Eine Jugend in Freising:OB Eschenbacher und seine alte Clique

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Die "77er" im Gespräch (von links): Teresa Sulilatu, Kassian Stroh, Tobias Eschenbacher, Beatrix Stroh und Regina Fischer. (Foto: Marco Einfeldt)

Fünf im Jahr 1977 geborene Freunde erzählen von ihren Jugenderlebnissen und Abenteuern in Freising. Einer von ihnen ist inzwischen Oberbürgermeister.

Von Clara Lipkowski, Freising

Anno 1977 war es, als nicht nur die SZ Freising geboren wurde, sondern auch fünf Freisinger. Sie fanden im Pfarrheim St. Georg zusammen, wurden zu einer Clique und gründeten 1991 die Gruppe "Schorschi-Mix". Fast alle zogen später irgendwohin zum Studieren, kamen aber später mit Kind und Kegel zurück. Einer ging nie weg: Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher. Für die SZ haben sich die fünf Freunde über "ihr" Freising unterhalten: OB Eschenbacher, Kassian Stroh, (SZ-Journalist), Beatrix Stroh (Sozialpädagogin in Familienpause), Teresa Sulilatu, (IT-Abteilungsleiterin) und Regina Fischer (pädagogische Mitarbeiterin für Weiterbildungen).

SZ: Wie war es in Freising aufzuwachsen? In einem Satz, bitte.

Beatrix Stroh: Übersichtlich ( lacht).

Regina Fischer: Nicht so schlimm, dass man nicht wiederkommt.

Tobias Eschenbacher: Das klingt alles so... ich fand's total cool. Die Wege waren so, dass du überall hinkommst.

B. Stroh: Ja, genau, auch ohne das deine Eltern dich überall hinbringen mussten.

Kassian Stroh: Es gab keine Disco.

Teresa, Du bist erst später nach Freising gekommen. Wie war dein Eindruck?

Teresa Sulilatu: Ich bin mit 16 hergezogen, wegen der Arbeit meiner Eltern. Bleibender Eindruck war "Schorschi-Mix", unsere Gruppe, mit der hatten wir eine echt gute Zeit.

Was waren damals "coole" Orte?

Einstimmig: Calafati!

Eschenbacher: Stadtschreiber und Lindenkeller-Biergarten, da waren wir auch öfter mal.

B. Stroh: Beim Stadtschreiber gab's immer Pommes mit Remouladensauce.

Fischer: Aber im Calafati waren wir jeden Sonntagabend mit der Gruppe.

Habt ihr auch über Politik diskutiert?

Eschenbacher: Ja, über Kulturpolitik. Kassian war beim überparteilichen Jugendstammtisch. Dann hat er mich mal mitgenommen. Eigentlich hat er mich in die Politik gebracht. Als ich in die JU bin, haben wir uns schon damals mit der Innenstadt und der Moosachöffnung beschäftigt.

Fischer: Naja, Atomkraft war doch das Thema unserer Kindheit, oder?

Was habt ihr noch gemacht, wart ihr auch demonstrieren?

Fischer: Ich schon, aber nicht mit der Gruppe.

K. Stroh: Warst du auch in Wackersdorf? Das war damals, als wir gerade nach Freising gezogen sind. Da sind wir mit den Müttern gegen Atomkraft hin; das muss die große Herbstdemo '87 gewesen sein, die dann so ausgeartet ist.

B. Stroh: Wir haben auch Musik für die Gottesdienste gemacht. Wenn die heute in der Kirche so gute Musik hätten, wie wir gemacht haben ( allgemeines Gelächter) - das wär' schon ein Segen. Und einen Maibaum haben wir zusammen geklaut.

Wie kam das?

Eschenbacher: Ja, den haben wir den Neustiftern geklaut, der Pfarrjugend. Die hatten ihren Maibaum eingelagert und den haben wir auf den Schultern weggetragen.

K. Stroh: Genau. Wir sind über die Landshuter Straße gelaufen. Über die Korbinianskreuzung hat uns die Polizei geleitet. Dann durch die Von-Nagel-Straße in die Hauptstraße, auf unser Gemeindegebiet sozusagen. Die Neustifter saßen zufällig beim "Da Sandro" und haben Eis gegessen. Da sind die aufgesprungen, aber wir waren schon auf unserem Territorium.

Und dann? Gab's Ärger?

Eschenbacher: Nö, der Baum wurde dann ausgelöst. Ganz gesetzeskonform nach Tradition.

B. Stroh: Mit Brotzeit, wie sich das gehört.

Habt ihr 2002 den Amoklauf von Freising und Eching miterlebt?

Eschenbacher: Mein Bruder war damals am Camerloher. Ich bin hingeradelt, um zu schauen, was los ist. Das war krass. Da sind Panzerwagen rumgefahren.

Fischer: Ich war zufällig da. Das war schon bedrückend, wenn man nicht weiß, wo der gerade rumläuft.

Und den Papstbesuch 2006?

Eschenbacher: Ich war im Dom hinter Gittern. Im Hauptschiff waren die Kleriker und hinter den Absperrungen der Rest.

Ihr seid fast alle zum Studium weg. War Freising nicht attraktiv genug?

B. Stroh: Wir waren alle nicht so total weit weg. Aber es war schon klar, dass man irgendwann zu Hause ausziehen wollte.

Fischer: Ich war in Regensburg und Augsburg und wollte auch fürs Studium ausziehen. Das hatte nicht direkt mit Freising zu tun. Es war offen, zurückzukommen.

Sulilatu: Ich bin nach München mit meinem damaligen Noch-nicht-Mann.

Warum seid ihr zurück?

Fischer: Für Familien gibt es einfach gute Angebote hier, Schulen, die Erreichbarkeit, eine nette Stadtgröße.

Waren hohe Mieten noch kein Thema?

K. Stroh: Wir sind vor dem ganzen Wahnsinn vor gut zehn Jahren wieder her, aber da hat es angefangen.

Sulilatu: Wir sind erst vor zwei Jahren gekommen, zum richtigen Wahnsinn, und haben echt lange gesucht, vier Jahre etwa.

Was fehlt Freising?

B. Stroh: Ein Kino.

K. Stroh: Ja, Jugendliche brauchen immer jemanden mit Führerschein. Mich nervt auch, dass es kein vernünftiges Hallenbad gibt. Für unseren Kleinen, der ist sieben, ist das, was da ist, nichts.

Eschenbacher: Früher gab's halt den Tivoli. Das war auch so ein Ding, das man früher gemacht hat, Plastikflugzeuge zusammenkleben, so Modellflieger und Autos.

K. Stroh: Das hast du vielleicht gemacht.

Fischer: Ich kann mich da jetzt auch nicht dran erinnern ( lacht).

Wie gut entwickelt sich die Stadt?

Fischer: Ein Kino kommt und ein Kombibad. Das ist schon sehr gut.

K. Stroh: Echt problematisch ist die Mietpreisentwicklung. Sie verändert die Bevölkerung. Und der Verkehr: Der Infarkt ist schnell da, wenn bei der S-Bahn oder auf der A 92 ein Problem ist.

Und die Einkaufsmöglichkeiten?

B. Stroh: Für Kleidung? Nach München fahre ich da nicht. Ehrlich, was ich in Freising nicht finde, bestelle ich im Internet.

K. Stroh: Schuhe zum Beispiel - wenn man so kleine Füße hat wie ich - kriegt man schlecht was in Freising.

Was hat der OB für Freising vor?

Eschenbacher: Also, je nachdem, wie oft mein Zeitvertrag verlängert wird. Ich würde gerne in der Luitpoldanlage eine Stadthalle bauen.

© SZ vom 06.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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