Ein Jahr nach dem Brand in der Altstadt:Herausforderung für Hausbesitzer

Lesezeit: 3 min

In dem Gebäude mit der Hausnummer 40 können wieder neue Mieter einziehen. (Foto: Marco Einfeldt)

An der Unteren Hauptstraße wird an der Sanierung der ersten Wohnungen gearbeitet. Viele ehemalige Mieter werden nicht zurückkehren. Bei zwei Häusern geht es auch um den Denkmalschutz

Von Birgit Goormann-Prugger, Freising

Es war ein Großeinsatz, zu dem die Freisinger Feuerwehr am 3. August 2014 gerufen wurde: Ein Brand im Dachgeschoss eines Gebäudes in der Freisinger Altstadt an der Unteren Hauptstraße. Das Feuer in dem historischen Haus hatte sich in Windeseile ausgebreitet, auch in den angrenzenden Gebäuden.

Mit hohem Krafteinsatz mussten die Feuerwehrmänner per Hand viele Quadratmeter Dachverkleidung herausreißen, um die Glutnester erreichen zu können. 50 Mieter haben bei diesem Dachstuhlbrand alles verloren, Möbel, Kleidung und auch ihre Wohnungen. Ein Jahr ist seitdem vergangen - und zumindest in Hausnummer 40 können bald wieder die ersten Mieter einziehen.

Hausbesitzer Stefan Schwingshandl hatte das "große Glück", wie er selbst sagt, dass sein Haus Ende 2014 aus der Liste der Baudenkmäler gestrichen wurde. "Der Originalzustand ist in den vergangenen 20 Jahren immer wieder verändert worden, darum gilt es nicht mehr als Denkmal", erläutert Architekt Reinhard Fiedler, der mit der Sanierung der drei Brandhäuser beauftragt wurde.

In Hausnummer 40 sind derzeit die Handwerker zugange. Die oberen drei mit Löschwasser vollgesogenen Etagen wurden entkernt, die Fehlböden erneuert. Balken wurden teilweise ergänzt, das verrußte Treppenhaus neu verputzt. Stefan Schwingshandl hat die Gelegenheit genutzt und auch gleich noch in neue Bäder, neue Fenster und Heizkörper investiert. "Das hat die Versicherung natürlich nicht bezahlt, ich denke, dass ein Betrag in sechsstelliger Höhe bei mir hängen bleiben wird", erzählt er.

In dem Gebäude mit der Hausnummer 40 können wieder neue Mieter einziehen. (Foto: Marco Einfeldt)

Den ersten Mietvertrag hat er bereits abgeschlossen. "Der gilt vom 1. Oktober an. Wir hoffen, dass wir dann auch fertig sind." Auch ein früherer Mieter werde zurückkehren, obwohl er für seine 53 Quadratmeter große Wohnung nach der Renovierung nun 590 Euro kalt zahlen muss, statt wie früher nur 390 Euro kalt.

Eine andere Familie, die eigentlich auch wieder einziehen wollte, sei nun nach Landshut gezogen. Mit den anderen ehemaligen Mietern habe er keinen Kontakt mehr, sagt Stefan Schwingshandl. "Sie sind mittlerweile woanders untergekommen."

Ob und wann in Hausnummer 42 und 44 wieder neue Bewohner einziehen, ist unterdessen völlig ungewiss. Beide gelten als Baudenkmäler mit einem Kern aus dem 17. Jahrhundert. Jede Veränderung muss beim Landesamt für Denkmalpflege eigens beantragt und dann auch genehmigt werden. Hier hat Architekt Reinhard Fiedler bislang nur Pläne zeichnen können und gerade noch den Antrag gestellt, eines der Dächer winterfest zu machen. Im Inneren hat sich seit dem Feuer vom 3. August nichts verändert.

Die Stützbalken sind verschwunden. (Foto: Marco Einfeldt)

Auch ein Jahr danach hängt in den alten Balken noch leichter Brandgeruch. Die Decken sind gewöhnungsbedürftig niedrig, an den Wänden kleben mehrere Farbschichten und Tapetenreste. Die Fehlböden sind offen gelegt, gefüllt sind sie mit Bauschutt und Sägemehl, zumindest die Teppichreste, die einfach auf die alten Dielenböden geklebt worden waren, hat man entfernt. Die alten Fenster müssten erneuert werden, das elektrische Leitungsnetz sowieso. Die sanitären Anlagen sind ebenfalls nicht mehr zeitgemäß.

Ein Problem sind verfaulte Stützbalken und die schiefen Böden, die sich über die Jahrhunderte abgesenkt haben: "Von 2,29 Meter bis 2,52 Meter Wandhöhe ist auf einer kleinen Fläche alles dabei", sagt Architekt Fiedler. Das Dachgeschoss ließe sich zu einer Wohnung ausbauen, wenn es denn genehmigt wird. Dachgauben müssten dafür eingebaut werden, damit genügend Licht einfällt. Durchaus eine Herausforderung sei das alles für die Hausbesitzer, bestätigt der Architekt. Und die befinden sich derzeit noch in einer Findungsphase.

Auch das Treppenhaus ist neu verputzt. (Foto: Marco Einfeldt)

Das gilt auch für die fünf Mitglieder der Erbengemeinschaft Kropp von Hausnummer 44, bei der das Feuer vor allem den Dachstuhl versengt hat. Es sei noch gar nicht klar, ob sich jemand von der älteren Generation an die Herausforderung einer Denkmalsanierung wage oder sich jemand aus der nachfolgenden Linie der Sache annehme, sagte Ludwig Kropp. "Bis Mitte September wollen wir aber eine Entscheidung treffen."

Auch Franz Fuchs, Besitzer von Hausnummer 42, überlegt laut eigenen Aussagen noch, ob er die Sanierung überhaupt stemmen kann. "Eigentlich ist das Haus eine Brandruine, eigentlich müsste alles raus. Doch der Denkmalschutz ist dagegen. Wenn man uns hier nicht entgegen kommt, dann können wir die Sanierung einfach nicht realisieren und müssen neu denken", berichtet Franz Fuchs.

Denkmalschutz bedeute jedoch kein Veränderungsverbot, sagt dazu Dorothee Ott, Pressesprecherin beim Landesamt für Denkmalpflege. Welche Bauteile in welchen Umfang zu erhalten seien, müsse hier im Einzelfall untersucht werden. Ziel der Denkmalpflege sei es, den historischen Baubestand so zu erhalten, dass das Denkmal seinen Zeugniswert behalte. Das bedeute aber nicht, dass in der Immobilie kein zeitgemäßes Wohnen möglich sei.

Derzeit liege dem Denkmalamt noch keine konkrete Planung für die Instandsetzung der beiden betroffene Häuser vor, sagte Dorothee Ott weiter. Außer einem Antrag, moderne Bodenbeläge entfernen zu dürfen. Dem sei zugestimmt worden.

Die Schäden an den Häusern seien jedoch nur teilweise auf den Brand zurückzuführen. Zunächst müssten die Grundlagen erarbeitet werden, die Schäden genau untersucht und ein Instandsetzungskonzept erstellt werden. Abschließend könnten die Bauherren dann die denkmalrechtliche Erlaubnis einholen und auch Zuschüsse beantragen, was bei solchen Projekten grundsätzlich möglich sei.

© SZ vom 22.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: