Erfolgreich gegraben:Spuren von Steinzeitmenschen

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Archäologen entdecken hinter dem Supermarkt im Mauerner Ortsteil Alpersdorf Pfostenlöcher, die auf zwei Hausgrundrisse aus der Zeit um 4500 vor Christus hinweisen. Auch ein Steinbeil haben sie gefunden

Von Petra Schnirch, Mauern

Seit dem Frühjahr graben die Archäologen im Mauerner Baugebiet Alpersdorf. Verschiedene Gruben, die sie entdeckten, aus denen früher Lehm entnommen wurde, sowie Keramikfunde belegen, dass dort in der Jungsteinzeit, dem Neolithikum, Menschen gelebt haben. Kurz vor Ende der Ausgrabungen wissen die Fachleute nun auch wo: Im vorderen Teil des Areals, hinter dem Discounter, stießen sie im Boden auf dunkle, runde Flecken - lauter Pfostenlöcher, die zwei Hausgrundrisse aus der Zeit um 4500 v. Chr. zeigen, wie Grabungleiter Alois Spieleder von der Firma X-Cavate Archaeology erklärt. "Lange haben wir drum herumgegraben, sie aber trotzdem gefunden."

Auf einem Luftbild, mit einer Drohne erstellt, sieht man die Lage der Gebäude am besten: Die Wände waren ein wenig schiffsförmig gebogen, so viel verrät die Anordnung der Pfosten - und die beiden Häuser können nicht gleichzeitig gestanden haben, da sie ineinander übergehen. Welches älter waren, wissen die Archäologen nicht. Mit sieben mal 15 Meter waren es "keine Hütten". Der Hausbau folgte damals einem Schema, das vom Rheinland bis nach Osteuropa gleich war, schildert Archäologe Robert Holzner. Vermutlich hat auf dem fruchtbaren Boden eine größere Familie über mehrere Generationen gewohnt. Rekonstruierte Häuser aus der Zeit gibt es nicht. Vier andere, deutlich größere Flecken in dem Ausgrabungsfeld stammen aus späterer Zeit.

Archäologen haben die Verfärbungen im Boden bei den Ausgrabungen in Mauern-Alpersdorf markiert - auch Pfostenlöcher frühere Gebäude sind darunter. (Foto: Lukas Barth)

Interessant sind auch kleinere, handfeste Funde, darunter ist zum Beispiel ein Steinbeil, das laut Holzner auf der Sohle einer Grube entdeckt wurde. Für die Forscher wirft dies die Frage auf, ob es dort rituell deponiert worden war. Diese Handteller großen Beile sind typisch für die Jungsteinzeit. Zur Holzbearbeitung benötigten die Menschen scharfkantiges Werkzeug, dennoch muss die Arbeit sehr mühevoll gewesen sein. Die früheren, gebrochenen Hilfsmittel aus Feuerstein eigneten sich dafür nicht mehr.

Zudem hat das Grabungsteam, unterstützt von ehrenamtlichen Helfern des Archäologischen Vereins, zahlreiche Scherben freigelegt - zum Teil von "herausragend guter Qualität", sagt Holzner. Da ist zum Beispiel die Feinkeramik, hochwertige Arbeiten aus dem Mittel-Neolithikum. Hals und Randstücke der bauchigen Gefäße sind mit feinen Einstichen verziert. Über 90 Prozent der in Alpersdorf gefundenen Scherben gehören zur Stichbandkeramik, nur ein geringer Teil weist geritzte Muster auf. Neu in jener Zeit waren laut Holzner Gefäße mit flachem Boden, oftmals Becher. Es gab aber auch grobe, mit Steinchen versetzte Vorratsgefäße.

Zu den Funden zählt außerdem ein Steinbeil (l.) aus der Jungsteinzeit. (Foto: Lukas Barth)

Diesmal bekamen die Archäologen weitere Unterstützung: Neun Studenten der Vor- und Frühgeschichte an der Ludwig-Maximilians-Universität München absolvierten in Mauern eine Übung zur Archäo-Botanik und Pollenanalytik. Die jungen Leute lernten, wie Proben genommen werden, um das Erdreich auf organische Reste von Tieren, Menschen und Pflanzen zu untersuchen. Die Ergebnisse der Pollenanalyse liegen noch nicht vor, sie sind sehr viel aufweniger, die Proben müssen mit Lauge und Säure aufgekocht werden. Die Botaniker dagegen sind bei den ersten Analysen fündig geworden. In den feinen Sieben, mit denen Samen, Kerne, Körner oder andere Pflanzenreste aus den eingeweichten Proben herausgeholt werden, sind Dreschreste des Einkorns, einer der ältesten domestizierten Getreidearten, hängen beblieben, wie die Lehrbeauftragte Barbara Zach im Gespräch mit der SZ berichtet. Sie stammen aus einer der Gruben, in denen zunächst Lehm entnommen und später Abfälle entsorgt wurden. Auch eine zweite Getreideart sei dabei, die habe sie aber noch nicht identifizieren können. Reste des Saatlabkrauts, eines Unkrauts, könnten darauf hinweisen, dass die Menschen im Neolithikum dort Lein angebaut haben. Barbara Zach hofft, dass sie noch mehr Material von der Ausgrabungsstelle bekommt.

Der größte Teil der Flächen des künftigen Baugebiets ist schon wieder planiert, möglichst vor dem Winter wollen die Archäologen fertig sein. Florian Bichlmeier bilanziert, dies sei eine der aufwendigsten Grabungen, an der sich der Archäologische Verein je beteiligt habe. "Doch es entsteht ein rundes Bild, das war die Mühe schon wert." Spektakulärster Fund im Frühjahr war das Skelett eines Bajuwaren-Kriegers mit Schwert aus dem frühen Mittelalter. Damals wie heute war Mauern als Wohnort offenkundig gefragt.

© SZ vom 22.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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