Nächtlicher Trendsport in Freising:In einem Satz über die Moosach

Lesezeit: 3 min

Die neue Trendsportart in Freising heißt Moosach-Hüpfen. Meist wird sie nach Einbruch der Dunkelheit ausgeübt. (Foto: privat/Instagram)

Jugendliche haben das geöffnete Gewässer als Vergnügungsort für sich entdeckt. Die Sprünge von einem Ufer zum anderen nennt die Polizei eine "artfremde Verwendung", verbieten kann sie das aufgrund der geltenden Freiheitsrechte aber nicht. Das BRK warnt dennoch vor dem Verletzungsrisiko.

Von Lena Meyer, Freising

Wer hätte gedacht, dass die idyllische Moosach einmal die Bühne der sozialen Medien erobern sollte? Doch es scheint, als habe sich dort ein neuer Trend etabliert und als spiele das Gewässer dabei eine tragende Rolle. Jedenfalls der geöffnete Bereich in der Oberen Altstadt. So werden seit geraumer Zeit auf dem Instagram Kanal "fs-wipeout" kurze Videoclips, auch Reels genannt, hochgeladen. Die Hauptakteure sind Jugendliche, die von einem Ufer des offengelegten Flusses zum anderen springen.

Die Moosach und ihre Hüpfer sind bereits zum Gesprächsthema geworden, doch die Reaktionen über sie gehen auseinander. Insbesondere die Polizei und das Bayerische Rote Kreuz (BRK) äußern ihre Bedenken und weisen auf mögliche Verletzungsgefahren hin.

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Für viele ist die offengelegte Moosach in der Freisinger Altstadt ein Symbol für Lebensqualität und Charme - ein Stück Venedig in Oberbayern; zwar ohne Gondoliere, aber dafür mit glänzendem Fischrelief. Hier lässt es sich nach dem Einkaufsbummel entspannen und die heißen Tage gut aushalten. Nun haben Jugendliche einen neuen Aspekt des Flusses entdeckt. So klettern sie abends oder nachts über das Moosach-Geländer und versuchen, aus dem Stand über den Fluss zu springen. Dieser ist an besagter Stelle 2,75 Meter breit. Manchmal gelingt der Sprung und die Füße der Person bleiben trocken.

Viele werden ziemlich nass (Foto: privat/Instagram)

Öfter aber zeigen die Videoclips, wie der Schwung nicht ausreicht und die Darsteller ins Wasser fallen. Passenderweise beschreibt "Wipeout" einen spektakulären Sturz im Wassersport und diesem Motto scheinen die Video-Akteure nur allzu oft gerecht werden zu wollen. Untermalt werden die Manöver in den Clips von dynamischer Musik, zu deren Beats die Jugendlichen springen, teilweise sogar beeindruckte Stunts auf dem Trockenen vorführen - oder eben auch ins Wasser plumpsen. Das erste Video wurde Anfang Juni auf der Seite hochgeladen, der mittlerweile über 2000 Menschen folgen und sich in den Kommentarspalten über die missglückten Manöver amüsieren oder aber die gelungenen Sprünge bewundern.

Warnung vom BRK: "Bei weitem nicht ungefährlich."

Allerdings ruft der Trend auch besorgte Stimmen hervor. Denn diese Stunts durchzuführen, sei laut BRK Kreisgeschäftsführer Albert Söhl "bei weitem nicht ungefährlich." Söhl erwähnt, dass bereits ein Rettungswagen wegen eines missglückten Sprungs gerufen werden musste. "Ein junger Mann hatte sich bei einem Sprung am Bein verletzt", berichtet der BRK Kreisgeschäftsführer und verweist darauf, dass die Felsen in dem Fluss ein Verletzungsrisiko, insbesondere für Kopf und Rücken, darstellten.

"Ich bitte unbedingt an den gesunden Menschenverstand zu appellieren", mahnt Söhl deswegen. Auch Polizeichef Andreas Wegmaier appelliert daran, die Manöver aufgrund des Verletzungsrisikos zu unterlassen. Die Sprünge über die Moosach nennt er eine "artfremde Verwendung" - die Ufer nicht für solche Zwecke erdacht. Zudem befürchtet der Polizeichef, dass sich Passanten durch die Stunts gestört fühlen könnten. Verbieten könne die Polizei die Sprünge allerdings aufgrund der geltenden Freiheitsrechte nicht, so Wegmaier. Solange weder die Moosach noch außenstehende Personen zu Schaden kommen, gelte die Eigenverantwortung der Moosach-Hüpfer.

Die Moosach ist hier 2,75 Meter breit. (Foto: privat/Instagram)

Ähnliche, wenn auch förmlichere Töne, klingen auch aus dem Freisinger Rathaus. So teilt Sprecher Rupert Widmann auf Nachfrage mit, dass es bislang keine offiziellen Hinweise auf die "Moosach-Springer" gebe. Folglich bestehe auch kein Handlungsbedarf. Des Weiteren sagt Widmann: "Über die Moosach zu springen, ob aus sportlichem Anlass oder aus reinem Vergnügen, ist jedem freigestellt, solange es zu keiner Sachbeschädigung oder Belästigungen Dritter kommt." Und weiter: "Das aktuelle 'Hüpfen über die Moosach' geschieht wohl aufgrund der neuen Möglichkeit und einer momentanen Belustigung."

Tagsüber geht es an der Moosach gemütlicher zu. Da springt keiner. (Foto: Marco Einfeldt)

Auch Kulturreferentin Susanne Günther zeigt sich "relativ gelassen" über die Vorkommnisse - hoffe allerdings, dass es zu keinen Verletzungen komme. "Offenbar braucht es Parcoursanlagen in Freising", entnimmt Günther dem Trend. Den sieht Sprecher Widmann allerdings als nur temporär an, weswegen die Stadt keinen "nachhaltigen Bedarf für Angebote der Sportart Parcours" erkennen könne.

Fest steht allerdings, dass die neu sanierte Altstadt angenommen wird - von jung und alt, hüpfend oder sitzend. So bilanziert auch Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher (FSM) auf Anfrage. Die Aktion zeige, "dass die neue Obere Altstadt in der Tat als 'Aufenthaltsraum' wahrgenommen wird", so Eschenbacher. "Solange niemand belästigt und kein Schaden angerichtet wird, gibt's für die Stadt kaum einen Grund, einzugreifen." Das Risiko einer Verletzung sieht der Oberbürgermeister als "mindestens gegeben" an. Daher hoffe er, dass "sich die Teilnehmer des Risikos bewusst sind."

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