Einblick in vergangene Zeiten:Harte Plackerei auf dem Feld

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Das Brennmaterial, vorwiegend Torf, mit der Schubkarre nach Hause zu bringen, war Kindersache. (Foto: Therese Morasch/oh)

Heimatforscher Karl-Heinz Zenker hat die Lebensgeschichte von Therese Moll aufgeschrieben, die heute Morasch heißt. Fotos zeigen, wie mühsam früher das Leben eines Bauernmädchens war

Von Alexandra Vettori, Hallbergmoos

Dass es Fotos wie das Nebenstehende überhaupt gibt, ist schon eine Seltenheit, denn die Arbeit der Bauern wurde zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts noch nicht allzu anschaulich dokumentiert. Doch Therese Moll, die heute Morasch heißt, hat sich damals als junges Mädchen zusammen mit ihrer Schwester einen Fotoapparat gekauft, für vier Reichsmark, und damit hat es ihren Alltag festgehalten. Es sind Aufnahmen von der Feldarbeit entstanden, auf dem Acker hinter dem Pflug, vor den zwei Pferde gespannt sind, bei der Heuernte, im Gemüsegarten oder wie hier, beim Transport der Torfziegel mit der Schubkarre. Im vergangenen Juli hat die Hallbergmooserin Therese Morasch, so heißt sie inzwischen, ihren 97. Geburtstag gefeiert, bis heute lebt sie im Ort in ihrer eigenen Wohnung.

Der Hallbergmooser Heimatforscher Karl-Heinz Zenker hat die Frau besucht und ihre Lebensgeschichte zusammengefasst. Die Schilderungen von Therese Morasch gewährten Einblicke in die vielen, körperlich schweren Arbeiten auf einem Bauernhof und in das Schicksal vieler Mädchen aus Bauernfamilien. "Sie durften oft bis in die Fünfzigerjahre des letzten Jahrhunderts keinen Beruf erlernen. Anschließend heirateten sie häufig einen Bauern oder waren nach der Heirat als Mutter und Hausfrau voll beschäftigt", schildert Zenker.

1925 lebten in Hallbergmoos 930 Menschen. Therese kam als erstes Kind ihrer Eltern am 19. Juli 1920 als Hausgeburt auf dem Kieferlhof an der Mathildenstraße auf die Welt. 50 Tagwerk Grund umfasste der landwirtschaftliche Betrieb. Nach sieben Jahren Volksschule musste sie auf dem elterlichen Hof mitarbeiten, sie sei voller Ersatz für einen Knecht gewesen, so hat sie es Zenker erzählt. Daneben besuchte Therese die Sonntagsschule, die sie erfolgreich abschloss. Ihr Elternhaus steht heute noch an der Mathildenstraße, fast unverändert. Zu Thereses Aufgaben dort gehörte das Ackern mit den Pferden, das Mähen der Wiesen, das Einbringen der Kartoffelstauden, die als Einstreu für die Tiere dienten, das Füttern der Hühner und Gänse und der Transport der Torfziegel. Torf war damals das Hauptheizmaterial, weshalb fast jeder Bauernhof einen eigenen Torfgrund hatte. Mit der Schubkarre wurden die getrockneten Torfziegel in die Scheune gefahren.

Kartoffeln spielten schon früh eine wichtige Rolle, in Hallbergmoos wurden sie bereits seit der Gründerzeit angebaut, auch auf dem Kieferlhof. Eines ihrer Fotos zeigt Therese beim Abladen von nachgeklaubten Kartoffeln, die ihr Franz Haslauer, damals 13 Jahre alt, in einen Korb fasste. Haslauer arbeitete fünf Jahre lang als "Hütabub" auf dem Kieferlhof. Anschließend musste er seiner Arbeitsdienstpflicht nachkommen und wurde dann in die Wehrmacht eingezogen. Ein weiteres Foto zeigt Therese mit Franz Haslauer bei Holzarbeiten im Garten.

Auch ein kleines Haus ist auf einem ihrer Bilder zu sehen, es diente als Backstube und Werkstatt. Den Keller, so hat Therese Morasch erzählt, habe sie zusammen mit ihrem Vater selbst ausgehoben und betoniert. Immer wieder tauchen auf den Fotos Pferde auf, sie spielten als Nutztiere damals noch eine große Rolle. Auch als Helfer in der Not, wie eine Anekdote zeigt: Als der Neufahrner Arzt Dr. Schmidbauer einmal mit seinem Auto an der Kreuzung Theresien-/ Ottostraße in den Graben gefahren war, zog ihn Therese Morasch mit ihrem Gespann wieder heraus.

Die Filme ihres Fotoapparates holte übrigens eigens ein Junge aus Freising ab und brachte die entwickelten Bilder dann wieder zurück nach Hallbergmoos.

© SZ vom 12.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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