"Eine schöne Sache":Eine Institution

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Seit 75 Jahren spielt Magdalena Ismaier in den Kirchen Neufahrn und Mintraching Orgel. Nur Corona hat sie ausgebremst. (Foto: Johannes Simon)

Seit 75 Jahren spielt Magdalena Ismaier in Neufahrn und Mintraching in der Kirche Orgel

Von Birgit Grundner, Neufahrn

Manchmal ist es zeitlich fast ein bisschen eng geworden. Wenn der eine Gottesdienst länger gedauert hat, mussten die Besucher in der nächsten Kirche anfangs ohne Orgelklänge auskommen. "Dann hab ich es erst bis zum Gloria geschafft", erzählt Magdalena Ismaier und schmunzelt. Seit 75 Jahren ist sie Organistin in der katholischen Pfarrei St. Franziskus. Meistens hat sie in der Kirche ihres Heimatdorfs Mintraching gespielt, immer wieder aber auch zusätzlich in ihrer Wahlheimat Neufahrn ausgeholfen. Dann konnte der Wochenend-Terminkalender schon mal ziemlich voll werden.

Als Last hat sie das alles nie empfunden, wie die Seniorin versichert: "Es war nicht nur eine Aufgabe, sondern auch eine schöne Sache." So könnte es auch immer noch sein, wenn Magdalena Ismaier nicht gerade von Corona ausgebremst würde. Zum Glück hat sie daheim ein Klavier, auf dem sie weiterhin spielen und sich gewissermaßen "warmhalten" kann, bis es mit der Kirchenmusik wieder losgeht. Es ist nachvollziehbar, dass sie sich ein Leben "ohne" kaum vorstellen kann: Als Magdalena Ismaier den Orgeldienst kurz nach dem Krieg übernahm, war sie gerade einmal zwölf Jahre alt. Der Lehrer, der vor ihr sonntags die Orgel gespielt hatte, war damals versetzt worden. Und die "Leni" war das einzige Mädchen im Dorf, das Klavierspielen konnte. Außerdem war ihr Vater nicht nur der Kramer von Mintraching, sondern lange auch Mesner und Kirchenpfleger. Sie sang deshalb schon früh im Kirchenchor mit und übernahm wie alle Familienmitglieder Pflichten in der Pfarrei. So half sie zum Beispiel beim Kirchenputztag und brachte regelmäßig Kirchenwäsche zum Waisenhaus nach Freising.

Dort besuchte sie auch das Gymnasium und bekam Klavierunterricht, bei einer Nonne im Kloster. Der damalige Pfarrer Johann Jungmann, der oft am Sonntagnachmittag zum Kaffeetrinken bei Lenis Eltern war, hatte das vermittelt. Auf der Heimfahrt sei der Zug 1944 einmal auf freier Strecke stehen geblieben, weil Tiefflieger im Anflug waren, erzählt Magdalena Ismaier. Da sei sie mit ihrer Schwester und ihrer Cousine über die Felder heimgelaufen, unterwegs hätten sie sich immer wieder in "Kornmandln" versteckt.

Beim Orgeldienst in der Kirche half anfangs auch die ältere Schwester: "Die hat mir immer gesagt, was ich spielen soll", erinnert sich die 88-Jährige. Als sie etwas älter war, nahm sie an einem Orgelkurs der Kirchenmusikschule des Erzbischöflichen Ordinariats teil. Eigentlich hätte sie die Musik auch gerne zum Beruf gemacht, wie sie rückblickend sagt. Aber die musikalische Vorbildung vom Gymnasium sei gerade beim theoretischen und geschichtlichen Wissen nicht so gut gewesen. So entschied sie sich für eine Bürotätigkeit und arbeitete in einer Steuerkanzlei.

Ehrenamtlich spielt sie aber - wenn nicht gerade Pandemie ist - bis heute bei Gottesdiensten, Beerdigungen und Hochzeiten und hilft auch mal in Neufahrn aus. Pfarrer Wolfgang Lanzinger hat ihr bereits für den langjährigen Dienst gedankt. Eine richtige Ehrung soll folgen, sobald Corona es wieder zulässt.

© SZ vom 24.03.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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