Freising:Fußgängerzone ohne Hindernisse

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Johannes Meister ist blind und fordert ein barrierefreies Zentrum in Freising. Den aktuellen Plänen der Stadt für eine Begegnungszone steht er kritisch gegenüber.

Sabina Dannoura

Vor zehn Jahren war Johannes Jürgen Meister einer der Hauptinitiatoren des - gescheiterten - Bürgerentscheids für eine Fußgängerzone in einem Teil der Freisinger Altstadt. Meister ist blind. Als Sprecher der Agenda-21-Gruppe "Senioren" plädiert er für eine Entwicklung des Freisinger Zentrums, die Menschen berücksichtigt, die in ihrer Mobilität eingeschränkt sind. Im Gespräch mit SZ-Mitarbeiterin Sabina Dannoura bezieht er zu den aktuellen Plänen der Stadt für ein Innenstadt-Konzept kritisch Position.

efm. Johannes Meister (blind) 30 Jahre SZ Abonnent, lässt sich von Eva Goss die Zeitung vorlesen. - Freising (Foto: region.frs)

SZ: Die Stadt Freising erwägt, die Hauptstraße nach dem Vorbild der Schweizer als Begegnungszone umzubauen: Fußgänger hätten dann Vorrang, für Autos, Busse und Radfahrer würde eine schmale Gasse reserviert, die zur Orientierung für Blinde einen kleinen Versatz erhalten würde. Was halten Sie von dem Vorschlag?

Meister: Nicht viel. Es kommt darauf an, wie hoch diese Kante werden soll. Für blinde und sehbehinderte Menschen ist nach DIN-Norm mindestens ein Höhenunterschied von drei Zentimetern erforderlich. Gleichzeitig werden Leute im Rollstuhl oder mit Rollator Probleme bekommen, diesen Versatz zu überwinden. Es müsste für diese Leute also Bereiche geben, die nicht abgesenkt sind. Trotzdem bin ich skeptisch: Was passiert mit dem Lieferverkehr? Die Fahrzeuge können ja nicht auf der Straße halten, also stehen sie auf den Gehsteigen und behindern die Fußgänger.

SZ: Sie sprechen die Überlegung der Stadt an, öffentliche Parkplätze aus der Innenstadt zu verbannen. Plädieren Sie dafür, die Parkplätze zu erhalten?

Meister: Es müssen welche bleiben, für Behinderte, in ihrer Mobilität eingeschränkte Personen, die eine der Arztpraxen entlang der Hauptstraße aufsuchen. Nur: Es muss auch richtig überwacht werden, dass diese reservierten Plätze nicht - wie heute ständig - von anderen Leuten belegt sind. Kontrolle ist das wichtigste.

SZ: Wie soll das Zentrum also nach Ihren Vorstellungen umgestaltet werden?

Meister: Keine Fußgängerzone im engeren Sinne, aber mit so wenig wie möglich motorisiertem Verkehr. Ich halte es für ausreichend, wenn es Bushaltestellen in der Heiliggeistgasse und am Kriegerdenkmal gibt und dazwischen die Busse nicht mehr fahren. Zu limitierten Zeiten muss der Lieferverkehr in die Stadt, auch mobilitätseingeschränkte Personen sowie die Bewohner benötigen weiterhin eine Zufahrt.

SZ: Sie haben vor einiger Zeit mit Vertretern der Stadtverwaltung eine Tour durch die Altstadt unternommen. Was ist Ihnen aufgefallen und wie könnten Missstände behoben werden?

Meister: Ich benötige zur Orientierung einen Langstock. Sie glauben ja nicht, wo ich überall reingelaufen bin: in Kleiderständer, Bistrotische, Räder, die an jeder Stelle lehnen. Diese "Möbel" gehören dringend reduziert. Nötig wären stattdessen Bänke zum Ausruhen. Wo Platz ist, kann ich mir Ausstellungsvitrinen wie in der Fußgängerzone München vorstellen. Schlicht kriminell ist das Gehweg-Pflaster vom Asamgebäude bis zum Schieder-Eck: Es ist uneben und hat große Fugen, so dass man ständig stolpert. Ich wünsche mir größere Gehwegplatten.

© SZ vom 26.06.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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