Freising:Gemeinsam gegen Ressentiments ankämpfen

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Grüne sehen vorerst von juristischen Konsequenzen im Fall Welter ab und senden versöhnliche Signale in Richtung CSU

Von Christian Gschwendtner, Freising

Die Aufregung um Gerhard Michael Welter, den zurückgetretenen CSU-Kassier aus Moosburg, reißt nicht ab. Am Montagnachmittag luden die Landkreis-Grünen zu einem Pressegespräch in die Freisinger Amtsgerichtsgasse. Das Thema: Gerhard Michael Welter. Es sei ein Irrsinn, mit jemandem wie ihm noch ein Interview über eine dreiviertel Seite zu führen, sagte Birgit Mooser-Niefanger. Genau das hatte das Wochenblatt in seiner jüngsten Ausgabe getan. Zu einem Zeitpunkt also, als Welter längst seine Ämter aufgegeben hatte. Die Grünen kann der ehemalige Schatzmeister so weiterhin öffentlichkeitswirksam als "Terrororganisation" bezeichnen. Ein Umstand, der den angegriffenen Landkreispolitikern sauer aufstößt.

Das ganze Wochenende sind die Drähte bei den Grünen deshalb heiß gelaufen. Man sucht nach dem richtigen Umgang mit den grenzwertigen Querschüssen aus Moosburg. Einerseits soll der einstige CSU-Funktionär nicht über Gebühr aufgewertet werden. Einfach so stehen lassen wollen die Grünen seine jüngsten Eskapaden aber auch nicht. Vom zuständigen CSU-Kreisvorsitzenden und Landtagsabgeordneten Florian Herrmann fordern sie eine noch deutlichere Distanzierung. "Es ist klar, dass das Wort Terrororganisation noch einmal in den Mund genommen werden muss. Und zwar mit einer Verneinung am Ende", sagte Mooser-Niefanger. Stattdessen komme es bei der CSU aber zu den üblichen Reflexen, nur weil es die Grünen seien, die ein solch klares Bekenntnis fordern.

Um dem entgegenzuwirken, senden die Grünen versöhnliche Signale in Richtung der Christsozialen. Es gehe nicht um Schwarz gegen Grün, stellte man während des Pressegesprächs klar, an dem neben Mooser-Niefanger auch die Kreisrätin Waltraud Heinlein-Zischgl und der Sprecher der Kreistagsfraktion, Toni Wollschläger, teilnahmen. Von der Forderung nach einem Parteiausschlussverfahren gegen Welter sind die Grünen erst einmal abgekommen. Das sei Sache der CSU. Man will sich da nicht einmischen. Fürs Erste muss Welter auch keine juristischen Konsequenzen fürchten. Stattdessen appellieren die Grünen an die CSU, gemeinsam fremdenfeindlichen Ressentiments in der Bevölkerung die Grundlage zu entziehen. Es sei nicht die Zeit draufzuschlagen, sagte Mooser-Niefanger. Die Ängste in der Bevölkerung gelte es behutsam zu entkräften. "Als Regierungspartei ist die CSU da besonders in der Verantwortung", ergänzte Toni Wollschläger.

Mit welch großen Problemen die etablierten Parteien derzeit zu kämpfen haben, zeigt sich gerade am Fall Welter. Wie lässt sich jemand wieder zur Raison bringen, der sich offensichtlich allen Konventionen des demokratischen Diskurses verweigert? Florian Herrmanns Ratschlag an seinen Parteifreund, doch erst einmal eine Facebook-Pause einzulegen, sei eigentlich die richtige Idee gewesen, sagte Birgit Mooser-Niefanger. Nur blöd, dass Welter sich darum nur wenig schert. Im Stakkato-Stil posaunt er neue Brüskierungen in die Welt. Dass sich so jemand trotzdem nicht einfach im Handstreich aus der Partei werfen lässt, geben auch die Grünen am Montagnachmittag zu erkennen.

Mooser-Niefanger schlägt deshalb vor das Einzelgespräch zu suchen. Es sei schon mal vorgekommen, dass jemand aus ihrem Bekanntenkreis fremdenfeindliche Seiten auf Facebook geteilt habe. Sie habe dann zum Telefonhörer gegriffen und den direkten Kontakt gesucht. Würde sie auch bei Gerhard-Michael Welter anrufen? "Das ist nicht meine Aufgabe", sagte Mooser-Niefanger. Ganz verweigern würde sie sich einem Gespräch wohl nicht. Für die Dritte Stellvertreterin des Landrats ist Welter aber bei weitem kein Einzelfall. Leute von seinem Kaliber würden momentan nach oben gespült, und das gebe Anlass zu großer Sorge.

Mooser-Niefanger erzählte die Geschichte von einem Flüchtling, der sich angeblich geweigert habe, eine 800 Euro teure Lederjacke in einem Bekleidungsladen wieder auszuziehen. Die habe sich in mehreren Landkreisen rasant verbreitet. An ihr dran gewesen sei freilich nichts. Toni Wollschläger fordert deshalb, den Zündlern die Feuerzeuge aus der Hand zu nehmen.

© SZ vom 01.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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