Agenda-21-Gruppen der Stadt Freising:Noch viel Luft nach oben

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Vor dem Fair-Trade-Stadtfest 2022 (von links): Susanne Höck und Monika Hobmair, Sprecherinnen des "Fairen Forums", Karl-Heinz Wimmer, Leiter des Referats Bildung, Soziales und Sport, und Johanna Sticksel, Leiterin des Treffpunkts Ehrenamt. (Foto: Marco Einfeldt)

2011 wurde Freising zur Fair-Trade-Stadt, die rege Agenda-Gruppe "Faires Forum" will die Auszeichnung mit Leben füllen. Ihr ist auch zu verdanken, dass die Stelle einer Koordinatorin für kommunale Entwicklungspolitik geschaffen worden ist.

Von Gudrun Regelein, Freising

Die Agenda 21 wurde 1992 bei der UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro verabschiedet. Sie ist ein entwicklungs- und umweltpolitisches Aktionsprogramm mit Schwerpunkt Nachhaltigkeit für das 21. Jahrhundert. In Freising fiel der Stadtratsbeschluss, auf lokaler Ebene die Agenda 21 umzusetzen, im Juli 1997 einstimmig. Danach gründeten sich schrittweise verschiedene Agenda-Gruppen - mittlerweile sind es neun. Die SZ Freising stellt diese in einer losen Serie vor. Heute: die Agenda-21-Gruppe "Faires Forum".

Freising wurde 2011 zur Fair-Trade-Stadt. Ein Kriterium dafür war, dass es eine Steuerungsgruppe gab, diese wurde schon 2009, im Jahr der Bewerbung, ins Leben gerufen. Nach der Ernennung wurde sie dann nach einiger Zeit den Agenda-21-Gruppen der Stadt zugeordnet, sie gab sich den Namen "Faires Forum". Ihr Ziel: die Auszeichnung Freisings zur Fair-Trade-Stadt mit Leben zu füllen.

Inzwischen engagieren sich etwa 50 Mitglieder beim "Fairen Forum", etwa zehn zählen zu den sehr aktiven, berichtet Susanne Höck. Sie ist neben Monika Hobmair eine der beiden Sprecherinnen der regen Agenda-Gruppe. Schulen, das Katholische Bildungswerk, die Hochschulgemeinde und engagierte Bürgerinnen und Bürger seien dort aktiv, die Gastronomie und Geschäftswelt dagegen eher lose angebunden, berichtet Höck. Die drei Gymnasien und zwei Realschulen Freisings tragen mittlerweile auch die Auszeichnung Fair-Trade-Schule - dort müssen beispielsweise fair gehandelte Produkte verkauft und der faire Handel im Unterricht thematisiert werden.

"Die Schulen sind für uns eine sehr wichtige Zielgruppe", betont Höck. Kinder und Jugendliche sollen ja zu kritischen Konsumenten werden. Deshalb gibt es jedes Jahr ein Projekt des "Fairen Forums" an den Freisinger Schulen. In diesem Jahr eins zum Thema Handy, bei dem Schülerinnen und Schüler erfahren, welche Rohstoffe in den Smartphones verarbeitet werden, wo und unter welchen prekären Arbeitsbedingungen diese meistens hergestellt werden.

Aktion "Faire Bälle" während der Fußball-EM

Die Agenda-Gruppe trifft sich viermal im Jahr, die kleinen Arbeitsgruppen für ein konkretes Thema öfter. "Und wir Sprecherinnen sind immer in einer engen Absprache", sagt Höck. Das Programm für dieses Jahr steht bereits. Das "Faire Forum" wird traditionell gemeinsam mit dem Weltladen mit einem Stand im Nachhaltigkeitszelt beim Uferlos-Festival präsent sein. "Wir sind aber natürlich auch wieder bei der "Fairen Woche", die parallel zur Ehrenamtswoche läuft, dabei", berichtet Höck. Zur Fußball-Europameisterschaft im Juni gibt es dann die Aktion "Faire Bälle", bei der Alternativen zu den kommerziellen Bällen, die häufig in Pakistan in Kinderarbeit entstehen, vorgestellt werden.

Ein Ziel der Gruppe ist, mit Projekten und Aktionen die ethischen Folgen des Konsumverhaltens anschaulich zu machen, schildert Höck. Ein anderes, Verständnis für faire und partnerschaftliche Handelsbeziehungen in der Stadt zu fördern und die Vorteile des fairen Handels bekannter zu machen. "Ganz wichtig ist uns auch, dass die Stadt bei ihren öffentlichen Beschaffungen ökologische und soziale Kriterien berücksichtigt", sagt Höck.

Dabei wurde schon ein großer Erfolg erzielt: Auf Initiative des "Fairen Forums" wurde in der Stadt Freising die Stelle einer Koordinatorin für kommunale Entwicklungspolitik geschaffen. "Diese Koordinatorin setzt sich für eine nachhaltige Beschaffung ein", erklärt Susanne Höck. Der von ihr dazu erarbeitete Leitfaden wird in diesem Herbst bei einem Workshop verschiedenen Referaten der Stadtverwaltung vorgestellt. Ein Schwerpunkt seien fair gehandelte Textilien, wie die Berufsbekleidung für Mitarbeitende der Stadtgärtnerei oder des Bauhofes.

Neue Fair-Trade-Schokolade

Schön und wichtig sei auch, dass es bereits fünf Fair-Trade-Schulen in der Stadt gebe, es sollen aber noch mehr werden. "Wir wollen gerne die Grund- und Mittelschulen mit ins Boot holen." Die Liste der erfolgreichen Projekte ist aber noch länger. So gibt es seit vergangenem Jahr die neue Fair-Trade-Schokolade der Stadt, die zu 100 Prozent im Ursprungsland hergestellt wird. "Die Schokolade ist aber nicht nur fair, sie schmeckt auch sehr gut", sagt Höck.

Daneben beteiligte sich die Gruppe im vergangenen Jahr bei der Nachhaltigkeitsausstellung und bei der "Fairen Woche". Bereits 2021 bemalte eine Künstlerin mit Acrylfarben gebrauchte Kaffeesäcke und warb damit für fair gehandelten Kaffee. Sogar während der Corona-Zeit gab es Aktionen: "Damals sollte man ja Kontakte vermeiden, deshalb liefen wir mit Plakaten durch die Stadt - Bildung statt Kinderarbeit war beispielsweise eine der Botschaften", erzählt Höck.

Beim Einkauf auf faire Produktion achten

Man wolle in Freising Vorbild sein, ein Zeichen setzen. In vielen Bereichen - beim Lebensmitteleinkauf, der Kleidung, aber auch beim Einrichten der Wohnung - solle auf faire Produktion geachtet werden. "Menschenwürdige Arbeitsbedingungen und faire Löhne sollten eine Selbstverständlichkeit sein. Für alles, was billig ist, muss jemand anderes den Preis zahlen - oft ist es auch die Umwelt", sagt Höck.

Seit etwa 13 Jahren ist Freising nun bereits eine Fair-Trade-Stadt - aber ist sie inzwischen auch zu einer "fairen" Stadt geworden? "Da ist noch viel Luft nach oben, es gibt noch viel zu tun - beispielsweise im Handel und in der Gastronomie", beantwortet Höck die Frage. "Wir müssen ausdauernd sein."

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