Freising:Mit Pfeil und Bogen durch die Natur

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Ein bisschen erinnert Michael Winkler an Robin Hood, angetan mit Arm- und Fingerschutz und dem Köcher, wenn er im Wald unterwegs ist. (Foto: Marco Einfeldt)

Michael Winkler schießt nicht auf bunte Scheiben sondern auf Tiere aus Gummi oder Strohsäcke. In Parcours müssen Stationen durchlaufen werden, an denen Treffer in sogenannten "Kill-Bereichen" Punkte bringen

Von Alexandra Vettori, Freising

Ganz still wird es, als sich Bogen und Pfeil in die Luft heben, der Blick des Schützen fixiert das Ziel, die Sehne schnellt vorwärts, der Pfeil schießt davon und bohrt sich in das Wildschwein. So archaisch der Jäger mit seinem Langbogen auch wirkt, es ist kein blutiges Schauspiel, das sich hier an einem Weiher in der Nähe von Freising abspielt. Das Schwein ist aus Gummi, ebenso wie das Stinktier und der Hase, die auf den nächsten Schuss warten.

Ein bisschen erinnert Michael Winkler trotzdem an Robin Hood, angetan mit ledernem Arm- und Fingerschutz, dem Köcher am Gürtel, aus dem die Pfeilenden ragen. Fast sein halbes Leben beschäftigt sich der 54-jährige Freisinger mit Bogenschießen, irgendwann ist er zum traditionellen Stil mit dem Langbogen gekommen. Nur auf bunte Scheiben im Schießstand zu zielen, das war nicht Seins. Lieber streift er durch die Natur, und sucht sich markante Äste, hängt einen Strohsack auf - oder nimmt Gummitiere. 3-D-Bogenschießen nennt sich das, ein Sport, der immer mehr Anhänger gewinnt. Vor allem in Österreich gibt es zahlreiche Parcours, auf denen die Gummitiere verteilt sind, es gibt Wettkämpfe und Meisterschaften.

Irgendwann, abends am Lagerfeuer, erzählt Michael Winkler, sei die Idee geboren worden, die Faszination des "instinktiven Bogenschießens", wie er es nennt, unter die Leute zu bringen. 2007 gründete er mit Susanne Hoffmann, einer Gleichgesinnten, "Bogenschießen und Natur" und bot fortan Kurse an. Zuerst war man im Naturgarten Schönegge bei Nandlstadt, dann legten die Naturbogenschützen einen eigenen Parcours in Freising in der Nähe des Biergartens Plantage ab, bis vor zwei Jahren dort Schluss war.

Kurse gibt Michael Winkler immer noch, allerdings für den Einstieg in einer Anlage in Dietersheim und dann natürlich auf verschiedenen Parcours. Der nächste ist bei Landshut. Das Prinzip ähnelt dem beim Golfen, die Sportler wandern einen Weg entlang und haben verschiedene Stationen zu absolvieren.

Ziel ist es, den "Kill-Bereich" beim Gummitier zu treffen, dort gibt es die meisten Punkte, vor allem für den Spot, einen Kreis von fünf Zentimetern Durchmesser, den "Innenkill" oder eben den "Außenkill". Es gibt noch eine weitere Parallele zum Golf, erzählt Winkler, "ein Teil ist Technik, aber der Rest ist Kopf oder Geist". Damit der Pfeil im Innenkill landet, muss der Schütze zuerst in die volle Konzentration gehen, "die Sinne zum Ziel fliegen lassen", nennt Michael Winkler das. Eine Visualisierungsübung, die gute Bogenschützen auch ohne Pfeil ausführen. "Ich schaue was an und will es treffen, das muss im Unterbewusstsein verankert sein", erklärt er das Prinzip. Sei er im Zustand der Konzentration, dann nehme er nichts anderes ringsum mehr war, nur er, der Pfeil und das Ziel existieren dann noch.

Dass Bogenschießen, vor allem das in der Natur immer beliebter wird, kann er nur gutheißen. Allerdings gehöre dazu auch eine gewisse Einstellung. "Das fängt schon damit an, dass Raucher ihre Kippen mitnehmen, wenn sie auf dem Parcours eine Zigarettenpause einlegen, das gleiche gilt für den Müll", sagt er. Selbstverständlich sei auch der Schuss auf echtes Wild tabu oder an Wegen, wo Spaziergänger gefährdet werden könnten. Bei den Pfeilen handelt es sich nicht um Spielzeug, ihre Spitzen sind aus Metall. Für Michael Winkler ist Bogenschießen mehr als ein Sport, es ist eine Lebenseinstellung geworden. "Man kann so unheimlich viel für das Leben lernen. Zum Beispiel, dass es umso schwieriger wird, je mehr ich will, zumindest, wenn ich es mit dem Brecheisen durchsetzen will."

© SZ vom 18.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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