben. Es ist bis heute nicht geklärt, wo es abgeblieben ist. In seinem letzten Wort erklärte der Beschuldigte, dass er die Abhebungen zwar vorgenommen habe, sich aber keiner Schuld bewusst sei. "Ich fühle mich nicht so, dass ich etwas falsch gemacht hätte. Ich wollte nur helfen", erklärte er.

Nun ist es tatsächlich so, dass der Beschuldigte als Nachbar in einem gewissen Vertrauensverhältnis zu dem Ehepaar stand. Beispielsweise erledigte er anstrengende Arbeiten, wie etwa Rasenmähen. Offenbar besaß er auch einen Hausschlüssel. Ob das Vertrauen aber so weit ging, dass er Geldangelegenheiten für das Ehepaar erledigen durfte, daran bestehen Zweifel. Ein Angestellter der Moosburger Sparkasse sagte als Zeuge aus, dass der Beschuldigte keine Vollmacht über das Konto des Ehepaares gehabt habe. Diese hätte schriftlich vorliegen müssen. Er erinnerte sich allerdings daran, dass der Beschuldigte bei Gesprächen mit den Betrogenen anwesend war. Unter anderem war es darum gegangen, dass diese ihr Geld im Tresor des Nachbarn hinterlegen wollten. Eine Auszahlung wurde jedoch seitens der Bank verweigert.

Das Ehepaar selbst reagierte bei der Polizei empört auf den Vorhalt, es habe dem Beschuldigten eine Vollmacht erteilt. Aufgrund der Erkrankung ist es allerdings schwierig, ihre Aussage zu beurteilen.

Richter Kastlmeier stellte fest, dass es sich bei dem Verfahren um einen Indizienprozess handele. Jedes Puzzleteil müsse zusammengefügt werden, bis sich ein Gesamtbild ergebe. Dazu gehört für ihn, dass der Beschuldigte seit April des vergangenen Jahres arbeitslos gewesen sei. Weil er selbst gekündigt hatte, war er "gesperrt", bezog kein Arbeitslosengeld. Die finanzielle Konsequenz daraus. "Ihm stand das Wasser bis zum Hals, er konnte seine Miete nicht mehr bezahlen", sagte der Richter. Und just zu dem Zeitpunkt, als die Abhebungen vom Konto des Ehepaars geschahen, erfolgten Barzahlungen auf das seiner Vermieter. Für das Schöffengericht bestand deshalb kein Zweifel daran, dass sich der Beschuldigte in dem dementen Ehepaar eine lukrative Geldquelle erschlossen hatte.

Für das Urteil war das umfangreiche Vorstrafenregister des Angeklagten mit ausschlaggebend. Darunter fand sich eine einschlägige Verurteilung wegen Betrugs. Außerdem fährt der Beschuldigte notorisch ohne Führerschein mit Autos herum. Ein Umstand, der ihm wohl ein baldiges Wiedersehen mit Richter Kastlmeier bescheren wird.

© SZ vom 19.06.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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