Energiewende in Freising:Beim Heizen runter vom Gas

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Wenn die Stadt Freising bis zum Jahr 2035 unabhängig von fossilen Energieträgern werden will, muss sie vor allem bei der Versorgung mit Wärme handeln. Das ist das Ergebnis einer Studie, die zuletzt im Planungsausschuss des Stadtrats vorgestellt wurde

Von Kerstin Vogel, Freising

Wenn die Stadt Freising ihr ehrgeiziges Ziel aus dem integrierten Klimaschutzkonzept, bis 2035 unabhängig von fossilen Energieträgern zu sein, erreichen will, dann besteht großer Handlungsbedarf - insbesondere im Bereich der Wärmeversorgung. Das ist das Ergebnis einer ausführlichen Studie zur Netz-gebundenen Wärmeversorgung in Freising, die zuletzt im Planungsausschuss vorgestellt wurde. Die Untersuchung hat vor allem eines klar gemacht: Das Thema ist "wahnsinnig komplex, mit vielen Verflechtungen und vielen Stellschrauben, die gleichzeitig gedreht werden müssen", wie es Klimaschutzmanagerin Marie Hüneke in der Sitzung ausdrückte. Die große Überschrift dabei ist: Freising muss weg vom Gas.

Denn nach wie vor wird der Wärmebedarf der Stadt lediglich zu 19 Prozent aus regenerativen Energien gedeckt. Mit 57 Prozent hat Gas den Hauptanteil am aktuellen Gesamtwärmebedarf. Soll das Ziel "100 Prozent regenerativ" bis 2035 erreicht werden, müssten fast alle Gaskunden an die Fernwärme angeschlossen oder alternativ auf regenerative Einzellösungen umgestellt werden. Dabei ist die Bedeutung dieser dezentralen Lösungen der Studie zufolge "nicht zu unterschätzen", ihr Anteil würde bei etwa 42 Prozent liegen.

Das im Stadtgebiet betriebene Hauptfernwärmenetz besteht seit 1988 und wird hauptsächlich durch das Kraftwerk Zolling gedeckt. Hier wird in einem Kraftwerksblock Steinkohle verfeuert, außerdem gibt es einen Biomassekessel zur Verbrennung von Altholz. Gleichwohl kann bei den anstehenden Überlegungen der Standort Zolling durchaus als Vorteil gesehen werden. Hier wäre ausreichend Platz, die nötige Infrastruktur und eine Genehmigung vorhanden, um die benötigten regenerativen Erzeugungskapazitäten aufzubauen.

Allerdings habe die Stadt natürlich nur bedingt Einfluss auf das Kraftwerk, wird in der Studie eingeräumt. Und: Die Ziele der aktuellen Betreiber, den Kohleblock durch ein Gas-Blockheizkraftwerk abzulösen, "decken sich nicht mit den Klimaschutzzielen der Stadt". Eine Abwanderung des Kraftwerks, wie oft befürchtet, hält der Freisinger Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher indes für "ausgeschlossen", wie er in der Sitzung sagte: "Wo soll heutzutage denn noch ein neuer Standort für so eine Anlage genehmigt werden?"

Generell hat die Studie auch ergeben, dass in Freising genügend Potenziale vorhanden sind, um die bestehende, Netz-gebundene Wärmeversorgung vollständig auf Erneuerbare Energien umzustellen. Ein ambitionierter Fernwärmeausbau sei möglich, die Ergebnisse der durchgeführten Potenzialanalyse seien "sehr positiv einzustufen". Trotzdem dürfte das Ziel, bis 2035 alle "fernwärmewürdigen" Gebiete an das Wärmenetz anzuschließen, schwierig zu erreichen sein, denn dafür müsste die Zahl der Anschlüsse innerhalb von 14 Jahren fast verdreifacht werden. Der dafür notwendige Fernwärmezuwachs sei technisch nicht umsetzbar. Selbst der Zeithorizont 2050 ist dafür der Studie zufolge "sehr ambitioniert". Tatsächlich müssten dafür 160 Anschlüsse pro Jahr umgesetzt werden, bislang waren es zehn bis 20.

Trotz dieser ernüchternden Erkenntnis ist der massive Ausbau der Wärmenetzanschlüsse der Studie zufolge von zentraler Bedeutung für den Klimaschutz. Denn für jeden nicht realisierten Anschluss müsse zur Umstellung bisheriger fossiler Wärmeversorgung eine individuelle regenerative Einzellösung gefunden werden. Das stelle einen "enormen Kraftakt dar und ist aus kommunaler Sicht noch schwieriger zu steuern". Als entscheidend für die regenerative Versorgung wird deshalb auch die zukünftige Wärmebedarfsentwicklung angeführt. Hier sei die Sanierungsrate eine entscheidende Größe: Wenn mehr saniert wird, braucht es schlicht weniger Energie zur Wärmeversorgung.

Die Reduktion des Wärmebedarfs im Stadtgebiet ist dann auch eines der übergeordneten Planungsziele, die in der Studie zusammengefasst werden. Empfohlen wird etwa auch, die Wärmeversorgung in kommunaler Hand zu behalten. Eine zentrale Rolle bei der Umsetzung wird dabei den Stadtwerken als kommunaler Energieversorgerin zukommen. Das Unternehmen sollte als hundertprozentige Tochter der Stadt beispielsweise federführend bei der Erarbeitung und Umsetzung einer Netzausbaustrategie sein. Weitere Punkte sind etwa die Einforderung von regenerativen, zukunftsweisenden Versorgungslösungen im Neubau und ein höchstens noch sehr reduzierter Ausbau des Gasnetzes.

Die Leitlinien und Ziele aus der Studie sollen nun als Grundlage für die weitere Abstimmung mit den Versorgern dienen, so hat es der Ausschuss am Ende beschlossen. Lange warten kann die Stadt mit Blick auf ihre Klimaschutzziele damit nicht mehr, wie Hüneke deutlich machte: "Wir müssen jetzt anfangen zu projektieren. "

© SZ vom 22.06.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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