Förderzentrum Pulling:Ein ganz besonderer Tag

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Der erste Jahrgang hat am Freitag das Förderschulzentrum in Pulling verlassen. (Foto: Marco Einfeldt)

Der erste Jahrgang der Förderschüler ist am Freitag verabschiedet worden. Die Chancen der jungen Leute auf dem Arbeitsmarkt stehen gut.

Neben all den Abiturienten, Mittlere Reife-Absolventen und glücklichen Fachabitur-Besitzern gibt es 30 Schüler, die auf ihren Abschluss mindestens genauso stolz sind. Wenn am Freitag ihre Namen in der Aula des Sonderpädagogischen Förderzentrums in Pulling aufgerufen werden, treten sie vor und nehmen vor den Augen von Eltern, Lehrern und Geschwistern ihre Zeugnisse in Empfang. Es ist der erste Jahrgang in der Geschichte der Schule, der einen Mittelschulabschluss hier ablegt, 19 haben ihn jetzt in der Tasche, elf zumindest einen Förderschulabschluss.

Noch vor ein paar Jahren wären solche Abschlüsse nicht viel wert gewesen auf dem Arbeitsmarkt. Doch in Zeiten von Nachwuchs- und Lehrlingsmangel hat sich das Blatt gewendet. "Es war sogar schon die Arbeitsagentur bei uns. Im Landkreis Freising suchen die Firmen händeringend nach Mitarbeitern", erzählt Sabine Lobert, zweite stellvertretende Schulleiterin und Oberstufenbetreuerin am Förderzentrum. Es sind Berufe wie Maler, Lackierer, Verkäufer oder in der Lagerlogistik, die im Flughafenumfeld eine wichtige Rolle spielt. Viele Firmen kennen die Schüler schon aus Praktika, "da wissen sie, der passt rein, der ist motiviert, den wollen wir haben", weiß Lobert. Das Feedback der Firmen sei äußerst positiv, denn die meisten Schulabgänger des Förderzentrums seien hoch motiviert, eine Eigenschaft, die sie manch einem Mittelschulabsolventen voraus hätten, sagt sie.

Vorab durften sich die Schüler der neunten Klassen entscheiden, ob sie den regulären Mittelschulabschluss versuchen möchten oder den Förderschulabschluss, der in etwa mit dem der Praxis-Klassen an den Mittelschulen zu vergleichen ist. Für den regulären Abschluss, den Mittelschüler automatisch nach der neunten Klasse erhalten, müssen Förderschüler eine spezielle Prüfung in Mathematik, Deutsch schriftlich und mündlich sowie eine Prüfung in Berufs- und Lebensorientierung ablegen. Wer es nicht schafft, hat zumindest den Förderschulabschluss. Es gibt, neben ihrer Motivation, noch einen weiteren Grund, warum Schulabgänger aus den Förderzentren gefragt sind bei den Arbeitgebern. Die meisten leisten nämlich nach den neun Jahren Schulzeit noch ein Berufsvorbereitungsjahr an einer Berufsschule ab. Dabei muss man sich bereits grob für die Branche entscheiden, in der man später tätig sein möchte, da die einzelnen Schulen unterschiedliche Schwerpunkte bieten. So hat man sich an der Berufsschule Freising auf Wirtschaft, Verwaltung, Technik, Metall, Nahrung und Verkauf (Hauswirtschaft) spezialisiert, in Erding sind es die Bereiche Holzbearbeitung, Bautechnik, Hauswirtschaft und Körperpflege. Während dieses Jahres werden den Jugendlichen auch schon Inhalte des ersten Ausbildungsjahres vermittelt. Wie Sabine Lobert weiß, seien sie ihren Altersgenossen, die gerade die Mittelschulen verlassen haben, dann oft eine Nasenlänge voraus, was das Fachwissen anbelange.

Eine Besonderheit der Abschlussprüfung an Förderzentren ist das Fach Berufs- und Lehrorientierung. Dabei müssen eine Bewerbung geschrieben, ein Vorstellungsgespräch und ein vierstündiger Arbeitstag vor Beobachtern bestanden werden. Dass die Pullinger Schüler dabei besonders punkteten, hat einen einfachen Grund. Hier gibt es 14 Schülerfirmen, die durchlaufen werden müssen, von der Fahrzeuginnenreinigung über Papierherstellung bis zum Catering. Jeden Mittwoch zum Beispiel kochen die Mitarbeiter der Schüler-Catering-Firma für die 20 Schüler in der Mittagsbetreuung. In zwei Firmen pro Halbjahr müssen die Schüler mitarbeiten, schriftliche Bewerbung inklusive.

© SZ vom 24.07.2015 / av - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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