Forschungsprojekt in der Dietersheimer Brenne:Schutzbedürftig

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Untersuchungen von TU-Studenten belegen: Der Artenreichtum nimmt rapide ab. Ihr Fazit: Um die negative Entwicklung zu stoppen, muss die offene Wiesen-Landschaft erhalten werden

Von Alexandra Vettori, Neufahrn

Stöcke mit blauen Anhängern, im Boden steckende Babybreigläschen, bis vor kurzem bot sich in der Dietersheimer Brenne ein seltsames Bild. Angehende Landschaftsarchitekten führten dort Forschungsarbeiten durch, sie untersuchten geschützte Pflanzen und Tiere, die auf den Kiesinseln und dem Isardamm in ungewöhnlich großer Zahl vorkommen. Noch, muss man sagen. Denn die Forschungsergebnisse der Studenten im vierten Semester zeigen, dass sie rapide abnimmt und eine gezielte Pflege dieses besonderen Fleckchens Natur notwendig ist.

Die Studenten von Professor Johannes Kollmann vom Lehrstuhl für Renaturierungsökologie an der TU in Weihenstephan haben Biotopkartierungen aus dem Jahr 1995 mit eigenen Zählungen verglichen. Das Ergebnis war alarmierend: Von den 33 geschützten Arten, die noch vor 20 Jahren vorhanden waren, haben die Studenten 2014 nur noch zehn entdeckt. Heuer lag ihr Hauptaugenmerk deshalb auf den Bedürfnissen und Verhaltensweisen der geschützten Arten. So untersuchte eine Gruppe die Larvalökologie von Faltern - dabei geht es darum, wie ideale Bedingungen für die Eiablage der Schmetterlinge aussehen, und was die Raupe braucht, um zum Schmetterling zu werden. Auch eine Bewegungsstudie von Tagfaltern wurde erstellt, bei der die Studenten untersuchten, wo sich die Tiere bevorzugt aufhalten, auf der Brenne, dem Isardamm oder auch auf den Feldern.

Auf Schmetterlingsjagd: In der Dietersheimer Brenne haben Studenten untersucht, wie viele geschützte Tier- und Pflanzenarten dort noch leben. (Foto: privat)

Matthias Maino vom Landschaftspflegeverein Freising, der sich auch um die Brenne kümmert, ist begeistert von der Arbeit der Studenten. "Das bringt die wissenschaftliche Basis für unsere Pflegemaßnahmen." Zuletzt habe eine amtliche Kartierung vor über 15 Jahren stattgefunden, "seither fehlt die kontinuierliche Bestandsaufnahme, wir sind also mehr als dankbar", sagt er. Auch ohne gezielte Kartierungen wussten man aber schon vom Artenschwund auf der Brenne, weil Büsche die offenen Wiesen-Lebensräume zuwuchern. Vor einigen Jahren hat der Landschaftspflegeverband deshalb begonnen, das Gestrüpp vorsichtig zu entfernen, wovon aber die Jäger nicht begeistert waren, weil das Wild Deckung verliert. Dennoch ist das der Weg für den Erhalt der einzigartigen Flora und Fauna der Brenne, wie die Arbeit der Studenten belegt. Eine Gruppe untersuchte nämlich, auf welchen Standorten ausgewählte geschützte Pflanzen wie Regensburger Geißklee, Kreuz-Enzian oder gelbes Sonnenröschen vorkommen. Das Ergebnis war eindeutig: Offene Wiesen weisen die größte Vielfalt an geschützten Pflanzen auf, wo Gebüsch ist, fehlen sie fast völlig.

Dass die Studenten sehr vorsichtig mit ihren zerbrechlichen Untersuchungsobjekten umgehen, betont Jan Christian Habel vom Lehrstuhl für terrestrische Ökologie. Bestimmte Schmetterlingsarten, die ökologische Aussagekraft haben, wurden mit Netzen gefangen und bekamen Nummern auf die Flügel gemalt. Das schade den Tieren nicht, versichert er. Dann fing man weiter - je öfter markierte Tiere in den Netzen landeten, desto kleiner ist die Population. Wie eng die Verzahnung von Tier- und Pflanzenwelt ist, haben die Untersuchungen ebenfalls bestätigt: Die Raupen des Sonnenröschen-Würfel-Dickkopffalters zum Beispiel sind auf das gelbe Sonnenröschen als Futterpflanze angewiesen, der Kreuzenzian-Ameisenbläuling, ein mittlerweile sehr selten gewordener Falter, legt seine Eier nur auf Kreuz-Enzian ab - ebenfalls eine Rote-Listen-Art.

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(Foto: oh)

In Mitteleuropa macht sich der Kleine Sonnenröschen-Bläuling rar - er bevorzugt sonnige und trockene Gebiete, zum Beispiel Trockenrasen oder aber Sandgruben.

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(Foto: oh)

Vorsichtig haben die Weihenstephaner Studenten Schmetterlinge wie diesen Rundaugen-Mohrenfalter mit Nummern versehen, um festzustellen, welche Arten besonders selten geworden sind.

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(Foto: oh)

Seine markante Zeichnung erinnert an ein Schachbrett, der deutsche Name für den Melanargia galathea lautet daher Schachbrettfalter. Er lebt überwiegend auf Wiesen und an sonnigen Hängen.

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(Foto: Martin Wachsmann)

Das rotbraune Wiesenvögelchen lebt ebenfalls in der Dietersheimer Brenne. In Bayern steht der Falter allerdings auf der Vorwarnliste gefährdeter Arten.

Das Rätsel um die halb vergrabenen Babybreigläschen löst Jan Christian Habel dann auch noch: Darin befanden sich Klima-Logger, die Wetterdaten aufzeichneten.

© SZ vom 22.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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