Freising:Keilerei vor der Shisha-Bar

Lesezeit: 2 min

Prozess am Amtsgericht endet mit Freispruch für Angeklagte

Von Alexander Kappen, Freising

Dass in der Nacht nach dem Fußball-WM-Finale im Juli 2014 in oder vor einer Freisinger Shisha-Bar geschlägert worden ist, stand für Richter Manfred Kastlmeier außer Zweifel. Dass es Verletzte gab, war aufgrund der ärztlichen Atteste ebenfalls unstrittig. Nur zu einer Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung, wie in der Anklage gefordert, kam es am Ende nicht. Denn dafür sei in der Hauptverhandlung am Freisinger Amtsgericht einfach zu viel gelogen worden, meinte der Richter, als er den Freispruch für den angeklagten Bar-Besitzer, 42, und seinen angeblichen Mittäter, einen 36-jährigen Koch, begründete. Den Nachweis einer gefährlichen Körperverletzung könne er aufgrund der Zeugenaussagen einfach nicht führen, sagte der Richter und sprach die beiden Angeklagten mangels Beweisen frei.

Er folgte damit den Anträgen der beiden Verteidiger und des Staatsanwalts, der aufgrund der diffusen Zeugenaussagen ebenso auf Freispruch plädierte. Bereits im Mai habe er bei der Staatsanwaltschaft angefragt, ob sie die Anklage vielleicht zurückziehen wolle, "weil ich schon so ein Gefühl hatte", sagte der Richter in der Verhandlung. Damals ging die Staatsanwaltschaft aber davon aus, glaubwürdige Zeugen präsentieren zu können - und wurde im Prozess am Amtsgericht dann eines Besseren belehrt.

Wie den sehr widersprüchlichen Aussagen aller Beteiligten zu entnehmen war, sind drei Amateur-Fußballer eines Freisinger Vereins, 19, 20 und 35 Jahre alt, nach dem WM-Finale offenbar gegen zwei Uhr in besagte Shisha-Bar gegangen. Der 35-Jährige wollte dort Zigaretten kaufen. Der Bar-Besitzer gab ihm die Karte für den Automaten jedoch nicht, "weil ich wegen der Sperrstunde gleich zumachen wollte". Darauf rüttelte der 19-Jährige im Eingangsbereich an einem Automaten, an dem man Nüsse kaufen kann, "weil die Jungs gepisst waren wegen der Karte für die Zigaretten", vermutete der Bar-Betreiber. Er habe "Geld in den Automaten geworfen, um mir Nüsse zu kaufen, aber da ist nichts rausgekommen, drum habe ich dran gerüttelt und oben drauf geklopft", sagte dagegen der 19-Jährige. Es kam zum Streit, der 19-Jährige wurde wohl mit einem Gegenstand niedergeschlagen und erlitt eine Wunde am Kopf, die im Krankenhaus genäht werden musste. Sein 35-jähriger Mannschaftskollege mischte dann auch mit, bekam wohl eine Latte auf den Kopf und trug eine Beule davon. Der 36-jährige Koch lief auch raus, "als draußen die Stimmen lauter wurden", und als er die Rauferei sah, "wollte ich sie trennen". So seine Version. Er sei dann von dem 35-Jährigen geschubst worden und habe sich einen Aluminium-Aschenbecher geschnappt, um sich damit zu verteidigen. Sein Widersacher sah es eher so, dass er damit zuschlagen wollte. Aber so genau konnte das keiner mehr sagen. Ebenso wenig hatte einer der Zeugen gesehen, dass der Wirt den 19-Jährigen niedergeschlagen hat. Der Teenager war bewusstlos gewesen und konnte sich an nichts mehr erinnern.

Der Bar-Betreiber selbst war es übrigens, der in besagter WM-Nacht die Polizei rief, während sich die vermeintlichen Opfer aus dem Staub machten. Die beiden jüngeren der drei Fußballer gingen ins Krankenhaus, um die Kopfwunde des 19-Jährigen behandeln zu lassen. Und der 35-Jährige ist "dann weggegangen, als der die Polizei gerufen hat, weil ich mit der Polizei keine guten Erfahrungen gemacht habe".

Richter Kastlmeiers eingangs geäußerter Wunsch, er möge doch zur Abwechslung mit der Wahrheit bedient werden, weil er in den Verhandlungen zuvor schon permanent belogen worden sei, blieb offenbar ungehört. So blieb ihm nichts anderes übrig, als der "Freispruch zweiter Klasse".

© SZ vom 08.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: