Freising:Lernen muss sein

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Der Weg zum Abitur über die Fachoberschule scheint einfacher zu sein. Doch hohe Abbrecherquoten sagen das Gegenteil

Von alexandra Vettori, Freising

Fachoberschulen sind derzeit der Renner im bayerischen Schulsystem. Im Gegensatz zu den anderen Schularten sagen die Experten auch für die nächsten Jahren steigende Schülerzahlen voraus. In Kombination mit den Realschulen und den Mittlere-Reife-Zügen der Mittelschulen gelten sie als schonender Weg zum Fach- oder allgemeinen Abitur. Bereits 43 Prozent der bayerischen Studenten kommen von Fach- und Berufsoberschulen (Fos/Bos), von denen es derzeit 106 Fach- und 70 Berufsoberschulen im Land gibt, Tendenz steigend. Ganz so leicht aber ist der Weg zum Abitur auch dort nicht. In Schüler- und Frageportalen im Internet drehen sich viele Diskussionen um hohe Abbrecherraten während der halbjährigen Probezeit im ersten Fos/Bos-Jahr. Wie hoch die Zahl tatsächlich ist, darüber herrscht Unklarheit, offenbar auch im Kultusministerium, wo, so eine Sprecherin auf Anfrage der SZ, "plausible Daten für ganz Bayern nicht vorliegen."

Auch die Schulleiterin der Freisinger Fos/Bos, Roswitha Stichlmeyr, kann kursierende Zahlen von bis zu 30 Prozent Abbrecher an bayerischen Fachoberschulen nicht bestätigen. "Das ist Quatsch", sagt sie, will aber auch keine Zahlen von ihrer Schule nennen. Eine Berechnung sei sehr kompliziert, betont sie, wegen der unterschiedlichen Zweige und unterschiedlicher Berufs- und Schullaufbahnen der Schüler, vom ehemaligen Gymnasiasten bis zum Mittelschüler. "Aber bei 30 Prozent liegt die Rate sicher nicht", betont sie. Die Gründe, warum die Schüler die Fos oder Bos in der Probezeit abbrechen, seien vielschichtig, sagt Stichlmeyr. In der Bos handele es sich um Leute mit Berufsausbildung, die manchmal auf der Schulbank merkten, dass dies doch nichts für sie sei und die lieber in den Beruf zurück kehrten. Andere besuchten die Fos nur, weil sie noch keine geeignete Lehrstelle gefunden hätten oder kehrten ihr in letzter Sekunde den Rücken, weil sie doch eine berufliche Laufbahn vorzögen. Es sei aber auch ein Teil dabei, dem das nötige Sitzfleisch zum Lernen fehle. Weil vor allem diejenigen Schüler Probleme haben, die von Mittel- und Wirtschaftsschulen mit der Mittleren Reife an die Fos/Bos kommen, werden dort immer öfter Vorkurse und Vorklassen angeboten. Das vor die reguläre elfte Klasse geschobene Schuljahr bereitet sie intensiv auf die höheren Anforderungen vor, mit je zehn Stunden Mathematik und Englisch, dazu sieben Stunden Deutsch und Nebenfächer - pro Woche. Der Bedarf ist groß, Roswitha Stichlmeyr hat schon jetzt mehr als 50 Anmeldungen für die Fos-Vorklasse im nächsten Schuljahr, doppelt so viele, wie sie in der einen genehmigten Klasse unterbringen kann. Auch für reguläre Elftklässler gibt Förderangebote.

Dass all die Förderung nötig sei, betont die Schulleiterin, liege nicht an einer hohen Abbrecherrate, sondern an den unterschiedlichen Ausgangspositionen, mit denen die Schüler an die Fos kämen. Aus dem Grund hat das Ministerium in den vergangenen Jahren die Brückenangebote wie Vorkurse, Förderunterricht im ersten Halbjahr der elften Klasse und Vorklassen kontinuierlich ausgeweitet. Im kommenden Schuljahr werden rund 80 Prozent der staatlichen Fachoberschulen Vorklassen anbieten.

Auch wenn das Kultusministerium aktuell keine "plausiblen Daten" zu den Abbrecher- und Durchfallerquoten an den beruflichen Oberschulen hat, ist doch im Bayerischen Staatsanzeiger vom 23. November 2012 das Ergebnis einer entsprechenden Anfrage im Landtag nachzulesen. Danach haben 16,6 Prozent der bayerischen Fachoberschüler im Schuljahr 2011/12 die Probezeit nicht bestanden. Ein Anteil der auch in den Schuljahren seit 2004/2005 stets zwischen 15,2 Prozent (2008/2009) und 21,6 Prozent (2007/2008) schwankte. In der neuen Fos/Bos in Unterschleißheim, wo sich derzeit der erste Jahrgang auf das Fachabitur vorbereitet, geht man von einer bisherigen "Nichtbestehenquote" deutlich unter 20 Prozent aus. Bei denjenigen, die vorher eine Realschule besuchten, liege die Quote bei rund zehn Prozent.

© SZ vom 04.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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