Freising:Bei den Bibern herrscht Wohnungsnot

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Dass die Nager Schäden anrichten, ist im Planungsausschuss unbestritten. Eine "Entnahme" ist jedoch nicht die Lösung

Von Katharina Aurich, Freising

Im Landkreis Freising leben zu viele Biber. Sie fällen massenhaft Bäume an Seen und Flüssen und stauen Gräben und Bäche auf. Die Schäden, die sie mit ihren harten Zähnen und reger Bautätigkeit verursachen, nehmen ständig zu, darüber waren sich alle Mitglieder im Planungsausschuss des Landkreises einig. Wie viele Exemplare tatsächlich hier leben, weiß allerdings niemand genau.

Benno Zierer (Freie Wähler) hatte deshalb ein sogenanntes Bibermonitoring beantragt und vorgeschlagen, dass in allen Gemeinden Bauhofmitarbeiter die Biberschäden melden sollten, um "Sachlichkeit in die Diskussion" bringen. Die Ausschussmitglieder waren jedoch der Ansicht, dass bereits umfangreiches Datenmaterial über die Bibervorkommen, -schäden und Abschüsse vorliege. Mit genaueren Daten sei das Problem auch nicht gelöst, merkte Angelika Werner-Ripperger (Grüne) an. Konkrete Maßnahmen soll stattdessen nun eine "Biberrunde" aus Vertretern der Kommunen, des Wasserwirtschaftsamts, des Bauernverbands, der Fischereivereine, des Jagdschutz- und Jägervereins, vom Bund Naturschutz und der Waldbesitzervereinigung sowie den Ausschussmitgliedern am 20. April beschließen.

Beinahe alle Gewässer im Landkreis seien mittlerweile von Bibern besiedelt, 600 bis 800 Tiere lebten in 120 bis 140 Revieren. Das zweitgrößte Nagetier der Erde habe keine natürlichen Feinde und ein reichhaltiges Nahrungsangebot, berichtete Klaus Tschampel von der Unteren Naturschutzbehörde und Biberspezialist des Landkreises. Das seien optimale Bedingungen, um sich stark zu vermehren.

Aufgrund der Schadensmeldungen ermittelte er bereits "Biber-Brennpunkte" an der Abens, der Amper, Glonn und Moosach, die Tiere passten sich offensichtlich immer mehr dem Menschen an. Zwei Biber hätten sich sogar den Pumpschacht im Freibad als Wohnung ausgesucht. Anton Neumaier (SPD) ist bekennender Biberfan: "Schön, dass es bei uns noch so ein Tier gibt." Seiner Ansicht nach ist das eigentliche Problem die intensive Landwirtschaft. Die Maisflächen reichten häufig direkt bis an die Flussufer, sagte er, der Biber habe es nicht weit, um sich satt zu fressen. Bei einer extensiveren Landnutzung würde sich das Biberproblem allein durch ein geringeres Nahrungsangebot regeln.

Auch Anton Geier (Unabhängige Bürger) beschrieb, wie die Biber geschützt in FFH-Gebieten leben und sich auf den direkt angrenzenden großen Maisfeldern satt fressen. Dort, wo man Biber entnehme, sei es bereits zu spät, seine Kerngebiete seien die FFH-Flächen, da vermehre er sich. Man könne dieses Problem nicht auf Landkreisebene lösen, man müsse den Druck "nach oben" weiter geben, so Geier.

Tschampel gab jedoch zu bedenken, dass ein Abschuss, wie er inzwischen öfter unter dem Begriff "Entnahme" praktiziert werde, auch keine Lösung sei. In den Biber-freien Gebieten würden sofort andere Exemplare einwandern, "die Biber haben Wohnungsnot", so der Fachmann. Eine andere Idee hatte Anton Neumaier. Wie bereits bei Katzen erprobt, könnten Bibermännchen gefangen und kastriert werden, um eine Vermehrung zu verhindern. Dieser Vorschlag löste allerdings bei seinen Ausschusskollegen nur Heiterkeit aus. Außerdem seien Biber anders als Katzen extrem scheu und schwer zu fangen. Einig waren sich alle, dass bei sämtlichen Maßnahmen gegen die geschützte Art viel Fingerspitzengefühl nötig sei, denn "der Biber ist ein Symboltier", sagte Jörg Steiner von der Unteren Naturschutzbehörde.

Tschampel machte schließlich darauf aufmerksam, dass die Biberschäden zu 80 Prozent aus einem staatlichen "Biberfonds" ersetzt würden. 2013 gab es im Landkreis nur 18 gemeldete Fälle, die mit insgesamt 4500 Euro entschädigt wurden, ein Jahr später waren es 26, die mit 7500 Euro ausgeglichen wurden. Die Städte und Kommunen sollten die Schäden noch konsequenter melden, appellierte Tschampel an den Ausschuss.

© SZ vom 22.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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