Freising:Flucht in die Welt der Drogen

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Bis Oktober 2015 wurden zwischen 65 und 70 Jugendliche unter 15 Jahren beraten, was einem Anstieg von 25 Prozent entspricht. (Foto: dpa)

Immer mehr Jugendliche unter 15 Jahren konsumieren Rauschmittel, um persönlichen Erfahrungen und Traumata zu entkommen. Bei der anonymen Suchtberatung von "Prop - die Wegbereiter" finden sie Hilfe

Von Dennis Wenzl, Freising

Der Verein "Prop - die Wegbereiter" hat in seiner Außenstelle in Freising seit September 2013 mit dem Pilotprojekt "Jugend ist jetzt" eine kostenlose und anonyme Suchtberatung für Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre eingerichtet. Jetzt zog man in der Beratungsstelle in der Heiliggeistgasse Bilanz über die Arbeit der vergangenen zwei Jahre. Dabei zeigte sich, dass besonders viele Jugendliche zur Beratung kommen, die Drogen zu Bewältigung persönlicher Probleme konsumieren. Bei den eingenommenen Substanzen waren neben Alkohol und Tabak vor allem Rauschmittel mit hohem THC-Gehalt, wie Cannabis, beliebt.

Die Präsentation richtete sich einerseits an die Sponsoren des Vereins , vertreten durch den Rotary Club Flughafen München, aber auch Mitarbeiter des Jugendamtes, Gesundheitsamtes, Streetwork Freising und der Katholischen Jugendfürsorge waren im Publikum. Die Jugendsprechstunde sei eine "wichtige Sache", eröffnete Prop-Geschäftsführer Andreas Czerny die Veranstaltung. Da es im Moment nicht gesetzlich geregelt sei, wie jugendliche Suchtkranke zu versorgen seien, habe Bärbel Würdinger, Leiterin der Beratungsstelle Freising, die Jugendsprechstunde ins Leben gerufen. Oft sei es schwierig im Suchtbereich Sponsoren zu finden, da sich die Betroffenen in vermeintlich selbst verschuldeten Notsituationen befänden, erklärte Czerny.

"Man kann keinen Jugendlichen wegschicken, der einen Bedarf anmeldet", stellte Bärbel Würdinger als Grund für die Entstehung der Jugendsprechstunde fest. Es gebe Angebote der Prävention, "um schnell in die Hilfe zu kommen". Auch leiste die Beratungsstelle Dienste wie die Angehörigenarbeit, von welchen die Meisten anfangs Gebrauch machen würden. Der dritte Weg sei eine Weitervermittlung an die Jugendhilfe. Dies gelinge immer schwer, bedauerte Bärbel Würdinger.

Im Jahr 2013 habe man, nach der Initiierung der Jugendsprechstunde im September, 250 Jugendliche bis 24 Jahre in Beratung gehabt. Bis Oktober habe man dieses Jahr circa 275 Jugendliche beraten. Würdingers Schätzungen zufolge, werden am Jahresende zwischen 320 und 350 Jugendliche sein.

Die größten Gruppen ergäben diejenigen, die den Cannabiswirkstoff THC in schädlichem Gebrauch oder in Abhängigkeit zu sich nehmen. Das zunehmende Problem in der Grenzregion zu Tschechien mit Crystal Meth könne man für Freising nicht erkennen, erklärte Würdinger. Das bestätigte auch Andreas Czerny, räumte aber für München andere Probleme ein, wie Ecstasy und Heroin. David Luigart von Streetwork-Freising erklärte, synthetische Cannabinoide seien "ganz klar auf dem Vormarsch und nehmen teilweise absolut bedenkliche Maße an".

Bärbel Würdinger hob besonders die unter 15-Jährigen hervor. Davon habe man bis Oktober 2015 bereits zwischen 65 und 70 beraten müssen, was einem Anstieg von 25 Prozent entspreche. Dazu erläuterte Würdinger, dass 38 Prozent der Jugendlichen Drogen nehmen würden, um persönlichen Erfahrungen und Traumata zu entkommen und dass diese Fälle am häufigsten in die Beratungsstelle kämen.

Besonders Jüngere fühlten sich Dank der Schweigepflicht sehr wohl in der Einrichtung, weswegen eine Weitervermittlung nicht leicht sei, da sie der Aufhebung der Anonymität gleichkomme. Negative Erfahrungen mit der Jugendhilfe oder die langen Wartezeiten auf einen Psychotherapieplatz seien große Herausforderungen. Sie wünsche sich eine unkomplizierte Übergangslösung für Jugendliche, die nicht mehr nach Hause könnten, um sie "schnell aus der Krise aufzufangen". Zudem strebe man eine stärkere Vernetzung mit der Jugendhilfe an, um fehlenden Bedarf an höhere Stellen melden zu können, so Würdinger.

© SZ vom 01.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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