Eching:Kinder, die im Telefonbuch stehen

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Grober Verstoß gegen den Datenschutz: Die Verwaltung der Gemeinde Eching hat in der neuen Ausgabe des Telefonbuchs auch die Namen und Adressen Minderjähriger veröffentlicht.

Steffen Heinzelmann

Die neue Ausgabe eines Telefonbuchs sorgt in Eching für Aufregung: "Das Grüne Nordost" enthält nicht nur Namen, Adressen und Telefonnummern von Erwachsenen der Gemeinde, sondern auch die von Kindern. Schuld daran ist ein Fehler in der Echinger Rathausverwaltung. Dort wird der Vorwurf eines handfesten Datenskandals zurückgewiesen - wahrscheinlich liegt aber zumindest ein Verstoß gegen Vorschriften vor: Das Meldegesetz erlaubt zwar die Weitergabe von Namen und Anschriften aus dem Melderegister zur Erstellung von Adressbüchern, bei den Daten von Minderjährigen ist dies jedoch verboten.

Die 45.000 Exemplare des Buches sind bereits verteilt, die Verwaltung in Eching kann nur noch die Schuld auf sich nehmen - und versuchen, zu beruhigen: Da die Vornamen bei jeder Familie alphabetisch erscheinen, sei nicht erkennbar, um welches Familienmitglied es sich handele, sagt Elke Hildebrandt, Abteilungsleiterin der Hauptverwaltung. "Wir gehen von einem menschlichen Fehler bei der Auswahl der Daten aus", räumt sie ein. Das Buch erscheint alle zwei Jahre, wie jedesmal habe die Gemeinde die Informationen über ihre Einwohner auf einer CD an den Verlag geschickt, der stellte anschließend die Telefonnummern dazu. "Der Verlag hat uns zugesichert, dass die Daten der Minderjährigen nicht weiterverwendet oder weiterverkauft werden", sagt Hildebrand.

Beim Münchner Industrie- und Handelsverlag, dem Herausgeber des Buchs, hat sich Geschäftsführerin Susanne Paul erst einmal mit ihrem Anwalt beraten. "Die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen kann allein von der Gemeindeverwaltung sicher gestellt werden", erklärt sie dann. "Denn nur dort sind die Geburtsdaten und Sperrvermerke bekannt." Ihr Verlag habe nur die Daten volljähriger Einwohner angefragt.

Mittlerweile sind auch Datenschützer in München auf den Fall aufmerksam geworden. "Wir werden die Gemeinde zur Stellungnahme auffordern", sagt Anton Stammel, der Stellvertreter des Bayerischen Landesbeauftragten für den Datenschutz. Seine Behörde kann die Gemeinde dann zwar rügen, bestrafen aber nicht. Einen Rat hat Stammel jedoch: Jeder Bürger könne der Weitergabe seiner Meldedaten widersprechen. Darüber habe man die Einwohner im März öffentlich informiert, erklärt Hildebrandt: "Wir haben damals keinen einzigen Widerspruch gegen eine Veröffentlichung erhalten", sagt sie.

© SZ vom 17.09.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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