Freising:Hausärzte wollen protestieren

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Der Streit zwischen den Hausärzten und der AOK eskaliert. Die eine Seite droht, die andere kündigt Verträge. Leidtragende könnten am Ende die Patienten sein.

Johann Kirchberger

Der Streit zwischen den Hausärzten und der AOK eskaliert. Die eine Seite droht, die andere kündigt Verträge, Leidtragende könnten am Ende die Patienten sein. Dann nämlich, wenn die Hausärzte am Mittwoch in Nürnberg tatsächlich ihre Kassenzulassungen zurückgeben. Reinhard Bungartz, Sprecher der Hausärzte im Landkreis, hofft freilich, dass es doch noch zu einer Einigung kommt, dass möglicherweise Gesundheitsminister Söder vermittelnd eingreift. Allerdings zeigt sich Bungartz auch kampfbereit und hofft, dass möglichst alle Hausärzte aus dem Landkreis am Mittwoch nach Nürnberg fahren. "Wir haben extra einen Bus gechartert".

"Völliger Unsinn" sei die Behauptung, die Hausärzte wollten höhere Honorare erstreiten, sagt Bungartz. Ganz im Gegenteil, "wir wollen lediglich den Erhalt der bestehenden Hausarztverträge. Man sei sogar bereit, Abstriche zu machen und statt der jetzt gezahlten 83 Euro pro Patient und Quartal 75 Euro zu akzeptieren. Aber mit den 40 Euro, welche die Hausärzte nach der Kündigung der Verträge und der Rückkehr zum alten System - sprich der Abrechnung über die Kassenärztliche Vereinigung - erhalten würde, "dafür ist eine Rundumversorgung eines Patienten nicht möglich", sagt der Ärztesprecher.

Durch die Gesetzgebung von FDP-Gesundheitsminister Rösler "wurde uns die Basis für die Hausarztverträge gewaltsam entzogen", klagt Bungartz. Würden die Hausarztverträge nicht bis zum Jahr 2015 verlängert, und damit Planungssicherheit und Ruhe einkehren, werde der Nachwuchs endgültig wegbrechen, befürchtet er. Die Hausärzte seien derzeit im Schnitt etwa 55 bis 60 Jahre alt. Wenn jungen Medizinern keine Perspektive gegeben werde, werde die Hausarztmedizin auf Dauer medizinischen Versorgungszentren weichen müssen. Das aber, betont Bungartz, "wollen wir und unsere Patienten auf keinen Fall". Er hofft deshalb darauf, "dass unser ernst gemeintes Angebot an die AOK", analog der Vereinbarungen in Baden-Württemberg, doch noch akzeptiert werde. Andernfalls würden auch die Freisinger Hausärzte am Mittwoch nach Nürnberg fahren, "um gemeinsam ein System zu verlassen, das der Hausarztmedizin keine Chance lässt".

Bungartz ist überzeugt, dass das vereinbarte Quorum von 60 Prozent erreicht wird und die Hausärzte ihre Kassenzulassung zurückgeben, wenn es zu keiner Einigung kommt. "Uns bleibt ja nur noch zu kuschen und uns dem Diktat der Politik zu unterwerfen, oder unsere Existenz in die Waagschale zu werfen." Dass das Verhalten der Ärzte rechtswidrig sei, wisse er, sagt Bungartz, "aber wir haben keine andere Chance".

Für die Patienten ändere sich zunächst nichts, sagt Bungartz. Im Sozialgesetzbuch sei nämlich festgeschrieben, dass die Kassenzulassung erst zum Ende des nächsten Quartals, also am 31. März ende, "aber dann unwiderruflich". Wer dann trotzdem zu seinem Hausarzt gehe, sagt Hannes Haun von der AOK Freising, bekomme von dem eine Rechnung und müsse diese bezahlen. "Wir dürfen die Kosten nicht übernehmen, das ist uns bei der derzeitigen Rechtslage verboten". Wegfallen werde im nächsten Jahr nach der Kündigung der Hausarztverträge durch die AOK auf alle Fälle die Möglichkeit, dass Patienten nur noch einmal im Jahr die Praxisgebühr bezahlen müssten.

Sollten die Hausärzte ihre Drohung wahr machen und tatsächlich ihre Zulassung geschlossen zurückgeben, sei die Versorgung der Patienten zwar eingeschränkt, sagt Haun, aber trotzdem gewährleistet. Zumal er nicht glaube, dass es wirklich so weit komme und die Hausärzte ihre Existenz aufgeben. Haun: "Da wird momentan sehr hoch gepokert".

© SZ vom 20.12.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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