Freising:Molkerei Weihenstephan strebt nach oben

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Die Molkerei plant am Ortseingang 34 Meter hohe Gewerbebauten. Nur eines der geplanten Bauprojekte. Der Gestaltungsbeirat schlägt Alarm.

Sabina Dannoura

Ein einladend gestalteter Stadteingang im Süden oder weniger ansehnliche Gewerbebauten, die Arbeitsplätze bieten und es möglicherweise in der Stadtkasse klingeln lassen: In Freising stellt sich in den nächsten Monaten die Grundsatzfrage. Beim beabsichtigten Bau einer 13 Meter hohen Logistikhalle neben den renovierten Schlüter-Hallen zeichnet sich bereits ab, dass gestalterische Anforderungen zurückstehen müssen. Nun will auch die benachbarte Molkerei hoch hinaus: Der Müller-Konzern möchte den Betrieb mit Logistikhalle und Hochregallager erweitern - Wunschhöhe 34 Meter.

Nach den Wünschen der Molkerei soll der Uhrenturm des Schlüsterguts neue Nachbarn bekommen. Geplant sind eine Logistikhalle und ein Hochregallager, beides 34 Meter hoch. (Foto: Marco Einfeldt)

Jahrelang haben die baufälligen und zum Teil eingestürzten Hallen des früheren Traktorenwerks Schlüter vor den Toren Freisings ein unvorteilhaftes Bild abgegeben. Um so größer die Freude, als ein Investor gefunden wurde, der sich des Industriedenkmals annahm, es sorgsam restaurierte und mit Geschäften wiederbelebte. Dann im Dezember 2009, keine drei Wochen nach Eröffnung des Einkaufszentrums, wurden die Pläne des Elektro-Fachgroßhändlers Hartl bekannt: Südlich der Schlüter-Hallen soll, senkrecht zur Bahnlinie, eine 172 Meter lange, 50 Meter breite und 13 Meter hohe Logistikhalle entstehen.

Der Gestaltungsbeirat reagierte entsetzt: Die nun schönste Stadteinfahrt Freisings werde "verwässert", weil der Gewerbebau die gelungen renovierten Schlüter-Hallen verdecke. Doch die Stadträte setzten sich über die Bedenken hinweg und machten den Weg für die Änderung des Bebauungsplans "Isarauenpark Freising-Süd" frei: um einen heimischen Betrieb, Steuerzahler und Arbeitgeber am Standort Freising zu halten.

Nun steht das nächste Großprojekt im Raum: Die Molkerei Weihenstephan will expandieren. Stadtbaumeister Gerald Baumann unterrichtete am Mittwoch im Planungsausschuss von den Absichten des Konzerns. So seien im Südwesten des Betriebs eine Logistikhalle und ein Hochregallager beantragt. Anhand von Fotomontagen zeigte Baumann die möglichen Auswirkungen der Neubauten, für die sich die Molkerei Bauhöhen von 26, 30 oder 34 Meter vorstelle - am liebsten selbstverständlich 34 Meter, schilderte der Chef des Planungsamts.

Die bislang erlaubte Gebäudehöhe liegt bei maximal 14 Metern und damit unterhalb der Baumkronen. Von München auf der Bundesstraße 11 kommend, ist heute der in die Molkerei integrierte Glockenturm der früheren Schlüter-Villa prägendes und einzig sichtbares Element der Produktionsstätte.

Nicht zum ersten Mal verfolgt der Müller-Konzern gigantische Pläne: Im Jahr 2004 lag im Rathaus ein Antrag vor, der einen vierstöckigen Verwaltungsbau mit Parkdeck, eine Aufstockung des Tanklagers von 14 auf 32 Meter und ebenso die Aufstockung des Hochregallagers von 14 auf 32 Meter umfasste.

Als Schmerzgrenze formulierten die Stadträte seinerzeit eine Bauhöhe von etwa 25 Metern, was den Ausmaßen des Uhrenturms entspricht. Auf dieses Volumen war die Molkerei schließlich bereit, sich zu beschränken. Für die Politiker wog damals das wirtschaftliche Interesse der Firma höher als die Belange des Stadt- und Landschaftsbildes. Die Molkerei legte ihre Erweiterungspläne jedoch 2005 wieder ad acta.

Jetzt greift der Müller-Konzern einen Teil dieses Vorhabens wieder auf - und stellt die Stadt abermals vor die Gewissensfrage. Dass die Verantwortlichen angesichts herber Einbußen bei der Gewerbesteuer das Projekt heute strenger beurteilen als 2004 erscheint, auch mit Blick auf die Zugeständnisse beim Bauvorhaben Hartl, unwahrscheinlich.

Das kleinste Problem für die Stadt dürfte dabei sein, dass der Produktionsstandort noch als "Sondergebiet Forschung und Lehre" eingestuft ist - aus der Zeit, als die Molkerei Weihenstephan noch dem Freistaat gehörte; korrekt wäre wohl eine Widmung als "Sondergebiet Molkerei" oder, allgemeiner, als Gewerbegebiet.

© SZ vom 11.06.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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