Freising:Einfach nur da sein

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Karin Schmied engagiert sich in der Hospizgruppe und begleitet ältere und kranke Menschen auf ihrem letzten Lebensabschnitt. Sie empfindet diese Arbeit als Bereicherung, während viele andere das Thema Tod verdrängen

Von Katharina Aurich, Freising

Tod und Sterben sind meist weit weg von unserem Alltag. Viele wollen sich mit diesen Themen nicht beschäftigen, solange es nicht unbedingt notwendig ist. Für die Hospizbegleiterin Karin Schmied ist die Betreuung von Menschen am Ende ihres Lebens und ihrer Angehörigen jedoch eine erfüllende, ehrenamtliche Aufgabe. Es gebe unterschiedliche Orte, wo Menschen sterben, oftmals im Krankenhaus, oder, wenn es besser für die Patienten läuft, auf der Palliativstation. Die Plätze dort seien aber oft zu wenig, sagt Karin Schmied.

Immer mehr alte Menschen möchten die letzte Zeit ihres Lebens zu Hause verbringen. Damit dieser Wunsch nach Möglichkeit erfüllt werden kann, gibt es seit 1995 die Hospizgruppe Freising, für die auch Schmied tätig ist. Inzwischen sind es 52 ehrenamtliche Mitarbeiter, die Menschen am Ende ihres Lebens entweder zu Hause, im Seniorenheim oder auf der Palliativstation besuchen, die einfach da sind und damit auch die Angehörigen entlasten, beschreibt Schmied ihre Aufgaben. Ein stationäres Hospiz gibt es in Freising nicht. Träger dieser Häuser sind zumeist gemeinnützige Vereine, aber auch Kirchen, Organisationen und Stiftungen, die mit niedergelassenen Ärzten zusammen arbeiten. Von kommendem Jahr an wird es in Freising zumindest ein spezielles Team (SAPV - Spezielle Ambulante Palliative Versorgung) bestehend aus Palliativärzten und Pflegekräften geben, die bei besonders schwieriger Versorgung Tag und Nacht zu den Patienten nach Hause fahren können.

Karin Schmied hatte sich vor fünf Jahren "aus einem Bauchgefühl heraus" entschlossen, die Ausbildung als Hospizbegleiterin zu absolvieren. Dazu gehören vier Ausbildungswochenenden und zehn Abende. Dabei gehe es natürlich auch ans Eingemachte, erinnert sich Schmied. Aber "diese Aufgabe gibt mir sehr viel für mein Leben, es ist eine Bereicherung, man kommt an das Wesentliche", beschreibt sie. Die kaufmännische Angestellte engagierte sich davor bei der "Tafel", machte eine Ausbildung zur Ernährungsberaterin und ist jetzt ehrenamtlich neben ihrem Job für Sterbende und deren Angehörigen da. Den Umfang ihres zeitlichen Einsatzes kann sie weitgehend selbst bestimmen.

Alle Ehrenamtlichen des Hospizvereins erhalten Supervisionen und treffen sich in der Gruppe, damit sie die manchmal belastenden Situationen gut verkraften. Die Einsatzleitung ist jederzeit für Fragen und Probleme da. Wenn eine Anfrage für eine Begleitung beim Verein eingegangen ist, entscheiden die Einsatzleiterinnen Petra Hanrieder und Cora Behr, welcher ehrenamtliche Begleiter zu dem Betroffenen passen könnte. Bei einem ersten Treffen, bei dem auch die Einsatzleitung und Angehörige dabei sind, können sich Patient und Hospizbegleiterin kennenlernen. Wenn von beiden Seiten "die Chemie stimmt", kann die Begleitung beginnen. In der Regel einmal in der Woche schaut die Begleiterin dann zu Hause vorbei, ist für den Patienten da, "manchmal schweigen wir nur", sagt Schmied. Die oft sehr belasteten Angehörigen haben dann auch einmal Zeit für sich.

Anders ist die Begleitung auf der Palliativstation organisiert. Wenn Schmied Patienten nicht zu Hause betreut, geht sie in das Freisinger Krankenhaus und kümmert sich um denjenigen, der gerade Unterstützung gebrauchen kann. Die Kontaktaufnahme zu den Patienten gehe sehr schnell, nur das "Da-sein" zähle - Berührungen Worte, menschliche Gesten. "Im Laufe der Zeit wächst man zusammen", besonders mit den Patienten zu Hause, die sie wochen- oder manchmal monatelang begleitet, entstehe natürlich eine persönliche Bindung, beschreibt Schmied. Die Menschen seien sehr unterschiedlich, manche hätten bis zuletzt einen großen Lebensmut. Natürlich lernten die Helfer, die richtige Mischung aus Distanz und Nähe zu halten und auch wieder loszulassen, schildert Schmied. Das sei Voraussetzung für dieses Engagement. Die Zeit mit dem Kranken verbringt sie oftmals mit Vorlesen oder sie hört den Geschichten der Patienten zu. Natürlich unterliegt sie der Schweigepflicht.

Ihre Einsätze seien keine Verpflichtung. Wenn sie das Gefühl habe, dass sie eine Auszeit benötige, dann mache sie eine Pause, schildert Schmied. Wenn einer ihrer Patienten verstorben sei, gebe es einige Zeit später noch einen Gedenkgottesdienst zur Erinnerung, wo Karin Schmied noch einmal die Angehörigen trifft, dann gehe jeder wieder seiner Wege. Der Tod sei in unserer Gesellschaft ein Tabuthema, er verunsichere, oftmals werden Trauernde von ihrem Umfeld gemieden, aus Angst, das Thema anzusprechen. Aber zum Glück verändere sich das langsam, beschreibt Schmied ihre Erfahrungen.

Die Hospizgruppe Freising, die ihre Arbeit größtenteils aus Spenden finanziert, freut sich über neue Mitglieder. Infos: www.hospizgruppe-freising.de

© SZ vom 24.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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