Moderne Landwirtschaft im Kreis Freising:Mehr als nur Milch

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Faire Preise für gute und regionale Produkte, das ist das Prinzip von "Muich und mehra". Seit zwei Jahren betreibt Manuela Betz den Hofladen im Fahrenzhauser Ortsteil Weng. (Foto: Marco Einfeldt)

Manuela Betz verkauft in ihrem Hofladen in Weng, einer Art Selbstbedienungs-Supermarkt, eine bunte Palette an regionalen Produkten. Für sie ist das auch eine Möglichkeit, um mit Vorurteilen aufzuräumen

Von Alexandra Vettori, Fahrenzhausen

Vor ziemlich genau zwei Jahren hat Manuela Betz mit der Selbstvermarktung angefangen, es lag einfach auf der Hand. Denn die Einzelhandelskauffrau hat in einen landwirtschaftlichen Betrieb eingeheiratet, in dem die Zusammenarbeit von Jung und Alt schon gut lief. Ein bisschen habe sie da nach einer Aufgabe für sich gesucht als sie, der kleinen Tochter wegen, aus dem Beruf ausgeschieden ist. Und weil Manuela Betz auch den Kontakt mit Menschen mag, lag die Direktvermarktung auf der Hand.

Begonnen hat die 26-Jährige mit einem Milchautomaten auf dem Hof in Weng, wo 70 Kühe im Stall stehen. Mittlerweile ist aus "Muich und mehra" tatsächlich mehr geworden, fast ein kleiner Selbstbedienungs-Supermarkt mit ausschließlich regionalen Produkten, 24 Stunden geöffnet. Was man hier in die Kasse steckt, kommt zu 100 Prozent bei den Bauern an. Im Gästebuch stehen Sätze wie, "ihr wart unsere letzte Rettung" oder "wie toll, dass ihr auch Fleisch habt, wir konnten spontan grillen". Die Deko schlägt den Bogen zu früher, eine handbetriebene Milch-Zentrifuge, ein Butterfass, alte Milchkannen, daneben der moderne stählerne Zapfautomat mit der Rohmilch zu einem Euro den Liter.

Für Manuela Betz ist der Hofladen auch eine Möglichkeit, mit Vorurteilen aufzuräumen. Sie ärgert sich über das Bild, das in der Öffentlichkeit von konventionellen Landwirten herrscht. "Die Leute fragen oft, ob sie die Kühe mal sehen können und sind dann ganz überrascht, dass die es auch in konventionellen Betrieben gut haben." Auf dem Betzhof hat man schon seit Jahren einen Laufstall und einen Stall für die hochträchtigen Kühe. Dort stehen sie auf Stroh, es herrscht eine besondere, ruhige Atmosphäre. "Im Prinzip ist das ihr Jahresurlaub, da können sich Klauen und Euter erholen, das ist wichtig für die Tiere", schildert Betz. Klar bleiben neugeborene Kälber nur maximal zwölf Stunden bei den Müttern, damit die Bindung nicht zu stark wird. In den ersten Tagen aber erhalten sie noch Muttermilch, auch wenn diese vorher abgemolken wird. "Die Milch ist wichtig für das Immunsystem", sagt Betz.

Immer mehr Kleinbauern betreiben Selbstvermarktung

Die Selbstvermarktung wählen immer mehr kleine Bauern, um sich den niedrigen Marktpreisen zu entziehen. Entsprechend bunt ist die Produktpalette bei Manuela Betz. "Die beste Marmelade, die ich je gegessen habe, Zwetschge-Birne-Holler", sagt sie und präsentiert fruchtigen Brotaufstrich aus dem Nachbarort Hörenzhausen. Ein Regal weiter steht Sonnenblumenöl aus der Gartinger Ölmühle, in der Kühltheke sind Käse vom Betzhof, Eier, Eis von einem Milchbauern aus dem Augsburger Raum, Fleisch von der Leonhardsbucher Metzgerei Weber, Fisch aus der Forellenzucht Nadler, Apfelsaft aus dem Garten, regionales Gemüse und Backmischungen aus der Kunstmühle Hofmeier.

"Ich finde es schön, den Leuten immer neue Anreize zu geben", sagt Betz, und es tut der Kundenfrequenz gut. Doch was es wirklich braucht für die kleinen Bauern, ist ein Konsumverhalten hin zu regional und saisonal. Es genüge nicht, wenn jeder nur zu besonderen Anlässen beim Bauern nebenan kaufe. Bio sei da auch keine Option. "Wir haben in Bayern einen Überschuss an Bio-Milch, weil die Leute nicht bereit sind, den Preis dafür zu zahlen. Sie können aber nicht erwarten, dass wir Bio produzieren, weil sie sich das für die Tiere wünschen und gleichzeitig kaufen sie billige Ramsch-Milch beim Lidl." Auf dem Betzhof denkt man dennoch über einen Auslauf für die Kühe nach, das sei aber nicht nur mehr Aufwand, sondern der Hof liegt auch mitten im Ort. "Und da braucht man Nachbarn, die das mittragen, wenn das Vieh draußen ist", sagt Betz. Auch für den Hofladen hat sie Pläne, Brot wünschen sich viele Kunden, aber da ist ihr noch nicht die ideale Vermarktungsstrategie eingefallen. "Halbe Sachen," sagt die Jungbäuerin bestimmt, "mag ich nicht".

© SZ vom 26.09.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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