Eching:Mehr Gift als Lametta

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Mit der allgemeinen Zufriedenheit ist es im Echinger Rathaus schon lange vorbei. (Foto: Johannes Simon)

Die schon im Vorfeld diskutierte Weihnachtsfeier des Gemeinderats offenbart einmal mehr dessen Zerrissenheit. Zum Jahresabschluss kann man sich nicht einmal mehr auf einen gemeinsamen Spendenempfänger einigen.

Von Klaus Bachhuber, Eching

Die Jahresschlusssitzung des Echinger Gemeinderats und die anschließende Weihnachtsfeier waren früher wenig mehr als ein Schaulaufen; wer formuliert wie, wie zufrieden man mit der Zusammenarbeit untereinander, der Leistung der Verwaltung und den Ergebnissen des Jahres war. Und dann gab's ein feines Mahl.

Mit seinem Eklat bei der Weihnachtsfeier 2022, als er die Gemeinderäte beschimpfte und die Versammlung bei der Eröffnung verließ, hat Bürgermeister Sebastian Thaler diese Idylle gründlich gesprengt. Im Advent 2023 wurde die anstehende Feier mit mehr Gift aufgeladen als mit Lametta. Würde sie überhaupt stattfinden, wer würde teilnehmen, wer würde was sagen?

Der Einzige, den das wie üblich nicht anfocht, war Thaler selbst. "Manche haben gesagt, ich soll dieses Jahr nichts sagen", leitete er gewohnt locker seine Begrüßungsrede ein, "und die Küche hat gesagt, ich soll nicht mehr als zehn Minuten reden". Thaler war also da, leger im offenen Hemd, vergaß ein paar Gäste zu begrüßen, plauderte über das Jubiläumsfest in diesem Sommer, das man "richtig gut gemacht" habe, den Wunschbaum der Gemeindeverwaltung im Advent, eine "ganz tolle" Aktion.

Anwesend bei der Feier im Hotel "Olymp" waren die Gemeinderäte von SPD, Grünen, Bürger für Eching und der aus dem Gemeinderat scheidende parteilose Alex Krimmer, teilweise mit Partnern, außerdem die Ehrenbürger Rolf Lösch, Sabine Palitzsch, Sybille Schmidtchen, allesamt mit Parteibuch der SPD, sowie, bemerkenswert, Hans Grassl, über 30 Jahre für die FW im Gemeinderat.

Die Freien Wähler trafen sich privat an anderer Stelle

Nicht anwesend waren die Gemeinderäte von CSU, FW und FDP, Alt-Bürgermeister Josef Riemensberger, die Ehrenbürger Hans Hanrieder und Günter Lammel und die beiden Geistlichen. Die FW-Räte hatten angekündigt, sich privat im "Alten Wirt" zu treffen, wer dort anwesend war, weiß man nicht, Berichterstatter waren nicht erwünscht.

Schon die Abschlussworte der Fraktionen im Sitzungssaal waren zuvor sehr deutlich von Idylle entfernt gewesen. Er verbinde mit dem Jahr 2024 "die Hoffnung, dass wir irgendwann wieder zu normaler Arbeit im Gemeinderat zurückkommen", sagte für die CSU Georg Bartl und spielte damit auf die ausstehenden Prozesse und Verfahren um Bürgermeister Thaler an.

Georg Bartl (CSU) hofft, dass im Gemeinderat irgendwann wieder normal gearbeitet werden kann. (Foto: Marco Einfeldt)
Siglinde Lebich (Grüne) wünscht sich die Rückkehr zu einer freundlicheren, zugewandteren Atmosphäre. (Foto: Marco Einfeldt)

Herbert Hahner von der SPD hatte im vergangenen Jahr das Bild vom "großen grauen Elefanten" geprägt, der die gesamte Ratsarbeit begleite, nämlich eben die unausgeräumten Vorwürfe gegen den Bürgermeister bis hin zum Strafbefehl wegen Untreue. Er habe heuer "im Laufe des Jahres das Gefühl gehabt, dass dieser Elefant schrumpft", sagte Hahner nun, "aber da war ich wohl naiv". Im Vorfeld der Weihnachtsfeier sei er "wieder aufgeblasen worden". Offenbar lebten die Mitglieder des Gemeinderats "in verschiedenen Welten", konstatierte er, sein Wunsch sei es, "die Schnittmenge zwischen diesen Welten wieder größer zu machen".

Für die Grünen, die schon vorab ihr Bekenntnis zur gemeinsamen Weihnachtsfeier dokumentiert hatten, nannte es Siglinde Lebich "eine bedauerliche Situation, dass wir nicht mal mehr miteinander auf ein Bier gehen". Sie würde sich wünschen, "dass wir zu einer freundlicheren, zugewandteren Atmosphäre zurückkehren, frei von Verdächtigungen und Verfolgungen".

Die FW hatten ebenfalls bereits im Vorfeld ihre Verwunderung artikuliert, warum ihr angekündigter Boykott der Weihnachtsfeier als Bruch mit der Gemeinschaft gewertet werde. Nach ihrer Darstellung habe es durchaus Gespräche um eine gemeinsame Lösung gegeben, aus denen andere Fraktionen dann aber wieder ausgeschert seien.

"Eine interessante Zeit mit vielen Verwirrungen"

In der Sitzung sagte ihr Sprecher Christoph Gürtner, er sehe die Zusammenarbeit im Gemeinderat "nicht so kritisch". Alle hätten sich "immer noch ins Gesicht schauen können", der "graue Elefant" sei der Bürgermeister. So beklagte Gürtner auch "die hohe Fluktuation im Gemeinderat und bei den Mitarbeitern im Rathaus, das gibt mir zu denken". Er könne sich bei den Kündigungen und Vakanzen im Rathaus "nicht vorstellen, dass das nur am Arbeitsmarkt liegt". Er wünsche sich jedenfalls "vom Christkind Gerichtsurteile", griff auch er die offenen Verfahren auf.

Der scheidende Alex Krimmer bilanzierte seine drei Jahre im Gremium als "interessante Zeit mit vielen Verwirrungen". Er habe unter den Kollegen "sehr viele nette und schlaue Leute kennengelernt". Dem Gremium hinterließ er den "Wunsch, dass mehr miteinander geredet wird".

Bürgermeister Thaler sagte im Anschluss an die Fraktionsworte, er wünsche sich, "dass wir die positiven Energien, die wir im Gemeinderat haben, nutzen und nicht so sehr von negativer Energie von außen beeinflussen lassen".

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Das Schlusswort des Abends obliegt dann traditionellerweise einem Sprecher der Ehrengäste bei der Weihnachtsfeier. Alt-Bürgermeister Rolf Lösch nannte diese Feier "eine schöne Tradition", bei der man auch "zusammensitzen und nachdenken kann, was man als Gemeinderat für eine Aufgabe hat. Die Gemeinde steht gut da", betonte er. Man könne im Gremium jederzeit streiten, müsse dann aber auch wieder zusammenfinden. "Wenn der Streit bleibt und so verkommt wie jetzt, ist das für die Bürger unerträglich", sagte Lösch. Es seien "alle aufgefordert, für die Gemeinde zu arbeiten".

Und noch eine gesprengte Tradition: Für das Sitzungsgeld der Jahresabschlusssitzung, das die Gemeinderäte obligatorisch spenden, gelang es heuer nicht mal, sich auf einen gemeinsamen Empfänger zu einigen.

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