Schützenscheiben aus drei Jahrhunderten:Von Ochsen und Monarchen

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Die Ausstellung im Stadtmuseum wurde monatelang vorbereitet. (Foto: lukasbarth.com)

Die Ausstellung "Freising im Visier" zeigt alltägliche, aber auch besondere Ereignisse aus der Stadtgeschichte - verewigt auf Schützenscheiben. Der Schatz lagerte lange im Fundus der König-Privilegierten Feuerschützen und wurde aufwändig restauriert

Von Peter Becker, Freising

Bilder erzählen Geschichten aus den verschiedenen Epochen und was die Bürger zu jener Zeit, als sie entstanden, bewegt hat. Dies mögen Szenen aus dem Alltag sein oder besondere Ereignisse wie der Besuch eines Monarchen oder gar der Ausbruch einer Revolution. Eine ganz besondere Präsentation ist von kommendem Samstag an im Freisinger Stadtmuseum zu sehen. Dies ist eigens ausgeräumt worden, um 107 Schützenscheiben auszustellen, welche die Königlich-Privilegierten Feuerschützen aus Freising dem Museum als dauerhafte Leihgabe zur Verfügung gestellt haben. "Freising im Visier" lautet das Motto der Ausstellung, die der Historische Verein zu seinem 125-jährigen Bestehen ausrichtet. "Ich bin begeistert von der Präsentation", sagte Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher während eines Presserundgangs die Ausstellung.

Natürlich bietet es sich an, die Schützenscheiben, die aus den Jahren 1684 bis 1954 stammen, chronologisch anzuordnen. Dem Betrachter erschließen sich auf einem Rundweg durch die Jahrhunderte Facetten der Freisinger Stadtgeschichte. Das erste Motiv stammt aus dem Jahr 1684. Es zeigt einen Bauern mit einem Ochsen, möglicherweise führt er ihn gerade zur Schlachtbank. "Dies war damals ein sehr beliebtes Motiv aus dem Alltag", erläuterte dazu Stadtmuseumsdirektorin Ulrike Götz. Gestiftet wurde die Scheibe anlässlich des Geburtstags von Fürstbischof Albert Sigismund von Bayern, der das Scheibenschießen auch gewann.

Ulrike Götz hob hervor, dass es sich dabei um eine der ältesten erhalten gebliebenen Schützenscheiben zumindest in Bayern handelt. Die waren im 16. Jahrhundert langsam in Mode gekommen. "Doch erst im 17. Jahrhundert ist es Brauch, auf bemalte Scheiben zu schießen", erklärte die Direktorin des Stadtmuseums. Ganz im Gegensatz übrigens zu den norddeutschen Regionen, in denen bis heute auf einen stilisierten Vogel gezielt wird.

Die Scheiben erzählen von Hochzeiten oder erinnern an einen Whiskey-Fabrikanten aus Chicago

Ulrike Götz bezeichnete die Schützenscheiben als "Schatz", der lange Zeit im Fundus der Feuerschützen geschlummert habe. Über ein Jahr lang waren Restauratoren und Mitarbeiter damit beschäftigt, ihn in möglichst wirkungsvollem Licht erstrahlen zu lassen. Ulrike Götz erzählte, dass Architekt Anton Mang vorgeschlagen hat, mit den Scheiben "in den Raum zu gehen". Es handele sich schließlich um elastische Gebrauchsobjekte von Monumentalität. Die Schützenscheiben hängen beim Wettbewerb ja nicht an Wänden, sondern sind im freien Raum platziert. Mang habe stabile Ständer entworfen. Auf diesen ruhen die Scheiben, so als seien sie noch im Gebrauch. Die Standbeine der Ständer sind durch Platten stabilisiert, auf denen die entsprechende Jahreszahl aufgetragen ist. In Rot, um einen frischen Anblick zu vermitteln, erläutert Ulrike Götz.

Der Spender dieser Scheibe lebte in Chicago. (Foto: Lukas Barth)

Auf dem Rundgang erleben die Besucher, wie sich die Motive allmählich ändern. Das Bürgertum gewinnt an Bedeutung. Die Bilder handeln von Hochzeiten, erinnern an einen Whiskey-Fabrikanten aus Chicago, der seine Wurzeln in Freising hat. Sie erinnern an Jubiläen eines Monarchen, an die Revolution im Jahr 1848 oder an die Einrichtung eines Appellationsgerichts in Freising. Manchmal haben renommierte Maler die Schützenscheiben gestaltet.

Wer sich dafür interessiert, kann dies in Begleittexten nachlesen: an den Wänden des Museums, in einem kleinen Büchlein oder ausführlich im Sammelblatt des Historischen Vereins Freising, das dieser aus Anlass seines 125-jährigen Bestehens herausgibt. Die Ausstellung "Freising im Visier" läuft noch bis Sonntag, 17. April.

© SZ vom 16.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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