Fahrenzhausen:Freudlos

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Der Kater nach dem Entscheid

Von Alexandra Vettori, Fahrenzhausen

Was bleibt nach dem ersten Bürgerentscheid in der Geschichte von Fahrenzhausen, das ist ein seltsamer Nachgeschmack. Verursacht wird der von der neuen Gewissheit, wie schnell so ein Dorffrieden zerstört ist. Wie schnell Misstrauen gesät ist und wie schnell einer Sache ein Geschmäckle angehängt ist, obwohl man sich kennt im Ort, oft von Kindesbeinen an. Spannend auch, dass hinterher beide Seiten klagen, über die Gräben und den unangemessenen Umgangston.

Eva Stocker, langjährige Gemeinderätin der Freien Bürgerliste und seit 2017 als Mitglied des entsprechenden Arbeitskreises in die Rathausplanung involviert, konnte sich am Sonntagabend kaum freuen über den knappen Sieg der Kirchengrundbefürworter: "Das ist schon schade, wenn so viele Leute so lange für etwas arbeiten und dann kommt so was. Aber es ist ein gesellschaftliches Phänomen, dass man gegen etwas ist und keine Argumente hören will." Schon früher hatte sie sich beklagt, dass in den Veröffentlichungen der Bürgerentscheid-Initiatoren von "Erbpacht-Abzocke" die Rede war. Es sei bewusst der Eindruck erweckt worden, als betreibe der Gemeinderat eine Mauschelei mit der Kirche, kritisierte Stocker.

Auf der anderen Seite beklagte sich CSU-Gemeinderatskandidatin und Mitinitiatorin Ursula Schwarz, dass die Gruppe von den Kirchengrundbefürwortern in einem Leserbrief im Ortsblatt als "notorische Penner" bezeichnet wurden. Genau dieser rüde Ton sei der Grund gewesen, warum sich die Initiative geweigert habe, an einer gemeinsamen Infoveranstaltung teilzunehmen. "Wir wollten nicht, dass sich das hochschaukelt", betonte Christian Pallauf. Da hätten sich Nachbarn zurück gezogen und Freundschaften seien gekündigt worden.

Die Lehre aus dem Bürgerentscheid könnte sein, dass das beste Mittel gegen Misstrauen, ob willkürlich geschürt oder langsam entstanden, Transparenz und Information ist. Letztere haben die Initiatoren vermisst, auch wenn sie nie erklärten, warum ihnen das erst nach zwei Jahren aufgefallen ist. Fakt ist, viele Fahrenzhausener fanden es auch komisch, dass die Gemeinde auf Kirchengrund bauen möchte, obwohl sie nebenan eigenen Grund besitzt. Dass das vor allem städtebauliche Gründe hatte, der Gemeindegrund so für eine soziale Nutzung bleibt und die Erbpachtkonditionen sehr günstig sind, ist offenbar nicht genügend transportiert worden. Klar haben Robert Kern, Gemeinderat der Freien Wähler, und Eva Stocker Recht, wenn sie sagen, dass nie jemand die Sitzungen besuchte und es von Bürgern schon erwartet werden könne, dass sie sich im Ortsblatt informieren. Doch dass die Gemeinde echte Vorteile von der günstigen Erbpachtregelung eines Gemeinbedarfsgrundstücks hat, das hätte man auch ohne explizite Nennung der Pachthöhe tun können. Aber, es sei Bürgermeister und Gemeinderat geglaubt, auf die Idee, dass daraus ein Politikum werden könnte, ist schlicht niemand gekommen.

Bedenklich stimmt zuletzt die Gefahr, dass Bürgerentscheide zum erweiterten Arm von Minderheitsfraktionen werden. "Man hat schon angedeutet, dass zum Alten Wirt genauso ein Bürgerentscheid stattfinden könnte", so Eva Stocker. Wie es mit dem Wirtshaus weiter geht, das die Gemeinde vor einigen Jahren gekauft hat, ist nämlich auch umstritten.

© SZ vom 18.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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