MINT-Unterricht an Schulen:Warum an Naturwissenschaften interessierte Jugendliche keine Nerds sein müssen

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Kursleiter Matthias Apel diskutiert am Begabungsstützpunkt Domgymnasium mit Teilnehmenden über Supercomputer. (Foto: Marco Einfeldt)

"MINT" steht für die Schulfächer Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik. Schulen im Landkreis Freising fördern das Interesse in Begabungsstützpunkten. Das Hofmiller-Gymnasium trägt sogar das Prädikat "Excellent". Schüler erklären, was sie an naturwissenschaftlichen Disziplinen so begeistert.

Von Sofia Wiedemann Gonçalves, Freising

"MINT" ist eine Abkürzung und steht für die Schulfächer Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik - Disziplinen sowie Bereiche, denen man nachsagt, "Zukunft zu schaffen". Das Problem: Es gibt immer weniger Beschäftigte und Studierende in diesen Fachgebieten. Laut den Zahlen des Statistischen Bundesamts Destatis wählten im Jahr 2021 etwa 307.000 Studierende im ersten Fachsemester ein MINT-Fach. Das waren 6,5 Prozent weniger als im Jahr zuvor. Die meisten Bildungseinrichtungen haben es sich daher zum Ziel gesetzt, diesen Bereich besonders zu fördern. Aufgabe ist es, dass so viele Schüler wie möglich MINT-Berufe als interessante, aber auch realistische Option für sich entdecken. Wie MINT-Förderung aussehen und umgesetzt werden kann, zeigen die zertifizierten MINT-freundlichen und MINT-EC Schulen in Freising. Das "EC" steht hierbei für "Excellence".

Was für Voraussetzungen eine Schule erfüllen muss, um als MINT-freundlich zertifiziert zu werden, erklärt der zuständige Beauftragte des Domgymnasiums, Matthias Apel: "Man muss überhaupt ein spezielles MINT-Angebot haben. Seien es Wahlkurse oder Begabungsstützpunkte. Es gibt über zehn Kriterien, wie zum Beispiel die besondere Förderung von Mädchen oder die Zusammenarbeit mit externen Partnern in diesem Bereich, und die müssen natürlich erfüllt sein."

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Das Domgymnasium, das neben anderen Gymnasien in Freising wie dem Camerloher Gymnasium regelmäßig als MINT-freundlich ausgezeichnet wird, bietet unter anderem naturwissenschaftliche Begabungsstützpunkte an. Schülerinnen und Schüler aus dem Landkreis mit besonderer Begabung oder Interesse in diesem Bereich können sich für das Programm bewerben. Jeden Freitagnachmittag treffen sich diese Schülerinnen und Schüler und vertiefen sich in die unterschiedlichsten Themen wie Supercomputer und Programmiersprachen. "Das ist nicht selbstverständlich und muss gelobt werden", betont Apel.

Für das Domgymnasium, das eigentlich einen humanistischen Schwerpunkt hat, ist es bei der Aufgabe der MINT-Förderung besonders wichtig, nicht in eine "blinde Technikverliebtheit" zu verfallen, sondern den Schülerinnen und Schülern einen interdisziplinären Blick auf die Themen zu ermöglichen. So waren die gesellschaftliche Sicht und ethische Fragen auf und zur Künstlichen Intelligenz (KI) ein großes Thema im Begabungsstützpunkt im vergangenen Jahr.

Vorbilder für junge Menschen zu schaffen, sei ebenfalls ein wichtiges Anliegen, erklärt Apel. Das wird beim Blick in den Informatikraum, in dem der Begabungsstützpunkt stattfindet, sofort klar: Von Ada Lovelace über Grace Hopper bis hin zu Steve Jobs hängen mehrere Porträts samt Biografien der größten MINT-Ikonen an den Wänden. Warum das so wichtig ist, erklärt Apel so: "Die beste Werbung für MINT ist es, wenn man als Lehrerin oder Lehrer selbst Spaß daran hat. Das spüren die Schüler sofort! Man muss einfach vorleben, wie MINT auch cool sein kann."

Anastasia Lah, Elisabeth Bund, Leo Eichner und Kiara Nke Mengue vom Hofmiller-Gymnasium fühlen sich nicht als Streber oder Außenseiter. (Foto: Marco Einfeldt)

Das Josef-Hofmiller Gymnasium (JoHo), ein naturwissenschaftlich orientiertes Gymnasium, hat sogar die Qualifikationsstufe "MINT EC (MINT Excellence)" erreicht. Für diese Stufe müssen die Schulen im Vergleich zu den MINT-freundlichen Schulen generell noch eine Schippe drauflegen. "Es müssen noch mehr Wahlkurse und Wettbewerbe angeboten werden, der Unterricht muss konsequent von Fachlehrern ausgeführt werden", erklärt Sabine Seibold, die am JoHo für MINT zuständig ist.

Entscheidend ist das Angebot, das der bundesweite Verein "MINT-Zukunft" diesen EC-zertifizierten Schulen macht. Von exklusiven Wettbewerben bis hin zu Mentoring-Programmen - die Crème de la Crème des MINT-Universums. Ein Beispiel sind etwa die themenspezifischen Camps, für die sich Schülerinnen und Schüler vom Hofmiller-Gymnasium bewerben können. Dabei handelt es sich um mehrtägige Forschungsveranstaltungen in Kooperation mit Schulen, Hochschulen, Forschungseinrichtungen und Unternehmen, bei denen Schüler praktische Erfahrungen zu den unterschiedlichsten Themen sammeln können. Für die Schüler ein ganz besonderes Erlebnis, so Seibold: "Man trifft Schüler, die genau so sind wie man selbst. Wenn man sich vorher als Streber oder Außenseiter gefühlt hat, merkt man, dass man gar kein Außenseiter ist und diese Welt eigentlich ganz cool ist. Sie kommen zurück und brennen für das Thema."

Wie die Schüler die MINT-Förderung wahrnehmen, zeigen Gespräche mit einigen Schülern:

Was gefällt Dir an MINT am besten?

Ein Ergebnis fühlt sich wie eine Belohnung an, findet Anastasia Lah. (Foto: Marco Einfeldt)

"Das Knobeln ist auf jeden Fall mein Lieblingsteil. Man arbeitet, man bekommt ein Ergebnis und es fühlt sich wie eine Belohnung an. Es macht eben einfach Spaß", sagt Anastasia Lah. Sie ist Schülerin aus der siebten Klasse ist Schülerin am JoHo und nimmt schon seit der fünften Klasse am Mathematik Plus Wahlkurs teil.

Warum sind MINT-Fächer Deiner Meinung nach so wichtig?

"Als Erstes, man kann es überall benutzen und macht einfach super viel Spaß. Und zweitens, weil wir in einer Welt leben, in der immer mehr Technologien weiterentwickelt werden, und uns diesen Zweig schon früh nahezubringen, bereitet uns einfach auf die Realität da draußen vor. Man bekommt eben einen Einblick: Was kann ich machen, was wird gefragt?"

Yaris Ingalls aus der zehnten Klasse ist Schüler am JoHo und nahm dieses Jahr in Nordrhein-Westfalen an einem Schülersymposium zu Technologien teil, die den Klimawandel aufhalten können. Er möchte in die Fußstapfen seines Großvaters treten und Luft und Raumfahrt studieren.

Was ist Deiner Meinung nach der Schlüssel für eine erfolgreiche MINT-Förderung?

"Am besten ist es, wenn es von dem Schulischen losgelöst wird. An den MINT-Camps finde ich cool, dass es weniger um Noten geht. Viele stempeln den ganzen MINT-Bereich als 'blöd' ab, weil es sich wie eine Pflicht anfühlt und das finde ich einfach schade."

Lehrer können auf alle Fälle den Zugang zu MINT-Fächern Leo Eichner. (Foto: Marco Einfeldt)

Leo Eichner aus der 12. Klasse ist Schüler am JoHo und nimmt dieses Jahr zum zweiten Mal an einem MINT-Camp teil. Letztes Mal hat er sich ein Camp zum Thema "Gas als Energieträger" ausgesucht und dieses Jahr soll es um 3D-Drucker gehen.

"Natürlich kann man niemandem ein Fach aufzwingen, jeder hat seine Vorlieben und Neigungen, aber der Lehrer kann auf jeden Fall den Zugang zu den MINT-Fächern erleichtern. Deshalb finde ich es sehr schade, wenn Lehrer Schüler automatisch als 'verlorene Fälle' abstempeln, anstatt zu versuchen, sie individuell zu fördern."

Elisabeth Bund findet vor allem den Bereich der Biologie spannend. (Foto: Marco Einfeldt)

Elisabeth Bund aus der zwölften Klasse ist Schülerin am JoHo und hat dieses Jahr an einem MINT Camp über innovative und genetisch veränderte Pflanzenarten teilgenommen.

Gibt es jemanden oder etwas, das Dein Interesse an MINT besonders geweckt hat?

"Ohne unsere Chemielehrerin hätten wir nicht so viel Spaß. Sie malt Bilder, wenn es kompliziert wird. Und wenn es langweilig wird, machen wir Experimente. Ohne sie hätten wir wahrscheinlich nicht von Anfang an so mitgefiebert. Sie ist ein echtes Vorbild, vor allem als Frau in MINT."

Eine Schülerin aus Moosburg, die nicht namentlich genannt werden will, und den Begabungsstützpunkt am Domgymnasium besucht.

Momentan wird im MINT-Bereich auch viel speziell für Mädchen gefördert, findest Du das wichtig?

"Gerade in Physik habe ich das Gefühl, dass die Leistungen und Talente von Jungen mehr anerkannt werden. Man denkt oft: Ich passe nicht in diese Schublade des klassischen MINT-begeisterten Jungen, also versuche ich es gar nicht erst. Ich persönlich habe diese Erfahrung bis jetzt nicht gemacht, aber ich glaube, das liegt daran, dass ich mich selbst auch nicht unterschätze. Deshalb sind Programme, die speziell Mädchen fördern, wichtig, um solche Gedanken abzubauen."

Kiara Nke Mengue möchte einmal Ärztin werden. (Foto: Marco Einfeldt)

Kiara Nke Mengue aus der elften Klasse ist Schülerin des JoHo und nimmt seit einiger Zeit am Bio-Begabungsstützpunkt des JoHo teil. Sie möchte später einmal Ärztin werden.

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